Indonesien

«Christlicher Hund, wir wollen dich töten!»

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C.M. blickte auf den Molukken dem Tod tief in die Augen. Doch er entkam. Und er liebt seine Heimat dennoch und setzt sich unermüdlich für seine Landsleute ein. Am Referententag des Hilfswerks HMK (Hilfe für Mensch und Kirche) schilderte er seine faszinierende Geschichte.

Der indonesische Pastor C.M. stammt aus der ethnischen Gruppe der Betawi, die vorwiegend nahe Jakarta siedelt. «Sie ist zu fast hundert Prozent muslimisch. Meine Grossmutter wurde Christin und mein Vater hat sieben Kinder, zwei sind katholisch, zwei reformiert und drei muslimisch.» Spannungen gebe es aber innerhalb der Familie nicht. «Wie die Betawi generell, ist auch meine Familie nicht so strikt, sie isst zum Beispiel Schweinefleisch. Die Gefahr kommt von denen, die strenge koranische Regeln wollen. Das ist in etwa zehn von 33 indonesischen Provinzen der Fall.»

Strengere Regeln

Die Situation für Christen im bevölkerungsreichsten islamischen Land der Welt – je nach Schätzung sind es 8 bis 12% der insgesamt 240 Millionen Einwohner – habe sich verschärft; in Indonesien leben mehr Muslime als in Ägypten, Iran und Saudi-Arabien zusammen. Pastor C.M.: «In den letzten Jahren wurde es schwieriger, neue Kirchen zu bauen. Hunderte von Regulierungen müssen mittlerweile erfüllt werden.» Insgesamt hat sich die Tonart verschärft, und im Parlament nahm die Zahl an Christen ab. «Wir sind klar untervertreten. Waren im früheren Kabinett noch zehn Christen, sind es heute noch drei.» Zusehends sehe man sich marginalisiert. «Viele Christen haben das Potential, in Politik und Ökonomie zu führen, aber sie erhalten die Möglichkeit nicht.» Auf einer der vier Hauptinseln, auf Java, werden sogar Kirchen geschlossen. Auf dieser Insel, wo sich auch die Hauptstadt Jakarta befindet, leben 130 Millionen Menschen, mehr als die Hälfte Indonesiens.

Gefängnis wegen Bibel

Im Nordwesten Indonesiens, in Aceh, ist die Scharia (islamische Rechtsordung) seit einigen Jahren installiert. In einem Landesteil, der grösser ist als die Schweiz und über vier Millionen Einwohner zählt. Religiöse Minderheiten werden dort massiv unterdrückt, islamische Sittenwächter sind allgegenwärtig. Pastor C.M. bedauert, dass Berichte von Übergriffen auf die Kirchen von den Medien verschwiegen werden. Die Frauen seien inzwischen genötigt, Kopftuch zu tragen.

Die Spitze des Eisberges ist das Schicksal der jungen Christin Ribur. Sie ging in Aceh über die Strasse, in einer Tasche trug sie Bibeln. Sie geriet damit in Verdacht zu missionieren und wurde daher angegriffen und verprügelt. Die Polizei steckte sie darauf 60 Tage ins Gefängnis, nicht aber die Leute, die sie angegriffen und geschlagen hatten. Es gab nicht einmal einen Gerichtsprozess. Auch die Regierung behandelte den Fall nicht. Erst nach internationalem Protest, auch aus der Schweiz, kam sie wieder frei.

«Ribur ist kein Einzelfall, es geschieht in ganz Indonesien.»

Grünes Licht für Jihad

Verschiedentlich beobachtete C.M., wie Jihad-Kämpfer beispielsweise zu 15 Jahren Haft verurteilt wurden, nach zwei Jahren aber wieder entlassen wurden. «Immer wieder gab es Amnestien, manchmal bereits nach drei Monaten. Unsere Regierung ist voller Vergebung», bilanziert C.M. und führt ironisch hinzu: «Gleich wie Jesus.» Diese Praxis zeige, dass die Extremisten ihre Aktivitäten hemmungslos vorantreiben könnten. «Regierungsoffizielle besuchen sie im Gefängnis. Das ist nicht fair.»

Knapp am Tod vorbei

Vor Jahresfrist blickte C.M. auf den Molukken ins Auge des Todes. «Am 11. September 2011 wurde wie immer an die Anschläge in den USA gedacht, allerdings wird 9/11 in grossen Kundgebungen als Sieg des Islam gefeiert.»

Er reiste gerade von einem Gottesdienst auf der Hauptstrasse zurück. «Vor einer Moschee wurde unser Wagen – vier Freunde und ich sassen darin – plötzlich von einer fanatischen Menge umringt.» Er dachte, dies sei sein letzter Tag auf Erden. «Christliche Hunde, kommt heraus, wir töten euch!», schrie der Mob. C.M. betete, er wollte seine Arbeit fortsetzen und nicht sterben. «Bei den Aufständen wenige Jahre zuvor hätte keiner von uns überlebt. Ich kurbelte die Scheibe hinunter. Vier junge, starke Männer standen da und sahen eine Bibel im Wagen. Sie sagten leise: «Fahrt weiter, ganz langsam.» Sie drehten sich um und schrien: «Allah-hu akbar» (Gott ist grösser). «Und wir stimmten ein, für uns aber hatte das Wort eine andere Bedeutung.»

An diesem Tag starben 16 Christen, 120 wurden verwundet. «Wenn Gott uns nicht geschützt hätte, wären es 21 Tote geworden.» In den meisten Fällen kam die Polizei zu spät. «Sie versucht zwar, die Christen zu beschützen, aber das Gebiet ist riesig.»

Pastor C.M. leitet eine christliche Gemeinde im Osten Indonesiens sowie eine Bibelschule. Während der grossen Unruhen von 1999 bis 2004 auf den Molukken, bei denen etwa 10'000 Christen ums Leben kamen, war er der Manager der HMK-Hilfeleistungen vor Ort. Heute ist er unter anderem verantwortlich für den Bau von Primar- und Sekundarschulen, die durch die HMK finanziert werden.

Webseite:
HMK

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Zum Thema:
Christenverfolgung führt die HMK im November rund 40 Vorträge in der gesamten Deutschschweiz durch

Datum: 08.11.2012
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch

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