Diskussion im SRF zeigt Gräben innerhalb der christlichen Kirchen
Eine kompakte Vorschau auf die zu erwartende Debatte innerhalb der christlichen Gemeinschaften gab die Sendung «Streitfrage: Ehe für alle» von Schweizer Fernsehen SRF vom 3. März.
Das Fernsehen tat gut daran, nachträglich doch noch eine Gegnerin des
Gesetzes einzuladen, findet kath.ch-Redaktionsleiterin Sylvia Stam in
ihrer Fernsehkritik.
Ein Gesetz, das den Ehebegriff für gleichgeschlechtliche Paare öffnen will,
ist derzeit in der Vernehmlassung. Christliche Gemeinschaften stehen
dem Anliegen unterschiedlich gegenüber. Aus diesem Grund widmete
Schweizer Fernsehen SRF dem Thema am Sonntagvormittag eine
«Streitfrage», moderiert von Norbert Bischofberger.
«Kirche ist Gott
verpflichtet, nicht dem Zeitgeist»
Diskussionsrunde in der Sternstunde
Schon die Besetzung der Diskussionsrunde hatte im Vorfeld zu Diskussionen geführt. Auf Nachfrage der Stiftung «Zukunft CH»
wurde nachträglich mit Regula Lehmann eine Frau mit freikirchlichem Hintergrund und einzige Gegnerin der Gesetzesvorlage
eingeladen. Mit ihrer stets sachlich vorgetragenen Haltung, wonach der
Ehebegriff einzig der Verbindung zwischen Mann und Frau vorbehalten
bleiben soll, sorgte sie in der Sendung für den nötigen Kontrapunkt,
damit es überhaupt zu einem Streitgespräch kommen konnte.
Ihre Haltung begründete sie mit der biblischen Schöpfungsgeschichte
im Buch Genesis, wonach Gott den Menschen als Mann und Frau geschaffen
habe. Unterstützt wurde sie durch das eingeblendete Statement von Peter
von Sury. Der Abt des Benediktinerklosters Mariastein bezeichnete die
Ehe für alle als «Modeerscheinung», welche von einer Minderheit der
Mehrheit aufgedrückt werde. Lehmann bekräftigte, die Kirche sei Gott
verpflichtet, nicht dem Zeitgeist.
Gebot der Nächstenliebe über allem?!
Dass man sowohl von reformierter wie von katholischer Seite her auch
anders argumentieren kann, zeigten die reformierte Pfarrerin Sibylle
Forrer und Manfred Belok, Professor für Pastoraltheologie an der
Theologischen Hochschule Chur. Belok hielt Lehmann und von Sury
entgegen, dass die konkrete Begegnung mit Menschen es verbiete, von
Zeitgeist zu reden. Auch das Zweite Vatikanische Konzil habe
festgehalten, die Freude, Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen müsse
ernst genommen werden. «Wenn wir diese Fragen der Menschen nicht
zulassen, können wir nicht Anwalt der Menschen sein. Das hat nichts mit
Zeitgeist zu tun», so Belok.
Forrer, die im Verlauf der Sendung mehrmals Spontanapplaus aus dem
Publikum erntete, argumentierte vor allem mit dem christlichen Gebot der
Nächstenliebe: «Die Ehe für alle muss ein christliches Anliegen sein,
wenn man das Evangelium ernst nimmt», so Forrer. Die Worte Jesu – Liebt
einander, wie ich euch geliebt habe – zeugten von vorbehaltsloser Liebe.
Der Heiratswunsch gleichgeschlechtlicher Paare zeuge schliesslich von
verantwortungsvoller Liebe, die man nicht qualifizieren dürfe, so
Forrer.
Gute Vorschau auf bevorstehende Debatte
Dieser deutlich sichtbare Graben zwischen Befürwortern und
Gegnerinnen der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wurde aufgeweicht,
als gegen Ende der Sendung die Frage nach Samenspende und
Leihmutterschaft ins Spiel kam. Insbesondere bei der Leihmutterschaft
zeigten sich unter den meisten Teilnehmenden auch Zweifel und Skepsis.
Selbst die Vertreterin der Regenbogenfamilien, Eva Kaderli, bezeichnete
sich in dieser Frage als «suchend», während Forrer die Gefahr der
Ausbeutung von Frauen ins Spiel brachte.
«Die Irritation wird noch anhalten», lautete denn auch das
Schlusswort von Manfred Belok zur Frage nach der Positionierung der
Kirchen. Die Sendung gab dank der kontrovers besetzten Runde eine
kompakte Vorschau auf die innerhalb der christlichen Gemeinschaften zu
erwartende Debatte.
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