Arzt verweigerte Abtreibung – nun droht ihm eine Bewährungsstrafe
Ein Argentinier wurde verurteilt aufgrund der «Nichterfüllung
seinen Pflichten als Beamter»: Der Frauenarzt Leandro Rodríguez Lastra hatte
sich geweigert, eine Abtreibung durchzuführen, da das Leben der Mutter in
Gefahr stand und die Schwangerschaft seiner Meinung nach schon so fortgeschritten war, dass ein
Abbruch nicht mehr straffrei war. Jetzt droht ihm eine Bewährungsstrafe und
Berufsverbot.
Leandro Rodríguez Lastra
Ein strittiger Fall
beschäftigt derzeit Argentinien: Leandro Rodríguez Lastra war Chef der
gynäkologischen Abteilung des Krankenhauses Pedro Moguillansky der
Stadt Cipolletti in Río Negro, als am 2. April 2017 eine 19-Jährige mit Fieber und Magenschmerzen in die Klinik eingeliefert wurde. Als Dr.
Rodríguez Lastra sie untersuchte, erklärte sie, dass sie nach einer
Vergewaltigung schwanger sei und ein Medikament eingenommen habe, um eine
Abtreibung einzuleiten.
Der Arzt stellte fest,
dass das Mädchen nach der Ultraschalluntersuchung in der 22. Schwangerschaftswoche war – ein
Schwangerschaftsabbruch hätte seiner Meinung nach das Leben der Mutter in
Gefahr gebracht und so verschrieb er ihr Medikamente, um die Patientin und ihre
Schwangerschaft zu stabilisieren. Abtreibungen sind in Argentinien nur in Fällen von Vergewaltung oder lebensbedrohlichen Situationen straffrei. Die junge Frau blieb mehrere Monate im Krankenhaus interniert. In der 35. Schwangerschaftswoche wurde die
Geburt eingeleitet und anschliessend das Baby zur Adoption frei gegeben – heute
ist das Kind fast zwei Jahre alt.
«Doppelt gelitten»
Leandro Rodríguez Lastra
Als die junge Frau, die
scheinbar über die Monate hinweg den Wunsch zur Abtreibung geäussert hatte und
ihrer Meinung nach nie ernst genommen wurde, vor die Presse ging, wurde
der Fall bekannt. Laut ihren Psychologen habe sie doppelt gelitten, zum einen
wegen der Vergewaltigung, zum anderen aufgrund der unerwünschten
Schwangerschaft, die sie gegen ihren Willen zu Ende führen musste. Kurz darauf
zeigte die Abgeordnete Marta Milessi den Arzt an, da er ihrer Meinung nach
seinen beruflichen Pflichten nicht nachgekommen sei. Die betroffene Patientin dagegen verblieb im Prozess anonym.
Ideologie vs. Medizin
Dr. Rodríguez Lastra
selbst verteidigt seine Entscheidung nach wie vor. «Ich würde auch heute und
immer gleich entscheiden, denn es geht hier nicht um eine ideologische, sondern
um eine medizinische Frage», erklärte Leandro Rodríguez Lastra gegenüber dem
Radiosender LU5. Zu dem Zeitpunkt der Behandlung habe man gar nicht mehr von Abtreibung sprechen können, sondern vielmehr vom Töten eines Babies. Auch seine Kollegen, die Frauenärzte und Geburtshelfer des
Krankenhauses, unterstützten ihn in seiner Entscheidung.
Von Unschuld überzeugt
Am vergangenen Dienstag
wurde nun das Urteil in diesem strittigen Fall von Richter Álvaro Meynet
verlesen, wonach der Frauenarzt schuldig gesprochen wurde. Die Strafe wird in
diesen Tagen festgelegt, aber es kann bis zu zwei Jahren Haft auf Bewährung
bedeuten sowie ein Berufsverbot. «Ich bin enttäuscht über die Entscheidung»,
erklärte Rodríguez Lastra hinterher. «Der Fall endet hier noch nicht. Ich werde
weiter für die Wahrheit kämpfen. Es ist ein negatives Urteil. Ich bin
weiterhin von meiner Unschuld überzeugt!»
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