Für Japan beten

Wie tief geht das Umdenken?

Während die Reaktoren von Fukushima der Kontrolle entgleiten, erschwert Kälte das Überleben im japanischen Katastrophengebiet. Christen weltweit beten, dass es nicht zum Schlimmsten kommt.

Unvermittelt sind Gebete höchst aktuell, die Zuversicht in Zeiten grösster Not ausdrücken: «Gott ist uns Zuflucht und Schutz, eine Hilfe in Nöten, wohl bewährt. Darum fürchten wir uns nicht, wenn die Erde schwankt und die Berge wanken in der Tiefe des Meeres» (Die Bibel, Psalm 46). Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau hat die Vorlage für eine Andacht ins Netz gestellt.

Machtlos - verantwortlich

Wir sind machtlos gegenüber Naturgewalten wie Erdeben, Tsunami und Kälteeinbrüchen. Zugleich tragen wir die Verantwortung für die Risiken, die wir technisch selbst geschaffen haben. Weltweit haben sich Staaten auf die Kernenergie eingelassen, um die wirtschaftliche Entwicklung (bisher mit vermehrtem Energiehunger) zu fördern, Energie im Land zu produzieren und fossile Ressourcen zu schonen. Mit der Katastrophe von Fukushima droht dem Inselstaat Japan die schlimmstmögliche Folge ungenügender Sicherheitsvorkehrungen in Reaktoren, die in den technikgläubigen 1960er Jahren konzipiert wurden.

Japan war weit weg. 25 Jahre nach dem Reaktorbrand von Tschernobyl provoziert Fukushima im deutschen Sprachraum einen erneuten Zerfall der Gewöhnung an das Risiko der Technologie. «Wir fürchten uns, Gott», heisst es in der hessischen Vorlage. «Die Natur ist zum Feind geworden. Die Technik ist ausser Kontrolle geraten. Wir haben Angst.»

„Energiesicherheit“

Für manche ist bisher das Risiko von AKWs bei grösster Sorgfalt und umfangreichen Sicherheitssystemen weiterhin vertretbar – und einzugehen zugunsten der «Energiesicherheit». Wenn die Befürworter der Kernenergie in diesen Tagen mit dem Rücken zur Wand stehen, muss die andere Seite, die den raschen Ausstieg fordert, doch erläutern, wo der Strom künftig herkommen soll. Von Nachbarländern mit viel mehr AKWs? Von Sonnenkollektoren in Andalusien und gar der Sahara? Wenn es aus Klimaschutzgründen viel mehr Elektroautos geben soll, wer wird die Elektrizität bereitstellen?

Beten – und umdenken

Offenbar bleibt nur noch das Beten: Gott möge den verzweifelten Bemühungen, die radioaktiven Massen von Fukushima zu kühlen, Erfolg schenken. Angesichts der Katastrophe ist ein vertieftes Umdenken angebracht; die Technikgläubigkeit muss hinterfragt werden. Denn wie um ein Goldenes Kalb wird um die digitalen Errungenschaften ein Kult veranstaltet, hier wie in Ostasien. Megastädte haben einen unstillbaren Energiehunger.
Weist das Energie-Dilemma auf eine tiefere Problematik hin: dass wir uns mit der Technik, mit (unökologischem) wirtschaftlichem Wachstum und moderner mobiler Lebensweise in einem Netz verfangen, aus dem es mit menschlichen Mitteln kein Entrinnen gibt?


Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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