Der gute Hirte vom Schwarzen Meer

Er tauft und besucht Gefangene

Allen Anfeindungen zum Trotz hat Pastor Orhan in der Türkei eine Gemeinde aufgebaut. Neun neue Gläubige taufte er jüngst, auch besucht er Häftlinge. Seine Besuche stossen auf grosses Interesse.

Zoom
Pastor Orhan mit Mitgliedern seiner Gemeinde; darunter neun Christen, die jüngst getauft wurden.
Sie kamen in der Nacht und schlugen die Fensterscheiben ein. Dann schickten sie nahezu täglich Drohbriefe. Pastor Orhan, dessen Gemeindearbeit von der deutschen «Hilfsaktion Märtyrerkirche» (HMK) unterstützt wird, lässt sich von solchem Terror nicht schrecken. An der Schwarzmeer-Küste hat er eine aktive christliche Gemeinde aufgebaut.

«Zehn bis zwölf ehemalige Muslime lassen sich jährlich bei mir taufen», sagt der Geistliche, zu dessen Gemeindemitgliedern auch die ehemalige Prostituierte Cahide aus Bafra (Provinz Samsun) zählt. Sie hat etwas getan, was sonst kaum ein Gläubiger in der Türkei wagt. Cahide liess in ihrem Pass die Religionszugehörigkeit «Muslim» durch «Christ» ersetzen.

Interesse in Gefängnissen

Pastor Orhan besucht zum Seelsorgedienst auch Gefängnisse. «Nicht nur die Insassen interessieren sich für das Evangelium, sondern auch die Angestellten des Gefängnisses», freut sich Orhan. «Es ist so grossartig zu erleben, welche Tür Gott uns hier aufgetan hat. Wir haben einen wunderbaren Vater im Himmel.»

Haftanstalten seien bisher von Christen nicht besucht worden sagt Orhan, der einem Strafgefangenen den Weg zu Jesus gewiesen hat. «Dieser Mann überbrachte die Frohe Botschaft fünf weiteren Insassen. Sie alle sind begierig darauf, mehr über den christlichen Glauben zu erfahren.»

Allein im Glauben

In Antiochia nannten sich die Gläubigen zum ersten Mal «Christen». Die Stadt heisst heute Antakya und liegt auf dem Territorium der Türkei. Auch Tarsus, die Heimat des Apostels Paulus, ist heute türkisch. Und viele der Stätten, die uns aus der Apostelgeschichte vertraut sind – von Ephesus bis Caesarea – belegen: Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei. Dies umso mehr, als hier die bedeutendsten Kirchenväter lebten und die sieben grossn, grundlegenden ökumenischen Konzilien hier abgehalten wurden.

Zwar garantiert die türkische Verfassung in Artikel 24 offiziell eine Art Glaubensfreiheit. Doch in Wahrheit kann davon keine Rede sein. Ein bekennender und praktizierender Christ zu sein, wird im islamischen Staat zur schweren Prüfung. Christen werden elementare Rechte verweigert. Es gibt keine Möglichkeit für christliche Gemeinden, Immobilien zu kaufen oder zu bauen. Sie können als Institution keine Mitarbeiter einstellen und keine aus dem Ausland rekrutieren. Das brennendste Problem aber ist das faktische Verbot der Pastoren- und Priester-Ausbildung, das seit annähernd 40 Jahren besteht. Dies wird nach Meinung von Experten dazu führen, dass es irgendwann überhaupt keine Pastoren oder Pfarrer mehr in der Türkei gibt. Schon hat dieses Verbot insbesondere das 1'700-jährige Patriarchat von Konstantinopel fast zum Aussterben gebracht.

Lag der christliche Bevölkerungsanteil nach Expertenschätzungen vor 60 Jahren noch bei 20 Prozent, sind heute nur noch 0,2 Prozent (etwa 100 000) von gut 70 Millionen Türken Christen.

Spionin wird Christin

Obwohl die Christen nur eine verschwindende Minderheit sind, stellen sie in den Augen von Nationalisten eine Bedrohung dar. Ministerpräsident Erdogan zufolge wollen Christen die Türken «ausrotten». Deshalb müssten sie überwacht werden, wie das Beispiel einer christlichen Gemeinde im Westen der Türkei zeigt. In diese Gemeinde wurde von der Polizei eine junge Studentin als Informantin eingeschleust. Durch die regelmässigen Gottesdienstbesuche hörte sie das Evangelium – und kam ins Grübeln. Sie fand den Weg zum Glauben an Jesus und folgte ihm nach. Dann berichtete sie der Gemeinde von ihrer Spionage-Tätigkeit und bat um Vergebung.

Die Gemeindemitglieder beschlossen allerdings, dass die neugewonnene Christin weiter der Polizei berichten soll, aber nicht mehr so detailliert, dass es den Christen schaden könnte. Daraufhin wurde sie von ihrem «Auftraggeber», der Polizei, zurechtgewiesen: Sie berichte nicht mehr so gut, wie es andere Spione tun. Dies liess nur einen Schluss zu: Es gibt noch mehr Spione in dieser Gemeinde…

Was können wir tun?

Auf die Frage hin, welche Botschaft er für die Christen im deutschsprachigen Europa habe, antwortete ein Pastor und Senior-Leiter von christlichen Initiativen: «Die Türkei ist das vergessene Heilige Land und in der Bibel schon auf den ersten Seiten erwähnt. Sie ist ein Startpunkt des Christentums gewesen. Vergesst dieses Land nicht und betet für uns.»

Webseite:
HMK – Hilfe für verfolgte Christen

Datum: 09.08.2013
Autor: Friedhelm Appel
Quelle: HMK

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