US-Entscheid zu «Homo-Ehe»

Evangelikale und Katholiken fürchten um ihre Religionsfreiheit

In den USA fürchten Katholiken und theologisch konservative Protestanten um die Freiheit ihrer Religionsausübung, nachdem das Oberste Gericht die «Homo-Ehe» im ganzen Land zugelassen hat.

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Christen ärgern sich über den Entscheid des Obersten Gerichts für die Homo-Ehe und protestieren mit einem Schild, das Jesaja 59, 8 zitiert, und die Schlagworte «Schande» und «Verrat» trägt.
Damit sind Gesetze einzelner Bundesstaaten, die die Ehe allein auf die Gemeinschaft von Mann und Frau beschränken, wirkungslos. In 36 von 50 Bundesstaaten war die «Homo-Ehe» bereits zugelassen. Das Oberste Gericht fällte sein Urteil am 26. Juni mit fünf gegen vier Richterstimmen. Den Ausschlag gab der Katholik Anthony Kennedy, wie das Nachrichtenmagazin «idea» berichtet. Kennedy hatte in der Urteilsbegründung festgehalten, dass Bürger, die aus religiösen Gründen die «Homo-Ehe» ablehnen, ihre Ansichten verkünden und lehren dürfen. Das bedeute aber nicht, dass sie sie auch ausleben dürften, betonte der Verfassungsrichter John Roberts, der die Minderheitsposition vertrat. So könnten religiöse Ausbildungsstätten ihre Steuerbefreiung verlieren. Sie dürften möglicherweise ihre Studentenwohnungen nicht mehr nur an heterosexuelle Ehepaare vermieten. Roberts fürchtet, dass jene US-Amerikaner, die am traditionellen Eheverständnis festhalten, jetzt ausgegrenzt werden. Dabei handle es sich beispielsweise um die rund 50 Millionen Bürger, die in den Bundesstaaten für die alleinige Ehe von Mann und Frau gestimmt haben.

Evangelische Allianz: Wir kapitulieren nicht

Wie «idea» weiter berichtet, hat die Nationale Vereinigung der Evangelikalen (NAE) – die Evangelische Allianz in den USA – alle Christen aufgerufen, angesichts des Urteils des Obersten Gerichts nicht zu kapitulieren. «Wir Evangelikalen schauen in die Bibel und nicht auf die Gerichte, wenn wir Orientierung im Leben suchen», erklärte der Präsident der Dachorganisation, Leith Anderson. Die NAE repräsentiert mehr als 45'000 Gemeinden. Ihre Mitglieder sollten in ihren Bemühungen nicht nachlassen, dem traditionellen Eheverständnis wieder Geltung zu verschaffen. Man respektiere das Urteil, erwarte aber auch Respekt für die eigene Glaubenshaltung.

Südliche Baptisten: Die USA brauchen eine Erweckung

Der Präsident des theologisch konservativ geführten Bundes der Südlichen Baptisten, Ronnie Floyd (Springdale/Bundesstaat Arkansas), sagte, es gehe jetzt in erster Linie darum, die Religionsfreiheit zu wahren. Evangelikale dürften nicht wegen ihrer Haltung diskriminiert werden. Ausserdem unterstreiche das Urteil der Bundesverfassungsrichter, wie sehr die Vereinigten Staaten eine geistliche Erweckung brauchten. Die rund 16 Millionen Südlichen Baptisten bilden die grösste protestantische Kirche in den USA.

Katholische Kirche: Tragischer Fehler

Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz in den USA, Erzbischof Joseph Kurtz, sieht das Urteil des Obersten Gerichts als einen «tragischen Fehler» an, der das Gemeinwohl gefährde. Es werde ebenso wenig Bestand haben wie das Urteil, das 1973 die unbefristete Abtreibung in den Vereinigten Staaten legalisierte. Es sei unmoralisch und ungerecht, wenn der Staat behaupte, dass zwei Menschen desselben Geschlechts eine Ehe schliessen könnten. Dies sei allein Mann und Frau vorbehalten. Ähnlich wie die Repräsentanten der Evangelikalen ist Kurtz besorgt, dass das Urteil dazu benutzt werden könnte, die Kirche zu zwingen, gegen ihre Überzeugungen zu handeln.

Warnungen aus Kanada

Aus dem Nachbarland Kanada, wo die Ehe unter Gleichgeschlechtlichen seit 2005 legalisiert ist, kommen warnende Stimmen, die nicht nur die Religions-, sondern auch die Rede- und Meinungsfreiheit in Gefahr sehen. So beschreibt die kanadische Autorin Dawn Stefanowicz, die von schwulen Eltern erzogen wurde, wie die Redefreiheit in ihrem Land massiv beeinträchtigt worden sei. Kritische Worte gegen Homosexualität und die Ehe unter Gleichgeschlechtlichen würden schnell als homophob gebrandmarkt und könnten den Verlust des Arbeitsplatzes oder eine strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen. Es brauche nur eine Person, die sich durch solche Worte verletzt fühle, und das könne zu einem langwierigen und kostspieligen Gerichtsverfahren führen. Dabei bekomme der Ankläger ein Gratis-Verfahren, während der Angeklagte alle Kosten tragen müsse. Auch für Eltern und Lehrer, die für die «natürliche» Art der Elternschaft von Mann und Frau eintreten, könne das negative Folgen haben, bis hin zum Berufsverlust bei Lehrern.

Die Gender-neutrale Sprache wurde in Kanada staatlich verordnet. «Newspeak verkündet, dass es diskriminierend ist, einen Menschen als männlich, weiblich oder heterosexuell zu bezeichnen» sagt Stefanowicz und fasst zusammen: «Die Amerikaner müssen sich auf die gleiche Überwachungsgesellschaft vorbereiten (….) Das bedeutet: Egal was du glaubst, hat die Regierung das Recht, deine Rede, dein Schreiben und deine Verbindungen zu kontrollieren und die Tatsache, ob und wie du deine Überzeugung ausdrückst. Amerikaner müssen verstehen, dass der Feldzug einiger Vertreter der LGBT (Lesben- und Schwulenbewegung) auf eine zentralisierte Staatsgewalt hinausläuft – und damit auf das Ende der verfassungsmässigen Rechte und Freiheiten.»

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Datum: 30.06.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea / Aleteia

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