EU-Verfassung: Ohne Gottesbezug Scheitern programmiert?

Zur deutlichen Ablehnung des EU-Verfassungsvertrags in den Niederlanden hat auch der Ärger von Christen über die fehlende Erwähnung Gottes beigetragen.

So erteilten die Bewohner des niederländischen Hafenstädtchens Urk dem Werk eine besonders deutliche Abfuhr: Nur 8,4 Prozent der Wähler in dem 16’000 Einwohner zählenden Ort nördlich von Amsterdam stimmten am Mittwoch mit Ja – die niedrigste Zustimmung landesweit.

Dass der Name Gottes überhaupt nicht erwähnt werde, sei „inakzeptabel und sehr beunruhigend“, erklärte Pastor Van Duijvenbode am Donnerstag. Es gebe überhaupt keinen Verweis auf das »jüdisch-christliche Erbe Europas«, sagte Duijvenbode, Chef der Protestantenpartei ChristenUnie.

Grundrechte „gottgegeben“

Nach dem doppelten Nein in Frankreich und den Niederlanden haben auch deutsche Politiker und Kirchenvertreter die Aufnahme eines Gottesbezugs gefordert. Zu den Mängeln dieses Grundsatzdokuments gehöre, dass ein Bezug auf Gott und die christlich geprägten Werte Europas fehlen, erklärte der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU in Nordrhein-Westfalen, Volkmar Klein. Es sei wichtig zu unterstreichen, daß die Grundrechte den Menschen nicht nur von einem Staat gewährt würden, sondern im wahrsten Sine des Wortes „gottgegeben“ seien.

Klein: Aufnahme der Türkei liegt nicht drin

Gleichwohl sieht Klein den EU-Verfassungstext, der von 61,6 Prozent der niederländischen und 55 Prozent der französischen Wähler abgelehnt wurde, als Fortschritt gegenüber den trägeren Strukturen des jetzt gültigen Vertrags von Nizza an.

Das Unbehagen vieler Menschen - nicht nur in Frankreich und den Niederlanden, sondern auch in Deutschland - beziehe sich weniger auf die Verfassung als auf die als immer einschnürender empfundene europäische Bürokratie und eine „zügellose“ EU-Erweiterung. Klein: „Wer jetzt noch die Türkei als Vollmitglied aufnehmen will der will offenbar bewusst die europäische Idee untergraben und zerstören.“

Verfassungsvertrag neu verhandeln

Der Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Bundestags und der Bundesregierung, Wolfgang Baake, forderte die EU-Kommission auf, den Verfassungsvertrag in den strittigen Punkten neu zu verhandeln und einen Gottesbezug aufzunehmen.

Gottesglaube an der Wiege Europas

Dieselbe Forderung hat auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick erhoben. Die EU dürfe keine reine Wirtschafts- und Finanzunion sein, sondern müsse eine Quelle der Versöhnung, der Einheit und des Wohlergehens für alle Völker und Nationen auf der ganzen Welt werden:

"Damit Europa das sein kann, muss es seinen religiösen Wurzeln treu bleiben. Der jüdisch-christliche Gottesglaube stand an der Wiege aller europäischen Staaten und hat sie geprägt. Er muss erhalten und gefördert werden". Die EU brauche eine Verfassung, die der Geschichte seiner Staaten gerecht werde und so der Zukunft dienen könne. Dazu gehöre der Bezug zu Gott.

Religion der politischen Elite hat versagt

In ihrem Kommentar unterstreicht die Römer Zeitung "La Repubblica", dass nun niemand mehr Frankreich als „die grosse Ausnahme von der allgemeinen (...) Treue zu Europa“ hinstellen könne. Das Nein der Holländer „erinnert uns daran, dass ausgerechnet hier alles vor drei Jahren angefangen hatte, als die öffentliche Hinrichtung von Pim Fortuyn ein deutliches Anzeichen für den Verlust der ‚Unschuld’ des gesamten Kontinents war.“

Nun müsse sich die politische Elite Europas mit dem Versagen der „letzten Ideologie beschäftigen, die den Tod der politischen Religionen des 20. Jahrhunderts überlebt hatte: Und zwar mit jenem Europäismus, der keine Politik und Leidenschaft kennt; er hat sich wie ein Baukasten von inneren und äusseren Regeln errichtet, in der Überzeugung, dass er nur wachsen und gedeihen könnte, bis er schliesslich vollendet und verwirklicht ist."

Anti-Amerikanismus aus Unsicherheit

In den USA befürchten Kommentatoren, dass durch die Schwäche der westeuropäischen Politiker jene Kräfte Auftrieb erhalten, welche die Souveränität des einzelnen Staates betonen und Grenzen hochziehen.

Dies sei nicht im Interesse der USA, schreibt Jim Hoagland in der Washington Post: „Ein politisch stabiles Europa, stark genug, um mit den USA auf einer beständigen Grundlage zu kooperieren, ist einem unsicheren, erschütterten Europa, das ständig seine Identität und Unabhängigkeit im Gegensatz zu den USA bestimmen zu müssen meint, vorzuziehen.“

Quelle: Livenet / Diverse

Datum: 04.06.2005
Autor: Peter Schmid

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