Nach verheerender Explosion

Israel bietet Hilfe an – Libanon lehnt ab

Nach der verheerenden Explosion im Beiruter Hafen, die bisher über 130 Tote forderte, hat Israel – neben vielen anderen Ländern – Hilfe angeboten. Der Libanon hat Unterstützung vom «Erzfeind» bisher abgelehnt.

Zoom
Beirut nach der Explosion (Bild: Wikipedia)
Am Dienstag, 4. August 2020, hat sich im Hafen von Beirut eine verheerende Explosion ereignet, die dutzende Häuser zerstörte, Balkone abriss und noch in 20 Kilometern Entfernung Glasscheiben zersplitterte. Tausende von Menschen wurden verletzt, bisher 130 sind gestorben, der Hafen ist weitgehend zerstört und 300'000 Menschen verloren ihre Wohnungen. Offenbar waren corona-bedingt viele Libanesen nicht in ihren Büros; ohne den Lockdown hätte es nach Einschätzung von Experten noch mehr Verletzte und Tote gegeben.

Als mögliche Ursache der Explosion gelten 2'750 Tonnen von unsachgemäss gelagertem, hochexplosivem Ammoniumnitrat. Der Hafen steht grösstenteils unter der Kontrolle der Hisbollah-Organisation.

Tel Aviv: Stadtverwaltung in libanesichen Farben erleuchtet

Zoom
Israel proijziert libanesische Flagge auf das Rathaus in Tel Aviv.
Der Libanon hat um internationale Hilfe gebeten. Die USA, Frankreich und die Schweiz sagten sofort Hilfe zu. Aus der EU ist ein Hilfeteam unterwegs.

Auch Israel hat seine Hilfe angeboten: «Unter Anweisung von Verteidigungsminister Benny Gantz und Aussenminister Gabi Aschkenasi hat Israel sich an den Libanon durch internationale diplomatische und Verteidigungskanäle gewandt», berichtet der SPIEGEL unter Berufung auf eine Stellungnahme. Weil es keine diplomatischen Beziehungen zwischen den Ländern gibt, müssen die internationalen Kanäle gewählt werden. «Wir teilen den Schmerz des libanesischen Volkes und strecken die Hand aus zur Hilfe in dieser schwierigen Zeit», erklärte Israels Präsident Reuven Rivlin auf arabisch.

Wie der Tagesanzeiger berichtet, kamen «ganz konkrete Hilfsangebote zur Behandlung von Verletzten» von mehreren israelischen Spitälern. Als ganz besondere Note der Solidarität kündete der Tel Aviver Bürgermeister Ron Huldai an, das Gebäude der Stadtverwaltung in den Farben der libanesischen Flagge erstrahlen zu lassen. «Humanität hat Vorrang vor jedem Konflikt», schrieb er dazu.

«Keine Hilfe von einem feindlichen Staat»

Beirut reagierte ablehnend auf die israelischen Angebote. Aus Regierungskreisen hiess es: «Wir nehmen keine Hilfe von einem feindlichen Staat an.» Israel und Libanon befinden sich in einem militärischen Konflikt. Libanesen ist jeder Kontakt mit Israelis verboten. Ein Team von Ärzten aus Tel Aviv hat sich nun bereit gemacht, bei Bedarf auf Zypern Verletzte zu versorgen.  

Viele Christen helfen

Wie die Nachrichtenagentur «idea» berichtet, haben evangelikale Kirchen und Organisationen haben bereits begonnen, den Betroffenen zu helfen. Der Geschäftsführer von «Heart for Lebanon» (Ein Herz für den Libanon), Camille Melki, habe 60 Mitarbeiter nach Beirut geschickt, um Häuser und Strassen zu säubern. Der Präsident des Arabischen Baptistischen Theologischen Seminars (ABTS), Elie Haddad, sagte in einem YouTube-Video, dass man in den Studentenunterkünften und in dem Gästehaus des Seminars Menschen eine Bleibe bieten wolle, die durch die Explosion obdachlos geworden sind. Jedes freie Zimmer wolle man dafür nutzen. Der Geschäftsführer der christlichen «Libanesischen Gesellschaft für Bildung und soziale Entwicklung» (LSESD), Nabil Costa, berichtete in einem YouTube-Video, dass die Organisation trotz der schwierigen Situation und dem Rückschlag auf Gott vertraue und bat um Gebet für das leidende Land.

Der Libanon leidet seit Jahren an einer schweren Regierungs- und Versorgungskrise; die Preise sind innerhalb eines Monats um 250 Prozent gestiegen. Bereits 2018 lebte ein Viertel der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Auf der anderen Seite verfügen die reichsten 10 Prozent der Libanesen über 70 Prozent des Privatvermögens des Landes. Korruption, Corona und jetzt die – wahrscheinlich auf Nachlässigkeit zurückzuführende – Explosion dürften die ehemalige «Schweiz des Nahen Ostens» in den völligen Zusammenbruch führen. Von den rund sechs Millionen Einwohnern Libanons sind rund 60 Prozent Muslime und 39 Prozent Christen.

Zum Thema:
Schulprojekt im Libanon: Für Frieden in einer konfliktträchtigen Region
Endlich kehrt Beruhigung ein: Libanon: Neuer Premier ist Vertrauensmann der Christen
Durch die Krise: Gebete für das 10/40-Fenster: «Jetzt beginnt der Aufbruch»

Datum: 07.08.2020
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / SPIEGEL / Tagesanzeiger / Zeit online

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem...
Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem...
Auf Platz 2 hinter China
Jeder Vierte in Deutschland bezeichnet sich selbst als nicht-religiös oder atheistisch. Das geht aus einer Umfrage in acht Nationen hervor. Nur in...
Steigende Tendenz
Der jährliche Bericht über die religiösen Gemeinschaften Israels ergibt, dass die christliche Bevölkerung um zwei Prozent gewachsen ist. Somit macht...

AKTUELLE NEWS

Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem Stuhl Petri. Nun ist der Papa Emeritus im Alter von 95 Jahren gestorben.
Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem Stuhl Petri. Nun ist der Papa Emeritus im Alter von 95 Jahren gestorben.
Leihmutterschaft
«Gebärmutter zu vermieten. Suche: Paar mit Kinderwunsch. Biete: Neun Monate Unterkunft für einen Embryo mit Vollpension. Miete gesamt 12000 CHF.» So könnte die Anzeige einer Leihmutterschaft, die in Europa noch verboten ist, aussehen.
Allianzgebetswoche 2023
Christen sind zur Freude aufgerufen – doch was bedeutet das? Darum geht es in der diesjährigen Allianzgebetswoche vom 8. bis 15. Januar 2023. Livenet veröffentlicht die täglichen Andachten, heute mit SEA-Generalsekretärin Viviane Krucker-Baud.
Auf Platz 2 hinter China
Jeder Vierte in Deutschland bezeichnet sich selbst als nicht-religiös oder atheistisch. Das geht aus einer Umfrage in acht Nationen hervor. Nur in China sind mehr Menschen nicht religiös.
Steigende Tendenz
Der jährliche Bericht über die religiösen Gemeinschaften Israels ergibt, dass die christliche Bevölkerung um zwei Prozent gewachsen ist. Somit macht ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung des Landes rund 1,9 Prozent aus.
Ganz ohne Angst
Locker und in jugendlicher Sprache erzählt Tabea Tacke in «Fearless – 24 mutige Vorbilder aus der Bibel» die Geschichten von zwölf Männern und zwölf Frauen aus dem Buch der Bücher.

Anzeige

Kommentar

Regula Lehmann: Empörung ist billig
Wir befinden uns inmitten der Fastenzeit vor Ostern. Livenet-Kolumnistin Regula Lehmann fastet...

Ratgeber

Zielbewusst und entspannt Gute Vorsätze für 2023
Die ruhigere Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr scheint dazu einzuladen, dass man sich überlegt...