Junges Flüchtlings-Engagement

Von Schicksal berührt ins Camp geführt

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Einige Migrantinnen und Migranten vom Bildungszentrum Scalabrini (Bild: zVg)
Wer hat sie nicht schon gesehen, die Bilder von überfüllten Flüchtlingsbooten oder Menschen, die nur unter einer Decke Wind und Wetter ausgesetzt sind. Die 19jährige Chiara Caruso wollte sich konkret engagieren, sie begann ein Praktikum und schrieb.

Mit dem Bildungszentrum Scalabrini fand sie einen geeigneten Ort und viele neue Erfahrungen, wo sie direkt mit betroffenen Jungen arbeiten kann. Durch Kursangebote und Treffen erleben Migrantinnen und Migranten einen sinnvollen Alltag und positive Integration.

Wenn zuschauen nicht reicht

Christliche Organisationen wie die Heilsarmee oder HEKS sind an vorderster Front beim Betreiben von Asylzentren tätig. Auch das katholische Bildungsprojekt Scalabrini hat Angebote für Flüchtlinge wie Austauschtreffen, Camps für Jugendliche oder Bildungstreffen für Familien. Andererseits gibt es Sensibilisierungsangebote für Kirchen und Gruppen unter dem Titel «Interessierte am Thema Migration und Flucht aus christlicher Sicht».

Fremde mit Gottes Augen sehen

Das Zentrum, in dem Chiara Caruso ihr Praktikum absolviert, arbeitet mit folgenden Leitlinien: «Es geht von einem christlichen Menschenbild aus, das allen zugewandt ist. Weil Globalisierung und Einförmigkeit oft Isolation und Ausgrenzung zur Folge haben, möchte das Bildungsangebot der Internationalen Zentren (IBZ) besonders den einzelnen Menschen in seiner Beziehung zu anderen stärken und das 'Miteinander' fördern… und wie es möglich ist, den Fremden und eigentlich jeden 'Anderen' mit neuen Augen, mit den Augen Gottes zu sehen… Von Anfang an bis heute erleben wir konkret, wie unser alltägliches Teilen von Materiellem und auch Spirituellem über unsere Gemeinschaft hinaus Kreise zieht. Miteinander Teilen stellt die oft gültigen Kriterien auf den Kopf. Diese Erfahrung durften bereits die ersten Christen machen (vergleiche Apostelgeschichte Kapitel 4, Vers 32).»

Wie Fernsehbilder in die Literatur fanden

Chiara Caruso ist eine junge Frau, bei der die Thematik der Flüchtlinge etwas ausgelöst hat, das nun sogar ihre berufliche Zukunft beeinflusst. Sie hatte sich bereits in ihrer Maturaarbeit mit Migration auseinandergesetzt. In Anlehnung an das Buch «Im Meer schwimmen Krokodile» hatte sie literarisch die Fluchtgeschichte einer Frau beschrieben und liess in der Geschichte die Frau von ihren Erlebnissen aus verschiedenen Perspektiven erzählen.

Die Grenchnerin beschreibt, wie alles begann: «Das Thema Migration ist in den Medien sehr präsent. Die vielen Bilder der geflüchteten Menschen haben mich beschäftigt. Ich habe mich dann dazu entschieden, mich in meiner Maturaarbeit mit Migration auseinanderzusetzen und habe in meiner Arbeit literarisch die Fluchtgeschichte einer Frau dokumentiert.»

Praktikum führt zu Menschen und Tagungen

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Ein Treffen vom IBZ Scalabrini
«Da ich mich besonders für Migration und Menschen interessiere, habe ich beschlossen, ein Praktikum beim IBZ Scalabrini zu machen», so erzählt die Katholikin weiter.

Dabei hat sie die Möglichkeit, ganz verschiedene Tätigkeiten kennenzulernen. Einmal in der Woche unterrichtet sie in einer Klasse von ungefähr 15 Schülerinnen und Schüler im Bundesasylzentrum im Schachen Deutsch. Im Rahmen des Praktikums war sie auch unterwegs, etwa zu einer Rassismus-Tagung in Basel oder nach Bern. Ebenfalls organisieren die Mitarbeiter regelmässig Treffen, um mit Migrierenden auszutauschen.

Kinder kennenlernen und loslassen

Chiara Caruso erzählt von ihren Erfahrungen mit den Jüngsten: «Ein Highlight ist sicherlich der Austausch mit den Kindern in der Schule im Bundes-Asylzentrum Flumenthal. Ich freue mich immer wieder darauf, neue Kinder kennenzulernen und mit und von ihnen zu lernen. Ich schätze an meiner Arbeit, dass ich so vielen Menschen auf verschiedenen Ebenen begegnen darf und dadurch meinen Horizont erweitern kann.»

Man merke auch, dass der Unterricht ihnen ein Stück Normalität gibt und ihnen eine Perspektive eröffnet, aus der sie Kraft schöpfen können.

Schwierig seien dann oft die Abschiede, wenn die Kinder in andere Zentren transferiert werden. «Aufgrund der sich schnell ändernden Umstände im Migrationsverfahren weiss ich nie, wann ich nun ein Kind zum letzten Mal sehe.» 

Glaube gibt Halt

Die junge Praktikantin, welche ihre Zukunft noch ganz offen sieht, jedoch das Jurastudium ins Auge fasst, erklärte Livenet gegenüber auch, was ihr ganz persönlich der Glaube bedeutet: «Während meiner Arbeit habe ich es mit verschiedenen Menschen zu tun. Jeder von ihnen trägt einen Rucksack voller Geschichten und Erfahrungen mit sich. Oft bekomme ich auch traurige Geschichten mit, die mich nachdenklich stimmen. Mein Glaube hilft mir, in diesen Situationen Halt zu finden.» 

Zur Webseite:
Scalabrini-Zentren

Zum Thema:
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Datum: 20.01.2022
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet

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