Laut dem ehemaligen Chrischona-Direktor und aktuellen Heimpfarrer gibt es bei der aktuellen Auseinandersetzung um Suizidhilfe vier Übungsfelder für Christen, in denen sie in den kommenden Jahren zulegen sollten. Wir zitieren aus einem Artikel von Markus Müller im Chrischona-Panorama:
Markus Müller
Blick auf die Zukunft
Erstens: Ob all dem Wunsch, unsere Gemeinde und Seelsorgearbeit zu optimieren, haben wir die Zukunft aus dem Blick verloren. Es ist nicht ganz zufällig, dass mehr denn je, gerade im Zusammenhang mit Fragen rund um Leben und Tod, Christen als Menschen von gestern betrachtet werden (als «Gruss aus dem Mittelalter» hat neulich jemand eine christliche Argumentation im Zusammenhang mit Sterbehilfe bezeichnet). Christen aber sind nicht von gestern, sondern von morgen. Wer, wenn nicht sie, wissen aufgrund dessen, was Gott verheisst, Bescheid über das Kommende? Noch bevor sie vieles gut können, sind sie so etwas wie «Zukunftsmaler» und «Zukunftserzähler»: Sie malen die Zukunft vor Augen und erzählen über das, was kommt. Hier besteht Nachholbedarf – in Verkündigung und allgemeinem Bewusstsein.
Gebrochenes Verhältnis zu Schwäche
Zweitens: Auch als Christen scheinen wir nicht selten ein gebrochenes Verhältnis zur Schwäche und Hinfälligkeit zu haben. Auch wir stehen gerne gut und immer besser da. Wir tun uns sichtlich schwer, Bedürftigkeit, Abhängigkeit, Schwäche und Angewiesenheit einzugestehen oder gar als Chance zu erkennen. Das Problem: Wenn der moderne Mensch keine Muster, sprich Vorbilder, darin hat, mündig mit Schwäche und Hinfälligkeit zu leben, wird er alle Mittel heranziehen, sein Schwachsein zu umgehen. Wer, wenn nicht die Christen, könnten ein Beispiel dafür sein, wie mündig – im Sinne etwa von Epheser 4,11-15 – mit Schwachheit, eben auch im Sterben, umgegangen wird.
Der Tod hat keine Macht
Drittens: Worin, so könnten wir fragen, besteht denn letztlich die Speerspitze unserer Verkündigung? Die öffentliche Diskussion der Sterbehilfe legt den Finger auf eine möglicherweise wunde Stelle unter Christen. Die Speerspitze des Evangeliums besteht gerade nicht in der Verbesserung irgendwelcher Gegebenheiten, sondern in der Botschaft, dass dem Tod die Macht entrissen ist, dass die Ketten des Todes gerissen sind und dass der Stachel des Todes gezogen ist (etwa 1. Korinther 15, 53-55). Der Tod ist besiegt, und deshalb hat der Tod nicht mehr das letzte Wort. Hier ist die begeisternde Botschaft, mit der Christen im Zusammenhang mit der Sterbehilfedebatte wahrgenommen werden könnten und sollten.
Das Alter lieben lernen
Viertens: Könnte es sein, dass wir in den kommenden Jahren nicht nur die Sache mit dem Tod nochmals neu sehen lernen sollten, sondern auch das Alter schlechthin? Ich wage die These: Das Gelingen des 21. Jahrhundert wird weniger von den Jungen als vielmehr von den Alten abhängen. Sie nämlich werden – nicht zuletzt rein demographisch – junge Menschen erdrücken oder beflügeln. Mir scheint, als müssten wir das Alter neu gewinnen und lieben lernen, um so alle Diskussion rund um die Sterbehilfe hilfreich einordnen zu können. Wer, wenn nicht die Christen, sollten und könnten hier Vorreiter sein – nicht nur um einzelner Menschen willen, sondern um des Lebens willen?
Zur Person
Dr. Markus Müller ist Heimpfarrer der Heimstätte Rämismühle bei Winterthur. Von 2001 bis 2012 war er Direktor der Pilgermission St. Chrischona, die heute Chrischona International heisst. Mit den gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft hat er sich in zwei Büchern beschäftigt: «Trends 2016. Die Zukunft lieben» und «Trends 2021. Es wird anders werden». Sie sind im Fontis Verlag (ehemals BrunnenVerlag Basel)erschienen.
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