Abgründe im Emmental

Warum ein Sekundarlehrer einen Krimi schrieb

Martin Güdel hat seinen ersten Krimi veröffentlicht. Er spielt in Burgdorf und Umgebung. Nebst Mord und Totschlag ist das Buch «Der Ständerat» eine hoffnungsvolle Geschichte. Sie behandelt mitunter die Frage, wie ein von Schuld geplagter Mensch sein Leben wieder auf die Reihe bringen kann.

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Martin Güdel: Lässt seinen Krimi in Burgdorf spielen.
Nach seinem 50. Geburtstag wollte Martin Güdel etwas Neues anpacken. Der Sekundarlehrer kam ins Grübeln. Ausserhalb des Schulzimmers ist er Worship-Leiter, Texter und Komponist diverser Mundartlieder – seine Gemeinde, die BewegungPlus in Burgdorf und damit das CLZ, ist dafür bekannt. Texte schreiben, das kann er und das liebt er, schliesslich hat er Deutsch, Französisch und Englisch studiert. Doch ein Buch schreiben, so wie es ihm sein Pastor und ein katholischer Geistlicher vorgeschlagen hatten? Warum nicht?! Doch welches Genre sollte er wählen? Ein Sachbuch über Lobpreis? Dazu fühlte sich Güdel nicht kompetent genug. Wenn schon, dann müssten es leicht satirische Texte sein im Sinne von: Erlebnisse eines verzweifelten Lobpreisleiters. Dann fragte ein Freund: «Warum schreibst du keinen Krimi?» Martin Güdel hatte Bedenken: Kann ich das? Darf man das als Christ?

Wyss, der Fahnder

Dass er es kann, hat er inzwischen bewiesen. Im Herbst 2018 erschien sein Erstling «Der Ständerat» – ein Krimi mit regionalem Kolorit. Bald ist die erste Auflage von 1500 Exemplaren ausverkauft. Der 52-Jährige kreierte als Erstes den Fahnder David Wyss. Der Protagonist wohnt in der Altstadt von Burgdorf, mag um die 35 Jahre alt sein. Von Anfang an wusste Autor Güdel, dass Wyss mit einer persönlichen Geschichte lebt, die ihn «plaget». Anschaulich beschreibt der Autor, wie er nach einem Ungemach suchte, das er ihm unterjubeln könnte: Erschoss er als Polizist versehentlich einen Menschen? Oder wurde er in einen Unfall verwickelt, der Tote forderte?

Wofür auch immer sich Güdel entschieden hat, er lässt den Leser mit dem Fahnder leiden, wenn dieser wieder aus seinen Albträumen aufschreckt und ihn Schuldgefühle martern. Ebenso lässt er die Sympathie zu Wyss erwachen, wenn er sich in manchen Gesprächen menschlich, fürsorglich, empathisch zeigt. «Manchmal hatte ich beim Schreiben selber Tränen in den Augen», gesteht der Autor.

Kontrast zum Alltag

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Buchcover «Der Ständerat»
Eigentlich traut man Martin Güdel, einem kommunikativen, aber dennoch irgendwie zurückhaltenden Ehemann und Familienvater, so viele Bösartigkeiten, Abgründe und Tote gar nicht zu. Wie ein Zauberlehrling komponiert er die verschiedenen Elemente: eine «saublöde Tussi», wie er sie nennt, ein machtgieriger Ständeratskandidat, ein reales Eishockey-Spiel zwischen dem SCB und dem EHC Kloten und ein undurchsichtiger Praktikant, der sich mit NS-Raubkunst abgibt. Ebenso hat manch ein Wegbegleiter Güdels seinen Platz in der Geschichte gefunden. Flückiger, einer der Toten – «ein armer Cheib», wie der Autor ihn bezeichnet –, versuchte, seinen Schuldenberg abzuzahlen. So einen Mann gibt es real, lebendig, nach einer Drogenkarriere gebeutelt von Schulden. Und natürlich die «Freikirche neben der Migros»; Martin Güdels geistliche Heimat ist tatsächlich in Burgdorf hinter der Migros in einem alten Fabrikgebäude zu Hause.

Das Dilemma mit Fahnder Wyss

Autor Güdel wollte einen Krimi schrieben, der dem Glauben dezent Raum lässt. Der die «Frommen» nicht idiotisch darstellt: «Meistens werden überzeugte Christen als Heuchler oder sonst irgendwie erbärmlich dargestellt. Das wollte ich vermeiden!» Ob der Fahnder David Wyss weitere Fälle löst, weiss Martin Güdel heute noch nicht. Er steht in einem Dilemma: Wenn Wyss’ Vergangenheit heil wird, müsste er sich fast zwangsläufig bekehren. Das würde das Konzept des Autors über den Haufen werfen, denn missionieren, das will er nicht.

Zum Buch:
Martin Güdel: Der Ständerat. Ein Burgdorfer  Kriminalroman. Weber Verlag, 2018.  ISBN 978-3-03818-194-1

Zum Thema:
Krimiautor und bekennender Christ: «Die Bibel ist spannender als jeder Krimi»
Radikal lesen: Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher
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Datum: 25.04.2019
Autor: Helena Gysin
Quelle: idea Spektrum

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