Andreas Wahlen

«Unsere Kirchgemeinde wird als innovativ wahrgenommen»

In dieser Serie stellen wir Pfarrerinnen und Pfarrern von besonders lebendigen Kirchgemeinden Fragen zum Geheimnis ihres «Erfolgs». Den Beginn macht Pfarrer Andreas Wahlen aus Oberentfelden.

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An 11vor11 Gottesdiensten führt Pfarrer Andreas Wahlen häufig auch Taufen durch.
Livenet: Andreas Wahlen, weshalb gibt es in Ihrer Kirchgemeinde ein so intensives Gemeindeleben?
Pfr. Andreas Wahlen: Wir haben eine Kirchenpflege, die volles Vertrauen hat zu den Pfarrern und uns freie Hand lässt, auch mal zu experimentieren und Fehler zu machen. Die Pfarrwahlkommission suchte vor 11 Jahren explizit einen Pfarrer, der eine neue Gottesdienstform einführt.

Was macht den Unterschied Ihrer Gemeinde zu eher traditionellen Kirchgemeinden aus?
Die Gemeinde ist offen für alternative Gottesdienst-Modelle, auch ältere Gemeindeglieder kommen in moderne Gottesdienste. Ich denke, es war auch der richtige Moment (kairos), um etwas Neues zu bringen.

Welche Philosophie steckt hinter Ihrer Kirchgemeinde?
Da gibt es drei Hauptsäulen, auf die unser Kirchenleben aufgebaut ist. Diese sind im Leitbild festgehalten. Ich gebe einen kurzen Einblick:

  1. Worauf unsere Kirche gründet: Unsere Kirchgemeinde ist Glaubens-Gemeinschaft und schöpft aus der christlichen Tradition. Die Bibel ist die Basis für unseren Glauben, verschiedene Zugänge zur Bibel sind möglich. Damit verbunden ist die Toleranz. Das Gebet ist die Kraftquelle des geistlichen Lebens.
  2. Was wir erreichen wollen: Wir wollen die Sehnsucht nach Gott in Jesus Christus wecken und den Blick auf ihn schärfen. Mit einem gesunden Selbstverständnis wollen wir das 21. Jahrhundert wesentlich mitprägen, indem wir theologisch und diakonisch heilend und froh machend wirken. Dabei sollen die verschiedenen Strömungen gleichermassen zum Tragen kommen. Auch die ökumenische Zusammenarbeit ist uns wichtig. Menschen nach der Konfirmation, junge Familien wie ältere Menschen sind unsere besondere Zielgruppe. Mehr und aktivere Mitglieder sind unser Ziel.
  3. Welche Instrumente wir brauchen: In der Erwachsenenbildung bieten wir Glaubens- und Lebenskurse mit Referenten an. Dabei fördern wir besonders die Familien. Zu neuen Gottesdienstformen hinzu pflegen wir auch den Lobpreisgottesdienst. Wir fördern Jugendarbeit wie «churchteens» und Cevi.

Persönlicher und einfühlsamer Kontakt, Bedürfnisse wahrnehmen, das bedeutet Seelsorge an kirchennahen und kirchenferneren Menschen.

Wie motiviert Ihre Kirchgemeinde Leute zum aktiven Mitmachen und zur Übernahme von Verantwortung?
Das gelingt uns nicht immer, aber durch attraktive Angebote ist es auch einfacher, geeignete Leute zu finden.

Schildern Sie das Gottesdienst-Konzept in Ihrer Gemeinde.
Normalerweise haben wir einen traditionellen Gottesdienst. Acht Mal im Jahr feiern wir einen speziellen 11vor11-Gottesdienst (mit Band, Theater, Kinderprogramm, Multimedia, Mittagessen); 5x jährlich den Punkt10-Gottesdienst, der weniger Aufwand mit sich bringt als 11vor11. Die Musik wird von der Organistin am Piano gespielt, der Pfarrer begleitet mit der E-Gitarre. Dazu erhalten alle ein Liedblatt, und am Schluss gibt es einen Apéro. Drei bis vier Mal gibt es einen Familien-Gottesdienst sowie einen ökumenischen Gottesdienst.

Wie finden auch Anhänger traditioneller Angebote und Gottesdienste einen Platz in Ihrer Kirchgemeinde?
Die Mehrheit der Gottesdienste ist nach wie vor traditionell geprägt.

Werden Sie von Anhängern einer traditioneller Kirchgemeinde oder aus der Öffentlichkeit zuweilen in Frage gestellt? Wie reagieren Sie darauf?
Erstaunlicherweise nicht, im Gegenteil, unsere Kirchgemeinde wird als innovativ wahrgenommen und dies wird als positive Eigenschaft geschätzt.

Schildern Sie kurz ein persönliches Highlight in Ihrer Kirchgemeinde? Und begründen Sie, weshalb es ein Highlight war.
Im August 2013 durfte ich mein 10-Jähriges Jubiläum in unserer Kirchgemeinde feiern, da wurde mir ein Jubiläums-Gottesdienst gestaltet, die Kirchenpflege hat mein Wirken in der Zeitung und im Gottesdienst gewürdigt. Diese Wertschätzung hat mir sehr gut getan und motiviert mich zur Mitarbeit in unserer Kirchgemeinde.

Zur Person

Vorname, Name: Andreas Wahlen
Jahrgang: 1963
Pfarrer der Kirchgemeinde: Oberentfelden AG
Seit: 1.8.2003
Motto der Kirchgemeinde: siehe unser Leitbild (oben)
Webseite der Kirchgemeinde, E-mail für weitere Infos: www.ref-oe.ch, andreas.wahlen@ref-oe.ch

Zum Thema:
Dossier «Innovative Gemeinden»
Susanna Rychigers Berufung: Alles begann im Rollorama
Studie zeigt: «Fresh Expressions» gewinnt Menschen für den Glauben
Umzug in Mehrzweckhalle: Als Freikirche dort hingehen, wo die Menschen sind

Datum: 18.06.2014
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

Glaubensfragen & Lebenshilfe

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