Studie der Uni Rio de Janeiro

Brasilien: Evangelikale, Soziale Medien und Fake News

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Fast die Hälfte der Evangelikalen in Brasilien haben «Fake News» über soziale Medien erhalten. Eine Studie zeigt Kehrseiten der christlichen «Gemeinschaft» auf.

Das Nutes-Institut für Bildung in Wissenschaft und Gesundheit an der Bundesuniversität von Rio de Janeiro in Brasilien hat kürzlich einen Bericht über die Desinformation im Zusammenhang mit der Verbreitung der digitalen Medien veröffentlicht. Der Bericht mit dem Titel (übersetzt) «Pfade der Desinformation: Evangelikale, Fake News und Whatsapp in Brasilien» analysiert die Einstellung von Evangelikalen zu Fake News und deren Auswirkungen in religiösen Whatsapp-Gruppen.

Fake News erhalten – und weiterleiten

Den Daten der Studie zufolge erklärten 49 Prozent der brasilianischen Evangelikalen, dass sie in einigen ihrer evangelikalen Kontaktgruppen «Fake News» erhalten haben. Darüber hinaus gaben 29,7 Prozent der befragten Evangelikalen zu, dass sie Informationen weitergegeben haben, obwohl sie wussten, dass sie unwahr sind.

«Es erfordert Widerstandsfähigkeit, sich gegen die Verbreitung von Lügen zu wehren», betonen die Autoren des Berichts.

Kritisches Lesen erforderlich

Die Forscher warnen, dass «das System zur Verbreitung von Fake News Teil der digitalen Medien ist und eine starke emotionale und vertrauensbildende Komponente hat», so dass «ein kritisches Lesen erforderlich ist». Evangelikale sind Gemeinschafts- und Beziehungsmenschen. Ein Drittel der Befragten (33%) gab zu, dass sie sich eher an «Bekannte» als an die Medien wenden, um Informationen zu erhalten.

90% nutzen Whatsapp-Gruppen

Die Forscher stellen eine «intensive Nutzung religiöser Whatsapp-Gruppen, die unter Evangelikalen weit verbreitet ist» fest: Bis zu 90,4 Prozent der Evangelikalen in Brasilien nehmen an solchen Gruppen teil. Bei den Katholiken sinkt der Prozentsatz auf 71 Prozent. «Vielleicht erklärt dies weitgehend die stärkere Verbreitung von Desinformation unter den Menschen in diesem Segment [Evangelikale]», schliessen die Autoren.

Was die Inhalte betrifft: Für über 61 Prozent der Befragten ist Politik ein «wiederkehrendes Thema» in den Nachrichten, die sie in glaubensbezogenen Whatsapp-Gruppen erhalten.

«Eine neue Art, in die Kirche zu gehen»

Gegenüber dem hohen Vertrauen in Botschaften in den sozialen Medien fällt auf, dass lediglich etwas mehr als 13 Prozent der Befragten Pastoren und Kirchenführer für die «zuverlässigste Informationsquelle» halten. «Die intensive Nutzung sozialer Medien als 'neue Art, in die Kirche zu gehen' ist eine der Praktiken, die mit einem Gefühl der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft verbunden sind und ein Bild von Leitern und Geschwistern als verlässliche Nachrichtenquellen schaffen», so Magali Cunha, eine der Forscherinnen des Berichts, in einem Artikel für die brasilianische Zeitschrift Ultimato.

In Brasilien gibt es über 200'000 evangelikale bzw. evangelische Gemeinden. Von den 213 Millionen Einwohnern sind geschätzte 55 Millionen, also fast 26 Prozent, wiedergeborene Christen. Rund 200 von insgesamt 513 Abgeordneten im brasilianischen Abgeordnetenhaus und Senat gehören evangelikalen Glaubensgemeinschaften an.

Desinformation und Trolle weit verbreitet

Der brasilianische Bericht ist kein Einzelfall. Im Oktober 2021 enthüllte die Zeitschrift Relevant, dass Social Media-Trolle in Europa viele der meistgenutzten «christlichen» Facebook-Seiten kontrollieren. Als «Troll» bezeichnet man im Netzjargon eine Person, die im Internet vorsätzlich mit «zündelnden» Kommentaren einen verbalen Disput entfachen will, auf emotionale Provokation abzielt oder absichtlich Menschen im Internet verärgern will.  

Ebenfalls veröffentlichte «Lifeway Research» im Januar 2021 die Ergebnisse einer Umfrage unter US-Pastoren, nach der die Hälfte der befragten evangelikalen Leiter angab, von Mitgliedern ihrer Gemeinden wiederholt Verschwörungstheorien gehört zu haben.

Zum Thema:
Datum: 01.02.2022
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Evangelical Focus

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