«Gnade» in Algerien

«Nur» 20 statt 36 Monate Haft für Blasphemie

Teilweise Begnadigung für Slimane Bouhafs in Algerien: Weil er den Islam und Mohammed in sozialen Medien beleidigt haben soll, wurde er im Juli 2016 festgenommen und zu drei Jahren Haft verurteilt. Durch einen «Gnadenerweis» des Präsidenten werden nun 16 Monate erlassen, Bouhafs käme dadurch in neun Monaten frei.

Zoom
Slimane Bouhafs
In sozialen Medien soll Slimane Bouhafs, der vor zwanzig Jahren vom Islam zum Christentum übertrat, geschrieben haben, dass das Licht Jesu die «Lüge» des Islam und seines Propheten überwinden werde. Sollte dies tatsächlich so geschrieben worden sein, wäre es sicherlich nicht die weiseste Formulierung und auch nicht gerade die, mit der man seine Mitmenschen gewinnt (denn diese könnten durchaus interessiert sein) – gleichzeitig werden in Algerien ungleich verletzendere Worte laufend über die christliche Minderheit ausgeschüttet, ohne geringste juristische Folge. Eine solche jedoch wiederfuhr Bouhafs, er wurde am 31. Juli 2016 festgenommen, da die Behörden seine Worte als Beleidigung des Islam bewerteten, der in Algerien Staatsreligion ist.

Am 6. September wurde Slimane Bouhafs zu drei Jahren Haft verurteilt. Durch einen «Gnadenerweis» des algerischen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika anlässlich des 55. algerischen Unabhängigkeitstages wurde das Urteil um 16 Monate verkürzt und Bouhafs könnte in nun neun Monaten freigelassen werden – womit aus 36 Monaten «nur» noch deren 20 geworden sind.

«Eskalation gegen Nichtmuslime»

Laut Bouhafs Familie habe seine gute Führung zur Strafminderung beigetragen. Gemeinsam mit internationalen Menschrechtsorganisationen stellten sich seine Angehörigen gegen das Urteil und die algerische Liga für Menschenrechte (LADDH) sprach von einem «willkürlichen» Schuldspruch, der «Teil einer Eskalation» gegen Algeriens Nichtmuslime sei.

Seine Tochter Thilleli berichtet, Bouhafs Gesundheit habe sich verschlechtert, da er an einem entzündlichen Rheumatismus leide, die eine Spezialdiät erfordere – die im Gefängnis nicht gegeben sei. Zudem leide er wegen seines christlichen Glaubens unter den Aggressionen anderer Häftlinge. Seine Familie stellte deshalb einen Antrag auf Haftverschonung aus gesundheitlichen Gründen.

Menschenrechtler fordern eine Änderung im Strafgesetz betreffend Beleidigungen Mohammeds und des Islam.

Luft nach oben

Algerien liegt auf dem diesjährigen Weltverfolgungsindex von «Open Doors» auf Rang 36, eine Position schlechter als im Vorjahr (37). Auf dem Pressefreiheitsindex der «Reporter ohne Grenzen» liegt Algerien auf der 134 von 180 Positionen – in den letzten Jahren verschlechterte sich die Punktzahl in diesem Ranking und die Nation rutschte um nicht weniger als 15 Plätze ab; ebenso auf dem Korruptionsindex von «Transparency International», gegenüber dem Vorjahr verschlechtert sich Algerien auch hier.

Zumindest wirtschaftlich ging es in den letzten Jahren voran, 2016 war ein Wachstum gegenüber dem Vorjahr um 4,2 Prozent zu verzeichnen. Und auf dem «Human Development Index» konnte Algerien sich ebenfalls zusehends verbessern, die durchschnittliche Lebenserwartung im 40-Millionen-Staat liegt bei mittlerweile rund 75 Jahren. Nicht zuletzt aus diesen letztgenannten Gründen machte der arabische Frühling einen diskreten Bogen um das flächenmässig grösste Land Afrikas.

Zum Thema:
Aufbruch in Nordafrika: Algerien: «Die Muslime haben Durst nach dem Evangelium»
Algerien: Man kann die Kirchentore schliessen, aber nicht die Türen der Herzen...
Wussten Sie, dass … Algerien das zehntgrösste Land der Welt ist?

Datum: 02.08.2017
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Open Doors

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Im Iran
Viele Christen versammeln sich jeden Abend im Iran, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern und das Abendmahl zu nehmen. Im Vergleich zu einmal pro Monat...
Isaak und Abimelech
Evan Thomas hat über 40 Jahre der Versöhnung zwischen lokalen Nachfolgern Jesu im israelisch-palästinensischen Konflikt gewidmet. Er stellt das...
Neuausrichtung
Vreni Müllhaupt ist in einer Bauernfamilie gross geworden. Dass sie einmal Strassenkinder der peruanischen Hauptstadt Lima aufsuchen würde, hatte sie...
In Mikronesien
Ein Missionsflugdienst leistet humanitäre Hilfe im Inselgebiet Mikronesien. Er nimmt aber auch Passagiere an Bord und breitet das Evangelium aus.

Anzeige