Nach der Präsidentenwahl

Nigeria zwischen Halbmond, Kreuz und Fetisch

Nigeria hat auch als neuen Präsidenten sein bisheriges Staatsoberhaupt, den Muslim Muhammadu Buhari. Was bedeutet das für die Christen im Land?

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Muhammadu Buhari, Präsident von Nigeria
Nachdem die auf 16. Februar 2019 angesetzten Wahlen im letzten Moment um eine Woche verschoben wurden, liessen jetzt auch die Ergebnisse Tag um Tag auf sich warten. Mittwoch früh war es aber soweit: Der 76-jährige Ex-General, seit 2015 Staatspräsident im mit 190 Millionen volksstärksten, erdölreichen, doch zugleich bitter armen Land Afrikas wurde mit 56 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Sein Herausforderer Atiku Abubakar, ebenfalls aus dem islamischen nigerianischen Norden, unterlag ihm klar. Beide hatten den Kampf gegen die ausufernde Korruption und eine Überwindung der bewaffneten, zum Teil bürgerkriegsähnlichen Konflikte in der Bevölkerung versprochen. Die erste Präsidentschaft Buharis war in beiden Richtungen ziemlich enttäuschend verlaufen.

Christen setzten auf Abubakar

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Atiku Abubakar
Auch diese Wahl wurde von gewalttätigen Zwischenfällen mit an die 60 Toten überschattet. Nigerias über 90 Millionen Christen hatten ihre Hoffnungen für ein Ende von Terror und Not auf Atiku Abubakar gesetzt. Gerade das letzte Jahr der ersten Amtszeit von Buhari war für sie besonders negativ ausgefallen. Zwar wollte der frühere Militär den Sieg über die Muslimterroristen von Boko Haram für sich in Anspruch nehmen. Diese Bewegung mit dem programmatischen Namen «Europäische Bildung (boko) ist verboten (haram) hatte seit Jahren den Nordosten des Landes in Angst und Schrecken versetzt. Eine ihrer Untaten war die Entführung von Schülerinnen, die unter Zwang mit Boko-Haram-Kämpfern verheiratet wurden. Das betraf aber – wie ihr sonstiger Terror auch – unterschiedslos Christinnen wie Muslimas.

Auf Platz 12 des Weltverfolgungsindexes

Extrem verschlechtert hat sich 2018 das Los der Christen; Nigeria rückte auf Platz 12 in dem Weltverfolgungsindex vor. In dem Dutzend nördlicher Bundesstaaten, wo das islamische Religionsgesetz Scharia anstelle des sonstigen zivilen Common Law gültig ist, sind Christen schon lang nur mehr Bürger zweiter Klasse.

Das heutige Hauptfeld der Auseinandersetzung des Halbmonds mit dem Kreuz liegt in Mittelnigeria. Die Auseinandersetzung wird auch dadurch verschärft, dass es sich um einen sozialen Konflikt handelt: Die Muslime sind in der Regel Viehzüchter, während die Christen das Land bebauen. Also der alte biblische Gegensatz von Kain und Abel.

Präsident Buhari tatenlos

Im letzten Jahr wurden zunehmend christliche Dörfer von den Nomadenhirten überfallen und niedergebrannt. Wer nicht flüchten konnte, kam unters Messer. Zum Abschluss verwüsteten die Angreifer Felder und Gärten.

Ethnisch handelt es sich bei diesen aggressiven Muslimen um Angehörige des Fulbe-Volkes. Dieses spielte und spielt mit seiner Ausdehnung den Niger-Strom abwärts in der afrikanischen Sahelzone bei der Ausbreitung des Islams eine ähnliche Rolle wie einst die Araber und dann die Türken. Präsident Buhari hat gegen diese 2018 intensivierte Expansion nichts unternommen.

Christlicher Süden im Visier der Islamisten

Damit mehren sich jetzt für seine zweite Amtszeit Befürchtungen, dass der islamische Vormarsch auch den bisher christlich geprägten Süden erreichen wird. In diesem stellen Evangelische und Evangelikale sogar drei Viertel der gesamten, sonst hauptsächlich noch katholischen Christenheit. Pfingstkirchen spielen eine immer zentralere Rolle. Nicht mit ihnen zu verwechseln sind jene «Geist-Christen», bei denen sich alte animistische Kulte in äusserlich christliches Gewand mit einer Vermischung von Kreuz und Fetisch gekleidet haben. Dem alten «Heidentum» gehören nur mehr um die vier Prozent der nigerianischen Bevölkerung an. Gerade an sie wenden sich aber gezielt die ersten islamischen Sendboten nach Südnigeria. Der Halbmond will auch dieses Gebiet für sich gewinnen.

Zum Thema:
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Datum: 27.02.2019
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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