Vater aller irakischen Christen

Schwere Aufgabe für den neuen Patriarchen

Im Irak hat mit Patriarch Raphael I. Sako die chaldäische Kirche ihr neues geistliches Oberhaupt erhalten. Der Theologe und promovierte Islamwissenschafter wird viel Mut brauchen.

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Patriarch Raphael I. Sako
Bei den Chaldäern handelt es sich um die nach wie vor grösste christliche Gemeinschaft am Euphrat und Tigris. Sie war vor Beginn der Irakkriege zwischen 1980 und 2003 an die zwei Millionen Gläubige stark. Heute ist sie auf wenige Hunderttausend zusammengeschrumpft. 

Zur Wahl eine Autobombe

Das ist aber noch viel im Vergleich zu den anderen evangelischen, katholischen und orthodoxen Christen. Sie wurden durch Attentate und regelrechte Austreibung auf bis zu 10 Prozent ihrer früheren Stärke reduziert. Und der Terror im Irak geht weiter: In Kirkuk, wo der neue Patriarch bisher Erzbichof war, wurde seine Wahl mit einer Autobombe «begrüsst», der am Sonntag 30 Tote und 70 Verletzte zum Opfer fielen.

Der standhafte Raphael I. ist jetzt die beste Wahl unter den widrigen und christenfeindlichen Verhältnissen. Sein Gegenkandidat Schlemo Warduni vertrat die unterwürfigen Loyalisten. Sie hatten sich schon Saddam Hussein angebiedert und versuchen jetzt dasselbe mit dem neuen Regime von Bagdad. 

Zwischen den Mühlsteinen

Im Irak herrschen heute statt des wenigstens in religiösen Dingen toleranten Diktators Saddam Hussein fanatische Schiiten, die sich mit den Sunniten blutig herumschlagen. Zwischen diese beiden Mühlsteine sind die seit Aposteltagen einheimischen Christen geraten. Sie sind aus dem Süd- und Mittelirak fast ganz verschwunden. Auch in Mossul und Kirkuk leben sie gefährlich.

Einzige Zuflucht bildet noch das autonome Kurdistan. Schon einmal hatten die Christen in seinen Bergen Jahrhunderte lang überlebt. Patriarchensitz war eine Art Alp im unzugänglichen Hochgebirge Kotschanes. Doch führten auch diese «Bergpatriarchen» den Titel «von Babylon», wie jetzt wieder Raphael I. 

Botschafter der irakischen Christen

Er wurde 1948 als Louis Sako in Mossul geboren. Neben seinen theologischen Qualifikationen ist er promovierter Islamwissenschaftler. Unter Saddam Hussein leitete er das Priesterseminar in Bagdad, eine schwierige Aufgabe zwischen christlicher Sendung und der Staatsraison. Zum Erzbischof von Kirkuk wurde er beim irakischen Umbruch vor zehn Jahren ernannt. Seitdem ist Louis Sako nicht müde geworden, das fortan besonders schwere Los der irakischen Christen zu erleichtern und weltweit bekannt zu machen. Ohne ihn als Partner wäre die interchristliche Solidarität mit der fast 2000-jährigen Kirche im Irak kaum möglich geworden.

Die Chaldäer stehen in Gemeinschaft mit dem römischen Papst, haben aber in dieser Krisenzeit auch volle Interkommunion mit den orthodoxen aramäischen Christen aufgenommen. In den besonders schweren letzten zehn Jahren hat es Raphael Sakos Vorgänger, Patriarch Emmanuel Delly verstanden, sie zu einer Art Mutterkirche für alle bedrängten Christen im Irak zu machen.

Zum Thema:
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Volker Kauder: Mehr für bedrängte Christen beten

Datum: 04.02.2013
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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