Der dritte Weg

Israelisch-arabischer Diplomat: «Brücke statt Isolation»

George Deek ist Araber, Christ und Diplomat in Norwegen – für Israel. Deek ist überzeugt, dass die arabischen Israeli eine Brücke zwischen Israel und der arabischen Welt sein können.

Zoom
George Deek
George Deek (30) ist ein christlicher Araber, der in Israel lebt. Er stammt von Palästinensern ab, seine Familie floh 1948 während des arabisch-israelischen Krieges in den Libanon. «Ihnen wurde gesagt, sie sollen ihre Häuser verlassen, es würde nur wenige Tage gehen, bis die fünf arabischen Armeen das neu gegründete Israel zerstört haben würden.» Doch den arabischen Armeen gelang es nicht, die Juden zu vertreiben. Glücklicherweise hatte Georges Grossvater jüdische Freunde und sprach zudem etwas Yiddish.

Im Libanon sah der Grossvater keine Zukunft für die Familie. Weil er mit Juden zusammengearbeitet hatte, akzeptierte er die hasserfüllte anti-jüdische Gehirnwäsche nicht. Dank guten Kontakten kehrte die Familie nach Israel zurück, und der Grossvater fand eine Anstellung in einer Elektronikfirma.

«Zwei schlechte Entscheidungen»

«Der Grund, warum wir Erfolg haben und dass ich ein israelischer Diplomat statt ein palästinensischer Flüchtling im Libanon bin, ist, dass mein Grossvater die Courage hatte, eine Entscheidung zu fällen, der für andere undenkbar war», hält Deek fest. Und er wünscht sich, dass diese Haltung modellhaft für die gesamte arabische Minderheit in Israel sein sollte.

«Unglücklicherweise sind Araber in Israel heute gezwungen, eine von zwei schlechten Optionen zu wählen. Die eine ist, wie ihre jüdischen Kollegen zu sprechen, wie sie zu gehen und sich wie sie zu verhalten. Das wirkt etwas komisch und ist zum Scheitern verurteilt, weil sie nicht Juden sind und nie sein werden.» Die andere Option, die viele israelische Araber wählen, ist sich von den Juden zu separieren. «Diese Sichtweise wird von arabischen Politikern und religiösen Führern propagiert.»

Wie die Juden in Europa

«Sie sagen, wir seien nicht Israeli sondern Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft, was eine Abgrenzung kreiert», erklärt Deek. «Sie sprechen von kultureller Autonomie und von Separation, was zu Extremismus und zu Feindseligkeit gegenüber den Juden führt. Ein loyaler israelischer Araber muss sich demnach als anti-Israeli definieren.» Beide Optionen, so Deek, seien für die israelisch-arabische Gemeinschaft schlecht. Und er schlägt einen dritten Weg vor.

«Wir können stolz auf unsere Identität sein und gleichzeitig als Minderheit in diesem Land leben, das eine andere Nationalität, eine andere Religion und eine andere Kultur als die unsere hat, und etwas zum Wohl der Gesellschaft beitragen. Es gibt dazu kein besseres Beispiel als die Juden in Europa, die ihre Religion und Identität während Jahrhunderten behalten haben und die dennoch einen grossen Einfluss auf die Gesellschaft hatten und das moderne, europäische Denken mit entwickelt haben. Auch sie leiden an der Dissonanz zwischen ihrer Identität und der Gesellschaft, die sie umgibt.»

«Gemeinsam zum Guten beitragen»

Der junge Diplomat nennt unter anderem Albert Einstein, Karl Marx und Sigmund Freud als Juden, welche das europäische Denken und die Kultur beeinflusst haben. Und er weist darauf hin, dass arabische Israeli das Gleiche für ihr Land tun könnten. «Wir müssen zum Gemeinwohl beitragen und Teil des israelischen Mainstreams sein in der Politik, Wirtschaft, Kultur, Technologie, Musik – in allem.»

Vorbilder sind vorhanden; Deek erwähnt die arabischen Justizbeamten Salim Joubran und George Kara, die einen jüdischen Präsidenten ins Gefängnis brachten, Jacob Hanna, Rechercheur am Weizmann Institut oder die Autoren Sayed Kashua und Anton Shammas, die er als gleichbedeutend für das Hebräische einstuft, wie Franz Kafka für die deutsche Sprache.

Chancen und Anschuldigungen

Deek glaubt zudem, dass die arabische Minderheit Israels eine Brücke zwischen dem jüdischen Staat und dem Rest der arabischen Welt sein könne - durch wirtschaftliche Beziehungen, Kultur und Literatur. Der jüdische Staat sei gleichzeitig herausgefordert zu akzeptieren, dass die Minderheit ihre Wurzeln bewahren und gleichzeitig an den Entscheidungsprozessen teilhaben will.

Deek ist israelischer Diplomat in Norwegen. Er streicht heraus, dass die Juden in ihrer Geschichte wegen ihrer Religion und aus rassistischen Gründen hart gelitten haben. «Der jüdische Staat wird der schlimmsten Vergehen beschuldigt: Apartheid, Genozid, ethnische Säuberung, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.» Diese Spirale werde erst dann gestoppt, wenn die arabischen Nationen Israels Existenzrecht anerkennen. «Der Schlüssel zum Wechsel ist, dass wir als Araber die Legitimität von anderen akzeptieren.» An diesem Tage würden alle anderen Verfolgungen aus dem Nahen Osten verschwinden, so George Deek.

Zum Thema:
Ehemaliger «Fatah»-Scharfschütze: Einst investierte er in Kindersoldaten - heute in Kindergärten 

Er steht für Versöhnung ein: Ein PLO-Scharfschütze wird Gottes Visitenkarte 
Verändert durch Jesus: Gott verwandelte meinen Hass in Liebe

Datum: 10.08.2015
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Gospel Herald

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Im Iran
Viele Christen versammeln sich jeden Abend im Iran, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern und das Abendmahl zu nehmen. Im Vergleich zu einmal pro Monat...
Isaak und Abimelech
Evan Thomas hat über 40 Jahre der Versöhnung zwischen lokalen Nachfolgern Jesu im israelisch-palästinensischen Konflikt gewidmet. Er stellt das...
Neuausrichtung
Vreni Müllhaupt ist in einer Bauernfamilie gross geworden. Dass sie einmal Strassenkinder der peruanischen Hauptstadt Lima aufsuchen würde, hatte sie...
In Mikronesien
Ein Missionsflugdienst leistet humanitäre Hilfe im Inselgebiet Mikronesien. Er nimmt aber auch Passagiere an Bord und breitet das Evangelium aus.

Anzeige