Neue Hoffnung für arme Länder

Wie die Bibel und Kreativität Veränderung schaffen

Die Bibel ist alles andere als ein harmloses Buch. Wenn sie verstanden wird, hat sie die Kraft, Menschen zu transformieren und Gesellschaften zum Guten hin zu verändern. Ein Beispiel aus Afrika zeigt, wie Menschen mitten in zum Teil desolaten Situationen lernen, neu zu denken – mit radikalen Folgen.

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Spielende Afrikaner
«Afrika ist jung. Die Hälfte der 1,2 Milliarden Einwohner sind unter 17 Jahre alt; anders als in Deutschland, wo der Altersdurchschnitt bei über 46 liegt. Millionen junge Afrikaner erarbeiten sich jedes Jahr einen guten Schulabschluss und studieren an neuen Universitäten. Sie träumen von einem besseren Leben, haben jedoch wenig Chancen auf eine Arbeitsstelle. Aufgrund von Misswirtschaft, Unruhen, Korruption, Krieg und Armut können begabte, gebildete, junge Afrikaner ihr Potential kaum ausleben.» So beschreibt ein Bericht der Deutschen Missionsgemeinschaft (DMG) die Situation Millionen junger Afrikaner. Als Antwort darauf erklärt die junge DMG-Mitarbeiterin Mareike Weber, wie neues Denken junge Menschen aus dem jahrtausendealten Kreislauf kollektiver Gesellschaften befreien und neue Horizonte öffnen kann. In Folge ihr Bericht:

Ausserhalb der Box denken

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Mareike Weber
«Was hast du da?» Verwirrt zeigt meine Mitbewohnerin Tsion auf den neuen Mülleimer in meiner Hand. Der billige Plastikkübel fasziniert sie. Richtige Abfalleimer sind so teuer hier, dass Tsion gar keinen besitzt. Ich dagegen bin einfach in die Stadt gefahren, habe mir einen billigen Wassereimer gekauft und diesen umfunktioniert. Tsion staunt. Sie erklärt mir, dass solche Eimer in ganz Äthiopien nur zum Wassertransport benutzt werden. Niemand käme je auf die Idee, sie anderweitig zu verwenden. Dann meint sie feierlich: «Deshalb bist du in Afrika, wir brauchen deine Kreativität!»

Eine Szene, die mir zum Symbol geworden ist. Denn meine Mitbewohnerin Tsion ist gebildet, als Anwältin hat sie einen höheren Abschluss als ich. Mit Kreativität meinte sie nicht, den Eimer hübsch zu verzieren. Vielmehr ging es ihr ums «Thinking outside the box» (ausserhalb der Box denken), um Innovation und Offenheit für Neues. Die Förderung dieser Art Kreativität wird in weiten Teilen Afrikas unterschätzt, oft sogar unterdrückt.

Die Kreativität des Schöpfers

«Kreative christliche Jugendarbeit ist so wichtig. Wir sitzen als Nation auf unserem eigenen Kopf und nutzen unser Potential nicht», sagte mir der äthiopische Leiter unseres christlichen Schulungszentrums in Addis Abeba. In vielen Ländern Afrikas gebe es kaum Veränderung, weil Innovation fehle. Jede Generation folge der nächsten, ohne zu hinterfragen und ohne selbst nach kreativen Wegen aus Armut und Missständen zu suchen. Die Jugend benötige dringend Hoffnung, Mut und Perspektiven – damit sie den Weg aus ihrer Situation nicht nur in der gefährlichen Flucht nach Europa suchen.

In unseren Schulungskursen gehen wir von der Kreativität des Schöpfers aus und ermutigen Jung und Alt, die eigene Kreativität zu entdecken, einen Unterschied für ihre Nachbarschaft, ihre Gemeinde, ihr Dorf und ihre Nation zu machen. Das Zentrum ist von engagierten Äthiopiern (und eben nicht von Europäern) gegründet worden, das begeistert mich besonders. Die beste Chance zur Veränderung der afrikanischen Gesellschaft liegt in ihrem eigenen Wunsch nach Veränderung. Diesen Wunsch wecken wir.

Noch nie etwas gebastelt

Bei meiner ersten «Kreativ-Werkstatt» stiess ich auf fragende Gesichter. Kein Teilnehmer hatte je zuvor gebastelt. Etwas befangen zeigte ich einem Pastor, wie man die Schere benutzt. Minuten später hielt er seine erste selbstgestaltete Papierkette in der Hand. Wie er strahlte. Ein kleiner Schritt mit Wirkung: Erfolg, Stolz, Mut. Ein Gedanke wird zur Idee, eine Idee zum Plan, ein Plan Realität. Kreativitätsförderung ist die Ermutigung zum Verändern von Bestehendem.

Als Erzieherin und freischaffende Künstlerin passe ich gut in unser Team. Wir bieten Weiterbildung für Sozialarbeiter, Pastoren und Lehrer an. Das Training in Kinder- und Jugendarbeit beinhaltet seit kurzem den neuen Fokus «Kreativitätsförderung». Das grosse, bunte Gebäude und riesige Freigelände lädt Kinder, Jugendliche und Erwachsene ein, sich kreativ zu betätigen: bei Sport, Geländespiel, Bastel-, Werkarbeiten, Kunst und Musik.

Ein neues Gottesbild frommer Afrikaner

Der innovative Ansatz hat auch Auswirkungen auf die Identität und das Gottesbild junger Afrikaner. Viele Christen hier wollen einfach dem Allmächtigen bis ans Lebensende gehorchen, Punkt. Selten wird von einer persönlichen Gottesbeziehung gesprochen, geschweige denn von Mündigkeit im Glauben, Freiheit in Christus, Freude und Erfüllung. Wir weiten den Blick der Studierenden auf den kreativen Gott: auf den Vater als erfinderischen Schöpfer, auf Jesus als Anfänger des neuen Bundes, auf den Heiligen Geist als Begleiter und Inspiration im Alltag.

In unserem Zentrum erhält die Identität in Christus mehr Farbe. Teilnehmer der Kurse erkennen, dass Gott uns Menschen als fantasievolle, einfallsreiche Wesen geschaffen hat, als solche wertschätzt und fördert. Bei uns im Unterricht fliesst so manche Freudenträne, Entscheidungen für Christus werden neu besiegelt und Pläne für die Zukunft geschmiedet…

Zum Thema:
Einsatz gegen extreme Armut: Laien-Sportler aus aller Welt liefen in Uganda für arme Kinder
Den Zehnten übers Handy geben: Die App, die den Glauben in Westafrika verändert
G.O.D. in Südafrika: Offene Herzen in Township und Dörfern

Datum: 23.06.2016
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Deutsche Missions-Gemeinschaft

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