Am 23. Oktober 2011 werden National- und Ständerat neu gewählt. In einer Livenet-Umfrage gehen Kandidatinnen und Kandidaten auf acht Fragen ein und sagen, was sie motiviert und was sie – sollten sie gewählt werden – in Bern verändern möchten.
Zur Person
Name, Vorname: Blunier Joel Partei, Kanton: EVP AG Alter: 37 Zivilstand, Kinder: verheiratet, 3 Kinder Wohnort: Buchs AG Beruf, heutige Funktion: Lehrer, Politologe, Generalsekretär EVP Schweiz Kirchenzugehörigkeit: Vineyard Hobbys: Fitness, Gitarre spielen, Lesen, gutes Essen Homepage: joelblunier.ch / fb.com/joelblunier
Meinungen und Positionen
In welchem Sinn motiviert Sie der Glaube an Jesus Christus zum politischen Handeln?
Jesus Christus hat mit seinem Leben, seinem Tod und seiner Auferstehung auf ein hoffnungsvolle Zukunft für alle Menschen, die ihm nachfolgen, hingewiesen. Sein Reich ist auf dieser Erde bereits angebrochen und wird mit seiner Wiederkunft vollständig etabliert. Ich bin überzeugt, dass wir als Christen den Auftrag haben, sein Reich hier und jetzt sichtbar werden zu lassen - gerade auch in der Politik.
Meine politischen Positionen versuche ich am Vorbild von Jesus Christus auszurichten. Konkret heisst dies, es lassen sich daraus Werte wie Nächstenliebe, Solidarität, Freiheit, Gerechtigkeit, Selbstbeschränkung oder Mitverantwortung ableiten.
Welche Eigenschaften unseres Gemeinwesens, der Eidgenossenschaft, möchten Sie als Politiker aus christlicher Überzeugung stärken?
Im Zentrum steht für mich das Subsidiaritätsprinzip, in welchem die Eigenverantwortung vor der staatlichen Rundumversorgung kommt und wo staatliche Aufgaben möglichst auf der untersten staatlichen Ebene angegliedert werden.
Zweitens ist die Eidgenossenschaft eine Willensnation, d.h. es wurden bewusst und willentlich konfessionelle, kulturelle und sprachliche Gräben überwunden. Basis dafür war der christliche Glaube. Diese Errungenschaft und die christlichen Wurzeln unseres Gemeinwesens gilt es zu schützen.
Was ist zu tun, damit die Sozialwerke saniert werden können?
Das 3-Säulen-Prinzip in der Altersvorsorge ist eine Erfolgsgeschichte. Leider kommt das System aufgrund der Überalterung zunehmend unter Druck. Neue Finanzierungsmodelle sind zu finden, bevor Leistungen abgebaut oder das Pensionsalter erhöht wird. Eine Möglichkeit der Finanzierung wäre eine nationale Erbschaftssteuer für Erbschaften über 2 Mio. Franken zugunsten der AHV.
Die EVP hat dazu mit anderen Partnern eine Volksinitiative lanciert. Die IV hingegen muss einerseits über zusätzliche Finanzmittel (z.B. MwSt.-Erhöhung), aber auch durch die Überprüfung laufender Renten und eine verstärkte - auch freiwillige - berufliche Integration ins Lot gebracht werden.
Was muss getan werden, damit die Schweiz einen sauberen Finanzplatz hat?
Politische Lösungen sind für einen sauberen Finanzplatz nur sekundär. Vielmehr braucht es ein Umdenken, Augenmass und charakterliche Veränderung der Akteure auf dem Finanzplatz Schweiz. Vom reinen Gewinnstreben, den hohen eingegangenen Risiken und der überbordenden Verschuldungsmentalität muss abgekehrt werden. Das kann aber nicht politische umgesetzt werden, sondern bedingt ein grundsätzliches Umdenken der Akteure.
Der Staat kann bestimmte Rahmenbedingungen wie z.B. strengere Eigenkapitalvorschriften oder ein Investmentbanking-Verbot für Geschäftsbanken vorgeben. Am Bankkundengeheimnis soll zwar festgehalten werden, die Unterscheidung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug ist jedoch im In- und Ausland gleich zu ahnden.
Was muss getan werden, um die Jugend vor Süchten aller Art zu schützen (von der Inernetsucht bis zum Rauschtrinken)?
Hier sind klare Altersgrenzen, die dann auch mit Kontrollen und Sanktionen (für Konsumenten und Anbieter) durchgesetzt werden, sinnvoll. In gravierenden Fällen sind Einfuhrverbote oder grundsätzliche Verkaufsverbote zu prüfen. Daneben ist die Prävention und die Information über Risiken entscheidend.
Im Elternhaus, der Schule und auch in Kirchen sollen diese potentiellen Süchte thematisiert werden. Das Schaffen von Tagesstrukturen und die Förderung von tragfähigen und verbindlichen sozialen Netzen schützt zudem vor Langeweile und Einsamkeit als häufige Auslöser von Suchtverhalten.
Was muss getan werden, damit die Stromversorgung der Schweiz sicher bleibt?
Den Weg aus der Kernenergie definitiv zu beschreiten. Dafür sind erneuerbare Energien zu fördern, Energieeffizienzmassnahmen zu ergreifen und Strom konsequent zu sparen (z.B. Abschalten der Schaufenster- und Firmenbeleuchtung). Ohne Sparmassnahmen ist der Ersatz der Kernenergie bei gleichbleibendem Energiekonsum nicht zu erreichen.
Was möchten Sie als Parlamentsmitglied in Bern verändern?
Ich würde mich für die langfristige Sicherung der AHV, die Schaffung eines Bundesamtes für Familien, die Einführung eines fairen Wahlsystems (doppelter Pukelsheim), die Erhöhung der Entwicklungshilfe, den Abbau von unnötigen Verordnungen und Reglementierungen sowie den konsequenten Abbau der Staatsverschuldung einsetzen.
Wie würde Jesus, wenn er als Wanderprediger heute ins Bundeshaus käme, auftreten – und was ansprechen?
Jesus würde nicht im Parlament Einsitz nehmen, sondern eher in der Wandelhalle mit den einzelnen Parlamentarier/innen ins Gespräch kommen und anhand von Gleichnissen ihr politisches und persönliches Handeln in Frage stellen.
Er wäre an den einzelnen Menschen interessiert und würde die Lobbyisten nicht beachten. Vielleicht würde er sich auf den Bundesplatz begeben, mit den Kindern und den einfachen Bürgern sprechen und ihnen Gehör schenken.