Kommentar

Der Niedergang der Menschenrechte

Barack Obama, dem Millionen einen generösen Einsatz für eine menschlichere Welt zutrauten, versagte: Auf seiner Asienreise im November schwieg er zu den Menschenrechten. Den Internetsperren Chinas hielt er bloss entgegen, er unterstütze das Nicht-Zensieren. Der Südostasienspezialist Joshua Kurlantzick sieht darin einen Bruch mit 30 Jahren US-Aussenpolitik. Im ersten Jahr, ihrem Honeymoon, liege die Administration Obama im Einsatz für die Menschenrechte deutlich hinter G.W. Bush und Clinton zurück.

Aber mit den USA haben - so Kurlantzick - die meisten Demokratien den hartnäckigen Kampf für die Menschenrechte aufgegeben. Und signalisieren damit, dass sie sie abwerten (Ausnahme: Kanada). Die Europäer haben den Vorsitz der prestigereichen OSZE für 2010 dem schamlos repressiven Regime von Kasachstan überlassen. Japan und Australien halten Kritik gegenüber China und Indonesien zurück.

Bernard Kouchner: «Doktor der Diktatoren»

Nicolas Sarkozys Wahlversprechen, mit den schwarzen Despoten zu brechen, ist vergessen. Sein Aussenminister Bernard Kouchner, ein Idol der Menschenrechtsbewegung, wurde auf France Inter als «Doktor der afrikanischen Diktatoren» vorgeführt. Für Kurlantzick ordnet sich auch die schützende Hand Südafrikas über Simbabwes Hunger-Diktator Mugabe ins bedrückende Gesamtbild ein (man vergleiche den polygamen Lebemann Zuma mit dem Staatsmann Nelson Mandela).

Thailand war sich nicht zu gut, Hmong-Flüchtlinge nach Laos zurückzuschaffen, wo ihnen Folter und Tod drohen. Im UN-Menschenrechtsrat verhindern islamische und andere undemokratisch regierte Länder Entschliessungen gegen Folterstaaten, während Israel wiederholt scharf verurteilt wurde.

Washington nach Bush kleinmütig

«Das Zeitalter des weltumspannenden Eintretens für Menschenrechte ist zusammengebrochen und hat einer Ära des Realismus Platz gemacht, wie es sie seit den Zeiten Kissingers und Nixons nicht mehr gab», konstatiert Kurlantzick in seinem Beitrag fürs Nachrichtenmagazin Newsweek. Bush junior habe den Irak-Krieg mit moralisierenden Belehrungen über Demokratie und Freiheit verbunden; dies versuche die Administration Obama nun mit Zurückhaltung zu kompensieren. «Doch eine solche Strategie, anfänglich geschätzt von Ländern, die Bushs überdrüssig waren, kann zu weit gehen.»

Menschenrechtspolitik - ein Luxus im Rezessionssumpf?

Zudem droht der Kampf für Menschenrechte zu einem Luxus zu werden in einer Zeit, da der elend verschuldete Westen finanzkräftige Staaten und Rohstofflieferanten als Partner braucht, um sich aus dem Rezessionssumpf zu ziehen. Die USA verlieren an Einfluss; die Europäer wollen ihren Euro retten. Kurlantzick ist pessimistisch: «Die sich ändernde globale Machtverteilung kann nun dazu führen, dass Menschenrechte nie mehr die internationale Aufmerksamkeit erhalten, die sie in den 1990er Jahren und kurz danach hatten.»

In einer auf interkulturelle Harmonie drängenden Wohlfühlgesellschaft drohen Menschenrechtsorganisationen vermehrt als Exoten und Störenfriede wahrgenommen zu werden. Die alarmierende Schwäche des Westens zeigt sich auch darin, dass man die Relativierung oder Leugnung der universalen Geltung der Menschenrechte hinnimmt. Die UN-Charta von 1948 beruhte auf dem christlichen Menschenbild.

Chinas «Menschenrechte»

Jahrzehnte nachdem die Länder des Südens in die Unabhängigkeit entlassen wurden, tickt die Welt anders. China kolonisiert den Scharzen Kontinent mit Landkäufen, Infrastruktur- und Rohstofflieferverträgen. Längst haben die roten Mandarine in Peking und der Verbund der islamischen Länder ihre eigenen «Menschenrechte» formuliert, gemäss ihrer Tradition und den aktuellen Wünschen der Mächtigen.

So geht der Kampf für Freiheit und Menschenwürde, der Kampf gegen Folter und Grausamkeit verloren - Millionen Menschen werden weiterhin Gewalt, Milliarden Unterdrückung leiden. So wird es auch immer schwieriger, Glaubens- und Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit einzufordern, dort wo Christen in der Minderheit sind...

Links zum Thema:
Newsweek: The Downfall of Human Rights
Kurlantzicks Analysen zum Niedergang der Menschenrechte
Der unerträgliche Wandel des Idols Bernard Kouchner (France Inter)
UN: Folter als Routine
Datum: 23.03.2010
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Im Iran
Viele Christen versammeln sich jeden Abend im Iran, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern und das Abendmahl zu nehmen. Im Vergleich zu einmal pro Monat...
Isaak und Abimelech
Evan Thomas hat über 40 Jahre der Versöhnung zwischen lokalen Nachfolgern Jesu im israelisch-palästinensischen Konflikt gewidmet. Er stellt das...
Neuausrichtung
Vreni Müllhaupt ist in einer Bauernfamilie gross geworden. Dass sie einmal Strassenkinder der peruanischen Hauptstadt Lima aufsuchen würde, hatte sie...
In Mikronesien
Ein Missionsflugdienst leistet humanitäre Hilfe im Inselgebiet Mikronesien. Er nimmt aber auch Passagiere an Bord und breitet das Evangelium aus.

Anzeige