Magie

Voodoo im Trend

Passend zur Fussball-WM ist ein Buch mit dem Titel «Voodoo im Strafraum - Fussball und Magie in Afrika» erschienen. Darin werden zahlreiche merkwürdige Praktiken der Mannschaftsbetreuung beschrieben. Ausserdem wurde im Berliner ethnographischen Museum eine Ausstellung über Voodoo eröffnet, und schliesslich steht Anfang Juli der Kinostart von «Voodoo - Die Kraft des Heilens» bevor. Doch was ist Voodoo eigentlich?

In einem alten Volkslied aus dem Benin heisst es: «Wenn ihr in die Geheimnisse des Voodoo eindringen wollt, dann werdet ihr warten müssen bis zum Ende der Welt.» Tatsächlich lässt sich Voodoo sehr schlecht fassen. Voodoo in Haiti bedeutet etwas anderes als in Lateinamerika, den Südstaaten der USA oder in den Ursprungsländern des Voodoo: Benin, Togo und Nigeria.

Schwierigkeit bereitet auch schon die Schreibweise: Muss es nun Voodoo heissen oder Wodu, Vaudou, Vodun oder Vodou? Und was verbirgt sich hinter diesem ominösen Wort, über dessen Herkunft und exakte Bedeutung nicht mal unter Ethnologen Klarheit herrscht?

Man nimmt an, dass Wort Voodoo stamme aus der Fon-Sprache (südliches Benin) und der Begriff sei vermutlich mehrere tausend Jahre alt. Er bedeutet unter anderem: «Das, was man nicht sehen kann.»

Aus Afrika importiert

Als Engländer und Franzosen begannen, sich hier mit Sklaven einzudecken, schleppten sie auch diese Religion mit nach Brasilien, die Karibik und in den Süden der USA. Hier mischte sich Voodoo mit dem christlichen Glauben. Zwischen Christentum und Voodoo-Praktiken besteht für die meisten Anhänger kein Widerspruch. Teilweise, weil man unter dem Deckmantel des Christentums Voodoo leicht weiter betreiben konnte. Dieser Glaube, und die damit verbundenen Flüche waren lange Zeit die einzige Waffe der Sklaven gegen ihre Herren. Voodoo wurde immer heimlich betrieben. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert.

Chaotische Zeremonien

Voodoo-Zeremonien wirken bedrohlich: Verweste Ziegenköpfe, kleine Puppen aus dreckigen Stofffetzen, Hühnerfedern, Blut, sonderbare Amulette zum Schutz vor bösen Mächten. Was hier Ekel und Angst auslöst, ist in den Ländern, in denen Voodoo praktiziert wird, Religion und Medizin in einem. In stundenlangen Voodoo- Zeremonien werden verschiedenen Göttern gehuldigt, Menschen fallen in Trancezustände und es werden Blutopfer gebracht. Es werden Tauben, Hühner, Ziegen und Schweine geschlachtet. Diese werden vorher gut gefüttert, denn «die Götter wären beleidigt, wenn man ihnen magere Tiere offerierte».

Diese Zeremonien wirken chaotisch und ohne jede Struktur. Dabei gehe es angeblich in erster Linie um Heilung. Energien, die durcheinander geraten sind, sollen wieder in die richtige Ordnung gebracht werden.

Geister und Besessenheit

Eine zentrale Rolle spielt der Glaube an die Wiederbelebung Verstorbener, auch wenn diese schon im Grabe gelegen sind. Demzufolge existiert keine genaue Trennung von dem Leben und dem Tod. Die Voodoo-Priester versprechen nach dem Tod auch kein Leben im Paradies, erwähnen dafür aber die Hölle. Die Seelen oder Geister der Ahnen sind immer präsent und werden mit Opferdarbietungen besänftigt.

Anhänger des Voodoo glauben, ähnlich dem Christentum, an Gottheiten und Engel. Ihr Glaube reicht jedoch soweit, dass Gottheiten in den Betreffenden eindringen und vorübergehend Besitz von ihm ergreifen. Dies wird als Zustand der Besessenheit bezeichnet.

All seine Taten muss der Mensch vor den Voodoo-Göttern verantworten. Wenn dieser gegen die sittlichen Gebote der Voodoo-Götter verstossen hat, kann er durchaus mit einer Strafe der Götter in Form von Krankheit oder Missernten rechnen.

Weisse- und schwarze Magie

Voodoorituale variieren je nach Herkunft und Tradition. Man unterscheidet dabei hauptsächlich weissmagische und schwarzmagische Rituale. Die weissmagischen Rituale sollen Glück bringen, Böses und den Schadenszauber abwehren, die Toten besänftigen und langersehntes Glück bescheren. Während des Rituals tanzen, singen und trommeln die Gläubigen. Dies hat den Zweck, Kontakt mit einem Geist aufzunehmen, damit sie von den Tänzern Besitz ergreifen. Jeder Tänzer verhält sich dann in einer für den Geist typischen Weise. Während sich der Tänzer in Trance oder Ekstase befindet, vollzieht er Heilungen und erteilt Weisungen.

Die wohl bekanntesten Rituale sind die Voodoo-Puppen und der Zombie-Kult. Beide gelten eher als schwarzmagische Rituale. Voodoo-Puppen werden aus Ton oder Wachs einem speziellen Menschen nachgestellt und mit bestimmten Dingen behaftet. Durch das Stehen mit Nadeln in die gewünschten Körperstellen der Puppe sollen dem Menschen von Ferne aus Schmerzen zugefügt werden. Danach wird die Voodoo-Puppe oftmals in der Erde vergraben, dadurch werden dem Betroffenen zusätzlich die Willenskraft, sein Gedächtnis, seine Vitalität und sein Verstand geschwächt.

Zombies

Ein Zombie ist eine lebende Person, die niemals gestorben ist, aber unter der Macht und den leistungsfähigen Drogen eines Priesters steht. Dieser verabreicht einer Person ein Trank mit einem bestimmten Gift, der ihn in eine Art todesähnlichen Zustand, ähnlich eines tiefen Schlafes versetzt. Das Opfer bekommt zusätzlich ein Nervengift und wird durch seine Desorientierung zu einem willigen Sklaven. Diese werden oftmals zu gewaltsamen Handlungen gezwungen oder zum Raub und Diebstahl eingesetzt.

Verbreitung des Voodoo

Voodoo verbreitet sich momentan sehr stark. In Benin ist es Staatsreligion, aber auch in Togo und Ghana ist Voodoo stark verbreitet. Auch in Haiti wird Voodoo anerkannt. Im März 2003 erhob der damalige Staatspräsident Jean-Bertrand Aristide, ein früherer katholischer Priester, den Voodoo-Kult zu einer staatlich anerkannten Religion.

Für das Jahr 2004 wollte er einen alten Pakt erneuern. Anlass war das Gedenken an einen Aufstand gegen die französische Kolonialmacht. Am 14. August 1791 hatten einige Sklaven - die dem Voodoo anhingen - den Karibikstaat mit einem Tieropfer-Ritual dem Teufel für 200 Jahre versprochen, wenn das Land von der französischen Herrschaft frei werde. Der Versuch Aristides, diesen zu erneuern, schlug fehl. Allerdings ist Voodoo in Haiti bis heute eine staatlich anerkannte Religion.

Lieber die Finger davonlassen

Die Sektenpastorin Gabriele Lademann-Priemer warnt davor, sich bei Reisen nach Westafrika oder Lateinamerika auf Voodoo-Praktiken einzulassen. Die beim Voodoo-Zauber verabreichten Substanzen könnten körperliche und seelische Wirkungen haben, die von der westlichen Medizin nicht behandelbar seien. Problematisch werde es, wenn Menschen in Europa in eine «Voodoo-Trance» fallen. Westliche Mediziner oder Psychotherapeuten könnten diese Menschen nicht therapieren, sagt Lademann-Priemer. «Dann landen sie bei mir - aber ich kann ihnen auch nicht helfen.»

Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet.ch

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