Bald christenfreier Irak?

Iraks Christen sind wieder auf der Flucht

Christen sind bevorzugte Opfer im Schlagabtausch zwischen Sunniten und Schiiten. In der Absicht, sie zu vertreiben, sind sich die Kontrahenten einig.

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Irakische Christen während eines Gottesdienstes
Im Irak ufert der neue Schlagabtausch zwischen Sunniten und Schiiten in einen Bürgerkrieg aus. Auch am Sonntag waren wieder zehn Tote und viele Verletzte zu beklagen.

Einmal mehr sind es irakische Christen, die zwischen den verfeindeten islamischen Konfessionen mit unter die Räder geraten. Sie suchen wieder vermehrt ihr Heil in der Flucht. Da ihnen der syrische Bürgerkrieg den früheren Weg in die Emigration verwehrt, bleibt ihnen nur der Exodus in die Türkei offen. Wie schon in den ersten Jahren nach der westlichen Militärintervention gegen den Diktator Saddam Hussein bis zur relativen Beruhigung der Lage ab 2008. Die türkischen Behörden haben daher Ende November zwei neue Grenzübergänge geöffnet.

Im Blick auf die Christen gilt der Irak schon länger als ziemlich ausgeblutet. Seine nur noch 1,1 Prozent aramäischen, arabischen und armenischen Orthodoxen sowie einige evangelische und katholische Gemeinden machen nur mehr ein Zehntel der christlichen Bevölkerung aus, wie es sie noch vor einem Vierteljahrhundert im Irak gab. Immerhin lebten in dem einst urchristlichen Land am Euphrat und Tigris bis zuletzt noch mehr Christen als die 0,14 Prozent in der Türkei oder gar nur 0,7 Prozent in Gaza und dem Westjordanland!

Jetzt droht der Irak aber auf die letzte Stelle zurückzufallen, was die Stärke seiner christlichen Bürger angeht. Es geht um keine länger geplante Auswanderung, sondern spontane Flucht aus unmittelbarer Lebensgefahr. Die Christen auf Wanderschaft retten nur das, was sie am Leib tragen, bestenfalls noch etwas Familienschmuck, Dokumente und kleine Erinnerungsstücke, die ihnen besonders lieb sind.

Was helfen gegen solche Realitäten die unermüdlichen Aufrufe des chaldäischen Patriarchen Louis Sako von Babylon, der die Christen im Namen aller Kirchen zum Ausharren auffordert, damit sich das Ziel aller Politmuslime des Landes von einem «christenreinen» Irak nicht erfüllt. Dieses Ziel ist so ziemlich das Einzige, worin sich Schiiten und Sunniten einig sind.

Doch die Angst ist einfach stärker als die Ermahnungen des Patriarchen. In Bagdads einstigem Christenviertel Dura, in welchem vor Zehn Jahren noch eine Viertelmillion Christen lebte, sind zu Beginn dieses Dezembers nur mehr knapp 2'000 zu finden. Sieben Kirchen sind noch geöffnet, doch harren nur zwei Pfarrer aus. Sie müssen an Sonntagen bis zu elf Gottesdienste für ihre dezimierten, doch umso eifrigeren Gläubigen halten. Insgesamt wurden im Irak in den letzten Jahren 61 Kirchen zerstört und in ihnen über 1'000 Christinnen und Christen samt vielen Kindern getötet.

Zum Thema:
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Religionsfreiheit im Krebsgang

Datum: 02.12.2013
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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