Nicht vor dem TV «parken»

Kleinkinder, Fernsehen und soziale Medien – Achtung!

Zoom
Eltern schaden ihren Kleinkindern, wenn sie sie unkontrolliert dem TV oder sozialen Medien aussetzen. Aber auch ihre persönliche Mediennutzung müssen sie überdenken, wenn kleine Kinder im Spiel sind. Darauf weisen jetzt Psychologen und Medienforscher hin.

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur «idea» mit Berufung die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung sind viele Eltern «unsicher, wie viel Zeit sie ihren Kindern vor dem Fernseher oder dem Smartphone erlauben sollen.» Dabei brauchten Kleinkinder laut der Psychologin Elisabeth Raffauf gar kein Fernsehen. Bei den neuen Medien – sowohl TV als auch Smartphone – fehle die Reaktion und damit die Gefühlsebene: «Kinder lernen nicht: Wie reagiert mein Gegenüber?»

Darum sei es viel wichtiger, dass die Eltern persönlich mit den Kindern umgehen. Elektronische Medien sollten, wenn überhaupt, mit kleinen Kindern nur sehr sparsam eingesetzt werden, so die Psychologin: «Dem Stress der Geräte werden Kinder noch früh genug ausgesetzt.»

Digitale Selbstbeherrschung nötig

Aber auch ihre persönliche Mediennutzung müssten Eltern überdenken, so Sabine Feierabend von der SWR Medienforschung. Sie seien oft nicht mit ihrer ganzen Aufmerksamkeit bei ihren Kindern, sondern durch Smartphones oder Tablets abgelenkt. Eine im Mai veröffentlichte Studie habe gezeigt, wie schädlich der Medienkonsum der Eltern sein könne, so die Sonntagszeitung. Bereits bei Säuglingen könne es zu Fütter- und Einschlafstörungen kommen, wenn die Eltern während der Betreuung nicht auf ihr Handy oder ihr Tablet verzichten könnten – «Hinweis auf eine beginnende Bindungsstörung», so die FAZ: «Mama und Papa müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie unter ständiger Beobachtung stehen und bis mindestens zum Beginn der Pubertät eine Vorbildfunktion für ihre Kinder haben. Die ganz Kleinen ahmen einfach nach, die Grösseren wollen das tun, was die Eltern machen. Und wenn die eben alle vier Minuten aufs Smartphone gucken, dann übernimmt der Nachwuchs das genau so.»

Marlene Mortler, die Drogenbeauftragte (!) der Bundesregierung, verlangt deshalb von den Eltern mehr «digitale Fürsorge». Bei Mädchen und Jungen, die intensiv Medien konsumierten, zeigten sich häufiger Entwicklungsstörungen. Fazit der FAZ: «Wer seinen Kindern eine ausgiebige Nutzung von digitalen Medien erlaubt, beschert ihnen massive Konzentrationsprobleme».

Kinder auf keinen Fall vor dem TV «parken»

Ein blosses Verbot digitaler Medien lehnen die meisten Psychologen und Pädagogen ab. Aber wie den Umgang regeln?  «Die Jugend- und Familienberatungen 'no zoff' in der Schweiz empfehlen, Kindern unter drei Jahren überhaupt keine Bildschirmzeit zu gewähren», gibt die FAZ zu bedenken. «Kinder bis sechs Jahre sollten höchstens eine halbe Stunde täglich digitale Medien nutzen und dabei von einem Erwachsenen begleitet werden.»

Die Sonntagszeitung stellte acht Tipps zum richtigen Umgang mit dem TV zusammen. Unter anderem sollte es nicht als Belohnung oder Bestrafung eingesetzt werden, weil man damit seine Bedeutung erhöhe. Zudem sollten kleine Kinder Sendungen nie ohne ihre Eltern anschauen, und anschliessend müssten die Eltern mit ihrem Nachwuchs über das Gesehene sprechen. Ausserdem sei es wichtig, dass für den TV-Gebrauch zeitliche Begrenzungen und klare Regeln abgemacht würden. Schliesslich dürften Eltern ihre Kinder niemals vor dem Fernseher «parken», um in der Zeit andere Dinge erledigen zu können.

Zum Thema:
Bund sieht Handlungsbedarf: Das Handy im Kinderzimmer
Die Dosis ist entscheidend: Nachrichten haben Nebenwirkungen
Kinder unter zwei Jahren sollten nicht fernsehen

Datum: 13.06.2017
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea / Frankfurter Allgemeinde Sonntagszeitung

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Gesunder Umgang mit Gefühlen
Mit ihrem Buch fordert die Psychotherapeutin Angelika Heinen auf, auch verpönte Gefühle wie Ärger, Angst und Traurigkeit anzunehmen. Sie hätten einen...
Zielbewusst und entspannt
Die ruhigere Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr scheint dazu einzuladen, dass man sich überlegt, was man im neuen Jahr anders machen möchte. Viele...
Exklusiv bei Livenet
Kaiser Augustus will alle Leute im Reich zählen lassen. Das mündet in ein Chaos: Überfüllte Herbergen, endlose Staus, da kann wohl nur noch Gott...
Olivier Giroud vor 2. WM-Finale
Olivier Giroud sorgt für Pokale: WM-Sieger 2018, Gewinn der Champions-League, Meister in Italien und Frankreich und viermal Cup-Sieger in England....

AKTUELLE NEWS

Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem Stuhl Petri. Nun ist der Papa Emeritus im Alter von 95 Jahren gestorben.
Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem Stuhl Petri. Nun ist der Papa Emeritus im Alter von 95 Jahren gestorben.
Leihmutterschaft
«Gebärmutter zu vermieten. Suche: Paar mit Kinderwunsch. Biete: Neun Monate Unterkunft für einen Embryo mit Vollpension. Miete gesamt 12000 CHF.» So könnte die Anzeige einer Leihmutterschaft, die in Europa noch verboten ist, aussehen.
Allianzgebetswoche 2023
Christen sind zur Freude aufgerufen – doch was bedeutet das? Darum geht es in der diesjährigen Allianzgebetswoche vom 8. bis 15. Januar 2023. Livenet veröffentlicht die täglichen Andachten, heute mit SEA-Generalsekretärin Viviane Krucker-Baud.
Auf Platz 2 hinter China
Jeder Vierte in Deutschland bezeichnet sich selbst als nicht-religiös oder atheistisch. Das geht aus einer Umfrage in acht Nationen hervor. Nur in China sind mehr Menschen nicht religiös.
Steigende Tendenz
Der jährliche Bericht über die religiösen Gemeinschaften Israels ergibt, dass die christliche Bevölkerung um zwei Prozent gewachsen ist. Somit macht ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung des Landes rund 1,9 Prozent aus.
Ganz ohne Angst
Locker und in jugendlicher Sprache erzählt Tabea Tacke in «Fearless – 24 mutige Vorbilder aus der Bibel» die Geschichten von zwölf Männern und zwölf Frauen aus dem Buch der Bücher.

Anzeige

Kommentar

Regula Lehmann: Empörung ist billig
Wir befinden uns inmitten der Fastenzeit vor Ostern. Livenet-Kolumnistin Regula Lehmann fastet...

Ratgeber

Zielbewusst und entspannt Gute Vorsätze für 2023
Die ruhigere Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr scheint dazu einzuladen, dass man sich überlegt...