Nigeria

«Wir leben weiter und vertrauen Gott»

An der Stadt Jos im Herzen Nigerias lässt sich ablesen, was der bevölkerungsreichste Staat Afrikas für eine bessere Zukunft braucht. Die Berom, ein Volk in Jos, haben seit kurzen die ganze Bibel in ihrer Sprache. Der 1. Oktober, der Unabhängigkeitstag Nigerias, wurde dieses Jahr in der Hauptstadt anders gefeiert.

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Die Berom-Bibel kommt auf dem Markt
In Dadin Kowa, einem Teil der Stadt Jos, leben Christen und Muslime noch miteinander. Anderswo ist das Misstrauen zu gross. In Dadin Kowa haben Pastoren und Imame vereinbart, dass sie den Stadtteil vor Eindringlingen schützen.

Politiker der Provinz dürfen keine Spannungen anheizen. «Wir haben Kontrollen eingerichtet. Wir lassen niemand hineinkommen und unser friedliches Zusammenleben stören», sagte Imam Abdul Aziz Suleiman im April der BBC.

Andere Teile von Jos sind in den letzten Jahren zu religiös homogenen Quartieren geworden, weil «jeder in Angst vor seinem Nachbarn lebt». Der Pastor Noah Maikano zeigte dem Reporter die Überreste seines Hauses in Jos: Es ist dreimal angezündet worden; beim drittenmal rissen die Täter auch Mauern ein. Die Familie hat resigniert und ist in ein Dorf gezogen.  

Die ganze Bibel fürs Plateau

Das Jos-Plateau im Herzen Nigerias hat wegen seiner Bodenschätze, des angenehmen Klimas und der guten Böden viele Menschen aus andern Landesgegenden angezogen.

Auch muslimische Hirten drängen in die Gegend. Im anhaltenden Konflikt hoffen Christen auf die Kraft der guten Worte Gottes. Für die Berom, die grösste der rund 15 Volksgruppen auf dem Jos-Plateau, war der 31. Juli 2010 ein grosser Tag: Sie nahmen die Bibel in ihrer Sprache in Empfang. Ein einheimisches Team hatte unter Mithilfe der Schweizer Wycliffe-Mitarbeiterin Hanni Kuhn das Alte Testament übersetzt. Das Neue Testament besitzen die Berom seit 1984.

Friedenstauben und eine Mini-Parade

Der 1. Oktober ist Nigerias Unabhängigkeitstag. Diesmal fand die Parade in der Hauptstadt Abuja aus Angst vor Anschlägen der islamistischen Bewegung «Boko Haram» und einer Rebellengruppe nicht auf dem Adlerplatz statt.

Der weiträumige Platz war abgesperrt. Kurzfristig hatte das Präsidialamt die Feier vor die streng bewachte Präsidentenvilla verlegt. Zur Eröffnung beteten der Präsident der Christian Association of Nigeria und der Oberimam der Hauptmoschee. Zum Schluss wurden Friedenstauben freigelassen. Ein riesiges Angebot an Sicherheitskräften sollte eine Wiederholung des Anschlags vor einem Jahr, den die Rebellengruppe am 1. Oktober 2010 verübt hatte, verhindern.

Ein klares Wort

«Wir wollen uns nicht einschüchtern lassen durch Drohungen und Warnungen. Wir leben weiter wie bisher, indem wir Gott vertrauen», sagte der katholische Erzbischof der Hauptstadt, John Olorunfemi Onaiyekan, vor dem Unabhängigkeitstag. Die katholische Bischofskonferenz hatte zuvor Gespräche zwischen der Regierung und Boko Haram abgelehnt. Die meisten Nigerianer sähen einen «Dialog mit Leuten, die unschuldige Menschen ohne zu unterscheiden töten» als unmöglich an.

Kampfansage von «christlichen» Militanten

Die Empörung über Boko Haram und die Angst der Nigerianer angesichts der Hilflosigkeit des Staats wecken Extremismus auf der anderen Seite: Im Norden hat sich eine Gruppe gemeldet, die im Namen des Christentums die Islamisten bekämpfen will. Die Gruppe namens Akhwat Akwop forderte Iraner, Syrer, Saudis, Mauretanier und Sudanesen auf, Nigeria zu verlassen. Andernfalls würden sie bekämpft. Die fünf Länder beschuldigte die Gruppe, Boko Haram zu finanzieren.

Akhwat Akwop wendet sich an die Christen in Nigeria mit der Behauptung, Boko Haram wolle sie einschüchtern, damit die muslimischen Nordnigerianer bei den nächsten Präsidentenwahlen 2015 die Macht an sich reissen könnten. Vor zwei Monaten waren die ersten Flyer der Gruppe, die sich als Fürsprecher nordnigerianischer Minderheiten darstellt, aufgetaucht. 

Zum Thema:
Impulse für Dialog: Auf den Friedensbaum steigen


Datum: 03.10.2011
Autor: Peter Schmid

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