Akuter Kirchenmangel in Moskau

Russland will 200 Schnellbaukirchen errichten lassen

In Russlands Hauptstadt herrsche erheblicher Kirchenmangel, mit Schnellbaukirchen soll dem nun abgeholfen werden. Als Bürgermeister Sobjanin im April grünes Licht für 200 Kirchen gab, bemerkte Patriarch Kyrill, dass dies zwar immer noch zu wenig sei, aber besser als nichts.

Zoom
Ganz so bunt und vielfältig wie hier die St.-Basilius-Kathedrale werden die Schnellbaukirchen sicherlich nicht.
Auf einer kleinen Wiese zwischen den Hochhäusern von Butowo sollte sie stehen, die erste von 200 neuen orthodoxen Kirchen in Moskau. In den Wohntürmen der Trabantenvorstadt am Südrand der russischen Hauptstadt leben mehr als 160.000 Menschen. Es gibt aber in der gesamten Gegend nur ein orthodoxes Gotteshaus, die rostbraune Kirche der Geburt Christi aus dem 18. Jahrhundert. Deshalb wurde bereits im vergangenen November feierlich der Grundstein für die zweite Kirche gelegt. Ein orthodoxes Kreuz aus hellem Holz markiert seitdem den Baugrund. Doch gebaut wurde bisher nichts.

Erheblicher Kirchenmangel

Marina Petrowna, eine junge Mutter aus der Nachbarschaft, schiebt den Kinderwagen am Metallzaun entlang und schaut sich die grosse Bautafel an. Weiss soll die neue Kirche werden, aus Stahlbetonteilen zusammengesetzt, mit einem grossen und vier kleinen Zwiebeltürmen auf dem Dach. Die geplante Kirche sehe ja ganz gut aus, urteilt Marina Petrowna, die selbst nur einmal im Jahr zur Messe geht. Von Nachbarn habe sie gehört, dass es an Feiertagen sehr eng sei in der einzigen Kirche des südlichen Butowo.

Das weiss auch das Moskauer Patriarchat. In der Hauptstadt herrsche eklatanter Kirchenmangel, klagt Patriarch Kyrill regelmässig. Das Verhältnis von Einwohnern zu Gotteshäusern sei katastrophal. Das Kirchenoberhaupt geht davon aus, dass 89 Prozent der Moskauer orthodoxen Glaubens sind, offizielle Zahlen gibt es nicht. Nach den Berechnungen der Kirche kommen auf ein Gotteshaus durchschnittlich 35.000 Gläubige. Da die meisten der rund 1.000 existierenden Kirchen im historischen Zentrum stehen, ist das Verhältnis besonders in den Pendlervororten schlecht.

Für 15 steht der Grund

So entstand der Plan, in den kommenden drei bis vier Jahren 200 neue, schnell zu errichtende Kirchen zu erbauen. Verschiedene Modelle mit Platz für 100 bis 500 Gläubige stehen zur Auswahl. Moskaus Bürgermeister Sergei Sobjanin unterstützt das Patriarchat. Vor wenigen Wochen kündigte er an, die notwendigen Grundstücke zur Verfügung zu stellen. Für 15 Neubauten steht der Grund schon bereit, weitere Flächen sollen ausgewiesen werden.

Die Orthodoxen haben für ihre ambitionierten Kirchenneubauten zwar die Stadtverwaltung hinter sich, trotzdem geraten die Bauvorhaben ins Stocken. Denn es fehlt an Geld. Die Schnellbaukirchen sollen aus Spenden finanziert werden. An Wohltätern aus Wirtschaft und Politik, die bisher oft eingesprungen waren, scheint es jedoch nach der Wirtschaftskrise zu mangeln. Und auch private Einzelspenden bleiben bisher aus.

Datum: 25.06.2011
Quelle: epd (Ann-Dorit Boy)

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem...
Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem...
Allianzgebetswoche 2023
Christen sind zur Freude aufgerufen – doch was bedeutet das? Darum geht es in der diesjährigen Allianzgebetswoche vom 8. bis 15. Januar 2023. Livenet...
Steigende Tendenz
Der jährliche Bericht über die religiösen Gemeinschaften Israels ergibt, dass die christliche Bevölkerung um zwei Prozent gewachsen ist. Somit macht...

AKTUELLE NEWS

Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem Stuhl Petri. Nun ist der Papa Emeritus im Alter von 95 Jahren gestorben.
Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem Stuhl Petri. Nun ist der Papa Emeritus im Alter von 95 Jahren gestorben.
Leihmutterschaft
«Gebärmutter zu vermieten. Suche: Paar mit Kinderwunsch. Biete: Neun Monate Unterkunft für einen Embryo mit Vollpension. Miete gesamt 12000 CHF.» So könnte die Anzeige einer Leihmutterschaft, die in Europa noch verboten ist, aussehen.
Allianzgebetswoche 2023
Christen sind zur Freude aufgerufen – doch was bedeutet das? Darum geht es in der diesjährigen Allianzgebetswoche vom 8. bis 15. Januar 2023. Livenet veröffentlicht die täglichen Andachten, heute mit SEA-Generalsekretärin Viviane Krucker-Baud.
Auf Platz 2 hinter China
Jeder Vierte in Deutschland bezeichnet sich selbst als nicht-religiös oder atheistisch. Das geht aus einer Umfrage in acht Nationen hervor. Nur in China sind mehr Menschen nicht religiös.
Steigende Tendenz
Der jährliche Bericht über die religiösen Gemeinschaften Israels ergibt, dass die christliche Bevölkerung um zwei Prozent gewachsen ist. Somit macht ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung des Landes rund 1,9 Prozent aus.
Ganz ohne Angst
Locker und in jugendlicher Sprache erzählt Tabea Tacke in «Fearless – 24 mutige Vorbilder aus der Bibel» die Geschichten von zwölf Männern und zwölf Frauen aus dem Buch der Bücher.

Anzeige

Kommentar

Regula Lehmann: Empörung ist billig
Wir befinden uns inmitten der Fastenzeit vor Ostern. Livenet-Kolumnistin Regula Lehmann fastet...

Ratgeber

Zielbewusst und entspannt Gute Vorsätze für 2023
Die ruhigere Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr scheint dazu einzuladen, dass man sich überlegt...