Wenn Sie Ihr Portemonnaie verlieren, wie gross ist dann die Chance, dass Sie es zurückbekommen? Eine gross angelegte Ehrlichkeits-Studie in 40 Ländern bringt Überraschendes zutage.
Ehrliches Verhalten ist
ein Grundpfeiler des
sozialen und wirtschaftlichen Lebens. Ohne Ehrlichkeit werden Versprechen
gebrochen, Verträge gelten nicht, Steuern werden nicht bezahlt und Regierungen
werden korrupt. Das ist teuer für Einzelne, Organisationen und ganze
Gesellschaften. Zum Beispiel verlieren die USA hunderte von Milliarden Dollar
jedes Jahr durch Steuerhinterziehung, und der Schaden durch Korruption und illegale
Finanzgeschäfte wird weltweit auf jährlich 1,3 Billionen Dollar geschätzt, etwa
das Bruttosozialprodukt von Australien.
Gross angelegte Studie
Wie ehrlich sind
Menschen? Forscher aus den USA und Europa haben in einer gross angelegten Studie
in 355 Städten in 40 Ländern der Erde «verlorene» Portemonnaies abgegeben und
festgehalten, wie viele von ihnen zurückgegeben wurden. Insgesamt waren es gut
17'000 Geldbörsen mit Visitenkarten, einige mit Schlüsseln und Geldbeträgen
verschiedener Höhe. Helfer der Forscher erklärten, sie gefunden zu haben und
gaben sie am Empfang von unterschiedlichen Institutionen ab – so an Hotelrezeptionen,
Banken, Kinokassen, Poststellen, Polizeiwachen oder Ämtern. Dann beobachteten
die Forscher, wie oft die Brieftaschen ihren Weg zurück zum vermeintlichen
Besitzer fanden.
Schweizer in der Spitzengruppe
Insgesamt fanden mehr
als 8'000 der 17'000 ausgelegten Portemonnaies den Weg zurück. Das überraschende
Ergebnis: Wenn Geld in der Brieftasche war, wurde sie eher zurückgegeben. Von den Portemonnaies,
die kein Geld enthielten, kamen 40 Prozent zum Besitzer zurück. Waren etwa
zwölf Euro im Geldbeutel, lag der Wert bei 51 Prozent. Bei weiteren Tests in
Polen, den USA und Grossbritannien stieg die Quote bei etwa 80 Euro im
Portemonnaie sogar auf 71 Prozent.
Grundsätzlich fanden
die Forscher dieses Muster in nahezu allen 40 Ländern. Die Rückgabequote war
dennoch sehr unterschiedlich: Bei Geldbörsen ohne Geld waren die Schweizer am
ehrlichsten, bei grösseren Geldbeträgen Dänen, Schweden und Neuseeländer.
Deutschland lag bei Börsen ohne Geld an neunter Stelle - von 200 Brieftaschen
wurden 110 zurückgegeben (55 Prozent). Bei Börsen mit Geld (10,50 Euro)
erreichten die Deutschen die elfte Position, es wurden 130 der 200 Geldbörsen
ausgehändigt (65 Prozent). Ehrlichkeits-Schlusslichter sind Peru, Marokko und
China.
Offenbar fühlen sich Menschen
eher als Diebe, wenn sie grössere Geldbeträge behalten. Mit diesem Selbstbild
könnten viele schlecht leben. «Die psychologischen Kosten sind gewichtiger als
der materielle Gewinn», folgert Mitautor Alain Cohnon von der University of
Michigan. «Menschen wollen sich als ehrliche Personen sehen, nicht als Diebe»,
ergänzt sein Mitarbeiter Maréchal.
«Menschen wollen ehrlich sein»
Bereits frühere Studien
haben gezeigt, «dass Menschen ehrlich sein wollen», so Mitautor Christian Lukas
Zünd von der Universität Zürich. «Unsere Studie zeigt nun, dass dies ein
globales Phänomen ist, in armen und reichen Ländern, bei Männern und Frauen,
bei Jung und Alt.» Behörden und Firmen sollten das ernst nehmen: «Man kann
Menschen besser motivieren, ehrliche Antworten zu geben, wenn man sie bei ihrer
Ehre packt», so Zünd. Der häufige Zusatz «Ich versichere, alle Fragen
wahrheitsgemäss beantwortet zu haben» sollte z.B. besser am Anfang als am Ende eines
Formulars stehen, dann gebe es mehr wahre Antworten.
Auch Studenten würden weniger
mogeln, wenn sie vor der Prüfung einen Ehrenkodex unterzeichnen müssten, so die
Forscher. Schliesslich sollten auch Steuerbehörden prüfen, wie sie mit solchen
einfachen Mitteln mehr Betrügereien verhindern können.
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