Christliche Musiktage

Walter Moser: «Musik überwindet Gräben»

Über 1'000 Musiker, 80 Konzerte und 8 Bühnen: Am 6. und 7. Juni 2015 finden die christlichen Musiktage in St.Gallen statt. Initiator Walter Moser berichtet im Interview über die Hintergründe, aber auch davon, welche Rolle Musik für seinen persönlichen Glauben spielt.

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Walter Moser hat die Christlichen Musiktage St. Gallen initiiert.
Herr Moser, über 1'000 Musiker, 80 Konzerte auf acht Bühnen – gab es in der Schweiz schon einmal ein christliches Musikfestival in dieser Grössenordnung?
Nein, eine Veranstaltung in dieser Grösse, mit dieser Breite an Musikrichtungen, hat es wohl noch nicht gegeben.

Wie ist die Idee entstanden? Ihr Verband macht ja eigentlich Blasmusik.
Ja, geschichtlich ist der CMVS aus dem Verband der christlichen Posaunenchöre gewachsen. Momentan haben wir gut 1'000 Mitglieder. Die Anzahl dieser Chöre nimmt aber eher ab. Wir haben beschlossen, dass wir uns öffnen wollen. Darum veranstalten wir nun diesen grossen Anlass in St. Gallen. Wir möchten alles, was unter «christlicher Musik» läuft, unter einen Hut bringen.

Ist in St. Gallen praktisch jede Musikrichtung vertreten?
Ganz genau! Aber wichtig ist uns, dass die Musiker einen Hintergrund in der christlichen Musikszene haben. Wir haben das im Projektbeschrieb den Künstlern klar mitgeteilt. Der gemeinsame Gedanke, dass wir Musik zum Lobe Gottes machen, soll für die Musiktage prägend sein.

Wie passen Hip-Hop und Blasmusik zusammen? Das mag für manche gewöhnungsbedürftig sein.
Das mag schon sein. Wir haben natürlich versucht, die unterschiedlichen Formationen auf verschiedenen Bühnen zu platzieren. Sie spielen ja nicht alle miteinander. Es laufen gleichzeitig parallel mehrere Konzerte, der Besucher muss sich entscheiden, was er hören möchte, ob das jetzt Brass, Hip-Hop, Gospel oder Rock ist.

Warum braucht es solche christlichen Musiktage?
Der Grundgedanke ist der, dass wir als Christen zusammenhalten sollten, einander nicht ausspielen, sondern miteinander Gott loben. Leider erlebt man oft, dass sich die verschiedenen Musikrichtungen fast ein bisschen gegenseitig bekämpfen. Das Ziel soll sein, zu erfahren, dass wir auch miteinander etwas machen können. Diesen Gedanken, Gott mit unserer Musik die Ehre zu geben, wollen wir gemeinsam weitertragen.

Haben Sie auf diese Idee nur positive Rückmeldungen erhalten?
Es gab und gibt natürlich, auch innerhalb unseres Verbandes, gewisse Vorbehalte. Manche sagten: «Das ist eigentlich nicht mehr unser Musiktag, wie wir ihn von früher kennen.» Trotzdem machen viele CMVS-Vereine mit. Für die anderen Musikrichtungen haben wir ARTSplus ins Boot geholt, die Kulturplattform der Evangelischen Allianz, oder auch Urs Leuenberger, den «Mr. Gospel» in der Schweiz. Auf jeden Fall hatten wir die über 1'000 Musiker sehr schnell beisammen.

Wie viele Besucher erwarten Sie?
Wir erwarten natürlich sehr viele, 2'500 bis 3'000 auf jeden Fall. Noch sind Tickets im Vorverkauf erhältlich, wir denken aber, dass sehr viele spontane Besucher kommen werden. Man kann jederzeit an der Tageskasse Tickets erstehen.

Hoffen Sie, dass die jüngere Generation mal an ein Brasskonzert geht, oder die Älteren bei einem Hip-Hop-Konzert reinschauen?
Ja, das wäre natürlich sehr schön, wenn die Veranstaltung auf diese Weise verbindend wirkt und auch das Verständnis für einander erhöht. Dass einem jede Musik gefallen soll, ist ja nicht unser Anspruch.

In der Brassbandszene ist man natürlich «angefressen» von der Blasmusik. Das ist die Musik, die man liebt. Trotzdem kann man den Blick erheben und sich daran freuen, dass auch die anderen, die Pop oder Gospel machen, zur Ehre Gottes spielen und singen.

Das Thema Musik ist in christlichen Gemeinden ja oft ein Streitpunkt.
Leider grenzt man sich auch in der christlichen Szene oft gegenseitig aus. Man sagt: «Nur meins ist das Richtige.» Das möchten wir mit diesem Anlass überwinden und sagen: «Hey, wir machen etwas miteinander.»

Welche Rolle spielt die Musik für Ihren persönlichen Glauben?
Meinen Wunsch, Gott zu loben und zu preisen, kann ich sehr gut mit Brassmusik umsetzen. Mit der Musik hat Gott uns etwas Spezielles gegeben, an dem wir selbst Freude haben dürfen und ihm die Ehre geben können, weil er unser aller Schöpfer ist. Wenn ich Gott lobe und Danke sage, dann kann ich nach meiner Erfahrung vieles besser überwinden, als wenn ich immer jammere oder nur das Negative sehe. Musik ist für mich etwas Positives, etwas Schönes, das man Gott bringen kann. Das macht ein Bläser mit der gleichen Motivation wie einer, der von Herzen Gospels singt oder einer, der in einer Lobpreisband spielt. Darum sollten wir einander unterstützen.

Sie arbeiten auch mit dem Kirchenklangfest «Cantars» zusammen.
Ja, wir wollen auch auf der landeskirchlichen Ebene zeigen, dass man mit Musik Gräben überwinden kann. Cantars ist ursprünglich ein katholischer Anlass.

In St. Gallen haben wir schnell gemerkt, dass die Zusammenarbeit mit uns auch die kirchliche Seite stark herausfordert. Aber die Meinung ist ja nicht, dass wir nun plötzlich alles aneinander gut finden. Es wäre ein zu hoher Anspruch, alle theologischen Unterschiede auf eine Schiene bringen zu wollen. Aber auch hier gilt: Wir können einander akzeptieren und miteinander Gott loben.

Wie sieht die Zusammenarbeit konkret aus?
Wir sind ein Teil der Anlässe des Kirchenklangfestivals. Daraus ist dann entstanden, dass die Musiktage gleich den offiziellen Schlusspunkt von Cantars bilden. Das betrifft vor allem den gemeinsamen Gottesdienst am Sonntagmorgen. Martin Schmid, Kirchenratspräsident von St. Gallen, wird gemeinsam mit Abt Urban Federer von Einsiedeln eine Dialogpredigt halten. Durch das Programm führen Radio-Moderatorin Ladina Spiess und Matthias Spiess, Sekretär der Evangelischen Allianz.

Betrachtet man das ganze Programm, ist festzustellen, dass wir eine Zusammensetzung haben, die in dieser Art nicht oft vorkommt. Es freut uns, dass wir damit ein Zeichen setzen, dass Christen gemeinsam einen Grossanlass über alle Konfessionsgrenzen hinweg organisieren und durchführen können.

Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten?
Auf die «Amazing Praise Night» am Samstagabend bin ich schon sehr gespannt. Auch dort haben wir einen tollen Mix, vom amerikanischen Worshipmusiker Brian Doerksen über den Gospelsänger Edwin Hawkins oder die Jugendband Trinity bis zur CMVS Staff Band, der Vorzeigeformation unseres Verbandes. Ich bin sehr gespannt, wie man sich gegenseitig annimmt und was das für eine Stimmung ergibt!

Wissen Sie schon, wie es nach dem Anlass weitergeht?
Wir sind schon gefragt worden, ob die Christlichen Musiktage 2018 in Zürich stattfinden können – aber so weit sind wir noch nicht. Wenn die Musiktage in St. Gallen begeistern, dann gibt es sicher Leute, die sagen: «Das machen wir wieder!»

CHristliche Musiktage

Während dem 6. und 7. Juni werden in St. Gallen auf dem Areal der Olma über 1'100 Musiker in breitem Stilmix in 80 Konzerten auf 8 Bühnen ihre Musik präsentieren. Die Palette wird bunt: Brass, Gospel, Pop, Rock, Singer-Songwriter, Jazz, Hip-Hop, Rap, Klassik: von den Brass Bands Amriswil bis Zäziwil – vom Gossau Gospel Choir bis zur Sängerin Milya – von Toby Meyer & Band bis zu jericho.sys – von den Rappern DJ FreeG and Saymo K bis zur klassischen Sopranistin Miriam Feuersinger (Gewinnerin des «Echo» 2014, beste Klassik-Produktion). Der Höhepunkt soll am Samstag folgen: Die «Amazing Praise Night» mit Edwin Hawkins (USA), Komponist u.a. von «Oh Happy Day», Brian Doerksen aus Kanada und der jungen Band «Trinity» (Latin-Folk-Pop) aus den Niederlanden. Freunde von hochstehendem Brass dürfen sich auf die «Staff Band» des Christlichen Musikverbandes Schweiz freuen.

Der Christliche Musikverband Schweiz will mit den Musiktagen eine neue Plattform schaffen, um die Vielfalt an Musik von Christen zu zeigen, Begegnungen untereinander und den Nachwuchs zu fördern. Zwölf der rund 80 Konzerte der Musiktage sind auch Teil des Kirchenklangfestes «Cantars», welches seit Mitte März an Hunderten von Anlässen in der Schweiz erklingt. Unter dem Motto: «Eingeladen zum Fest des Glaubens» wird am Sonntagmorgen 7. Juni in St.Gallen der grosse Musik-Gottesdienst gefeiert, der gleichzeitig der Cantars-Schlusspunkt ist. Der Sonntagnachmittag wird zum lockeren Abschluss der Musiktage werden: Platzkonzerte, Festwirtschaft, Familienkonzert, Music-Plaza.

Zur Webseite:
CHristliche Musiktage

Zum Thema:
Christliche Musiktage 2015: «Oh happy Day»: 1'100 Musiker in St.Gallen
Nachruf: BB King – der König des Blues und sein Glaube
10. Springtime-Festival: Grosse Namen mit noch grösserem Tiefgang

Datum: 01.06.2015
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: idea Schweiz

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