«Die modernen Staaten sind geprägt von christlichen Werten»
Die 50. Ausgabe von Jesus.ch-Print erscheint diesen
Herbst in weiteren Städten als Regionalausgabe – unter anderem in Bern und
Thun. Livenet sprach mit dem Thuner Stadtpräsidenten Raphael Lanz über das
Thema «Influencer Nr. 1», um das sich diese Jubiläums-Zeitung dreht. Wie
schätzt er den Einfluss von Jesus auf die Weltgeschichte ein?
Thuner Stadtpräsident Raphael Lanz
Livenet:
Wir schreiben in unserer Zeitung, dass keiner die Welt so stark beeinflusst hat
wie Jesus. Was halten Sie von dieser Aussage? Raphael Lanz: Ich glaube schon, dass die Werte, die durch die Bibel
transportiert werden, unser ganzes Staatssystem in unserem Kulturkreis stark
beeinflusst haben. Die modernen Staaten sind geprägt von christlichen Werten.
Von daher würde ich schon sagen, dass Jesus einen sehr grossen Einfluss hatte.
Das Bild vom «Influencer» beschreibt das ganz gut, auch wenn die
Kommunikationsmittel damals natürlich ganz anders aussahen.
Sie
waren ja Richter, bevor Sie ins vollzeitliche Amt als Stadtpräsident gewählt
wurden. Von daher kennen Sie unser Rechtssystem sehr gut. Wie stark schätzen
Sie den Einfluss der christlichen Werte in diesem Bereich ein?
Vieles der 10 Gebote kann man in unserer Gesetzgebung
praktisch 1:1 wiederfinden. Es gibt einen gesellschaftlichen Konsens der
Solidarität, der sich klar aus den christlichen Fundamenten ableiten lässt:
Stärkere helfen den Schwächeren! Oder anders gesagt: Wenn jemand seinen Beitrag
aufgrund von äusseren Umständen nicht leisten kann, dann soll das Gemeinwohl
diese Person unterstützen. Streitpunkte sind dann mehr: Wie viel darf man dem
Einzelnen zumuten? Was soll sein Beitrag sein? Wie sehr darf jemand sich
«bedienen lassen»? Ein anderer gesellschaftlicher Konsens zeigt sich bei der
Berechnung der Steuern: Wir haben in der Schweiz ein progressives Steuersystem.
Wenn ich mehr verdiene, muss ich auch verhältnismässig mehr abgeben.
Sie scheinen ein Fan des
Schweizerischen Systems zu sein…
Ja, das System in unserem Land ist schon sehr gut. Ich
kenne kein besseres System. Zu Beginn meiner Laufbahn habe ich während eines
Jahres in den USA studiert. Dort sah ich, wie schlecht die soziale Absicherung
teilweise ist. In Amerika wird bis heute immer wieder darüber gestritten, ob
alle eine Krankenversicherung haben sollen oder nicht. Bei uns ist die
Grundversicherung schon lange obligatorisch und im Grundsatz unumstritten. Die
Fragen drehen sich bei uns nur noch darum, was alles in dieser
Grundversicherung inbegriffen sein soll. Klar ist aber auch: Diese soziale
Abfederung, die wir aufrechterhalten, hat natürlich ihren Preis.
Zurück
zu unserer Zeitung: Für einen Christen ist es logisch, dass Jesus der «Influencer
Nr. 1» in seinem Leben ist. Wer sind Ihre wichtigsten «Influencer» im Leben?
Es gibt immer wieder Persönlichkeiten, die ich
faszinierend finde. Gleichzeitig finde ich es heikel, wenn man sich zu stark
auf eine Person fokussiert, da alle ihre guten und schlechten Seiten haben.
Mich interessieren mehr die Werte, die dahinterstehen. Beim Christentum ist das
ja ganz typisch. Das Leben und Wirken von Jesus kann man in Werte übersetzen, die
universell gültig sind. So gibt es auch andere Religionen, die ähnliche Werte
als wichtig betrachten. Mein Ansatz ist, dass ich vom Positiven dieser
Vorbilder lernen möchte.
Als
Stadtpräsident sind Sie automatisch auch ein Influencer für die Menschen. Ist
das etwas, das Sie immer schon angestrebt haben?
Wenn man heute Politik anschaut, ist diese häufig sehr
auf einzelne Personen und Oberflächlichkeiten reduziert. Vielfach werden auch
komplexe Themen auf Tweets mit 160 Zeichen reduziert. Ich selbst versuche eher
eine fundierte Politik zu machen. Aber klar, in meinem Amt stehe ich auch im
Mittelpunkt. Dies sollte aber nie zum Selbstzweck oder zur Selbstdarstellung
werden!
Als öffentliche Person oder als «Influencer» sollte
man sich nicht als das Zentrum des Universums sehen. Da hilft es mir sehr, dass
ich meine Frau und meine drei Töchter habe, die mich wieder auf den Boden
zurückholen. Ich führe neben meinem Amt ein ganz normales Leben. Das hilft mir,
nicht abzuheben.
Heute
werden Fragen des Glaubens und über den Sinn des Lebens mehr und mehr in den
Privatbereich verbannt. Wie leicht fällt es Ihnen, über Ihre persönlichen
Glaubensüberzeugungen zu sprechen?
Es hat verschiedene Seiten. Als Funktionsträger vom
Staat bin ich an die die Religionsfreiheit gebunden, d.h. ich muss alle Leute –
unabhängig ihrer Glaubensüberzeugung – gleich behandeln. Deshalb herrscht wohl
auch eine gewisse Zurückhaltung in der Politik, sich über den eigenen Glauben
zu äussern, weil man den Leuten eine grosse Freiheit lassen will. Dennoch stehe
ich dazu, dass unser Staatswesen geprägt ist durch die christlichen Werte. Und
diese sollten wir unbedingt hochhalten.