«Belebter als je zuvor»

Corona kann Europas Evangelische Allianz nicht bremsen

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Thomas Bucher, Generalsekretär der EEA (Bild: europeanea.org)
Durch Corona wurde die Sichtbarkeit und Wirksamkeit der Europäischen Evangelischen Allianz (EEA) deutlich erhöht, beobachtet EEA-Generalsekretär Thomas Bucher im Interview mit Livenet. «Und mir wird berichtet, dass es nebst Einschränkungen auch viele offene Türen für das Evangelium gegeben hat und gibt.»

Thomas Bucher, welche Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten in der EEA haben Sie besonders gefreut?
Thomas Bucher:
Trotz Corona gab es jede Menge Möglichkeiten, Treffen und Projekte zu realisieren, aber sie mussten – und müssen immer noch – anders gemacht werden. Wir wurden in das digitale Zeitalter gezwungen wie nie zuvor. Ist das gut oder schlecht? In einem Lied heisst es: Der Gott der Berge ist immer noch Gott im Tal. Das gilt auch für die digitale Welt. Ich habe viel mehr Gespräche mit Evangelischen Allianzen führen können. Wo sich vorher Gruppen bestenfalls jährlich getroffen haben, hat sich diese Kadenz erhöht. Der «Tanzboden» der EEA hat sich mehr belebt als je zuvor. Mit dem Effekt, dass sehr viel gute Praxis untereinander ausgetauscht und die Sichtbarkeit und Wirksamkeit der EEA erhöht wurde. Und mir wird berichtet, dass es nebst Einschränkungen auch viele offene Türen für das Evangelium gegeben hat und gibt.

Vor zehn Jahren verfasste die EEA die «Charter of Consience», diese wurde nun als «aktueller denn je» beschrieben – was steckt dahinter?
Die Zeit des von oben verordneten Christentums ist glücklicherweise vorbei. Heute stehen wir mehr vor dem Problem, dass Toleranz so interpretiert wird, dass man das Recht hat, gewisse Meinungen gar nicht erst zu hören. Mit der «Charter of Consciene» sprechen wir die Probleme an, die sich aus der Herausforderung ergeben, «mit unseren tiefsten Unterschieden zu leben», wenn diese Unterschiede Kernüberzeugungen, Weltanschauungen und Lebensweisen betreffen. Unser Ziel ist es, eine Vision von Rechten, Pflichten und Respekt zu ermöglichen, die sowohl Grundlage einer zivilen und kosmopolitischen «globalen Öffentlichkeit» sind als auch die Gewohnheiten des Herzens für diejenigen, die «Weltbürger» sowie Patrioten in ihren eigenen Ländern sein wollen.

Aktuell bringen wir das bei der EU ins Gespräch. Sie hat vorgeschlagen, mit ihrer Gleichstellungsstrategie Hassrede in die Liste der EU-Verbrechen aufzunehmen (Art. 83 TFEU). Religions- und Weltanschauungsfreiheit sowie Meinungsfreiheit sind wichtige Säulen einer jeden Demokratie. Da es für Hassreden keine klare Definition gibt, könnte diese Freiheit der Meinungsäusserung ernsthaft beeinträchtigt werden. Das Problem wird so nicht gelöst.

Wie entwickelte sich zuletzt die «Refugee Campaign» aufgrund all der Beschränkungen?
Nach wie vor gibt es digitale Treffen von den jeweiligen Verantwortlichen von Nationalen EAs. Zurzeit geht es stark darum, Behörden zu sensibilisieren, wenn sie beurteilen wollen, ob Konvertiten zum Christentum echt sind. Da sind haarsträubende Dinge geschehen. Aber wir konnten unsere Grundlagen in einigen Ländern platzieren und die werden jetzt auch angewendet. Ausserdem ist die Abschiebungspraxis ein Thema und auch die Vorbereitung auf die Rückschaffung von abgewiesenen Asylsuchenden, die zum christlichen Glauben gekommen sind.

In diesem Monat folgt die digitale Konferenz «Builders Wanted – Talent for the Kingdom of God», wer kann teilnehmen und was soll ausgelöst werden?
Einerseits sagt Jesus uns, dass wir um Arbeiter für die Ernte bitten sollen. Das wollen wir damit tun. Andererseits möchten wir mit diesem Anlass Brücken schlagen zwischen ganz verschiedenen Gruppen in der christlichen Kirche. Gruppen, die sich befruchten und ergänzen könnten und oft so alleine für sich werkeln. Wobei das Brücken schlagen oft anstrengend ist, denken wir zum Beispiel an die Brücke zu ethnischen Minoritäten, Behinderten, Generationen, Künstlern, ja selbst zwischen Frauen und Männern, um nur einige zu nennen. Da sichtbare Einheit in der Vielfalt zu schaffen, ist eine Kernaufgabe der Evangelischen Allianz, aber auch ein Kernauftrag für die Kirche allgemein.

Gegenwärtig finden sich 31 nationale Evangelische Allianzen auf der EEA-Webseite. Wann folgt Land 32 … und wer wird es sein?
Da gibt es verschiedene «Kandidaten». Einige davon funktionieren eigentlich schon wie Nationale EAs. Möglicherweise wird Nordmazedonien die nächste sein.

Der Balkan ist bereits gut vertreten, welchen Unterschied konnten Allianzen da untereinander sowie in ihren Ländern machen?
In einer Region, die seit Jahrhunderten grosse Spannungen zwischen den vielen Völkern erlebt, ist die Evangelische Allianz ein riesiges Zeugnis. Seit 2014 treffen sich auf meine Initiative hin die Verantwortlichen der Nationalen EAs des Balkans jährlich. In diesen Begegnungen sind ganz dramatische persönliche Geschichten aufeinandergetroffen. Was da im kleinen Rahmen abgelaufen ist, macht Hoffnung, dass Frieden und Versöhnung auch im Grösseren möglich wird. Da sind wir dran.

Zum Thema:
Evangelische Hoffnungsträger: Christen in Griechenland lassen sich nicht einschüchtern
Neues Konzept: Kirchgemeinde plant «spirituellen Ort»
Keine Spur von «Hassrede»: Europäische Evangelische Allianz stellt sich hinter Päivi Räsänen

Datum: 01.06.2021
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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