Wenn der Chef nicht über die Schulter schauen kann
Christian Jungo und Cornelia Steiner (Bild: porno-frei.ch / newleaders.ch)
Viele
leiden unter einem Corona-Frust und manche versuchen, diesen mit Pornografie zu
betäuben. Im Livenet-Talk sprechen Cornelia Steiner und Christian Jungo dieses Problem an und zeigen, wie man eine Abhängigkeit überwinden kann – und wie nicht.
«In Coronazeiten geht der Konsum von Sexseiten im
Internet durch die Decke.» Mit dieser Aussage vom Spiegel (21. Februar 2021)
startet Debora Alder-Gasser die Gesprächsrunde. Der Anstieg des Pornokonsums
seit Beginn der Pandemie ist Grund, im Livenet-Talk über die Thematik zu
sprechen.
Die Talkgäste
Cornelia Steiner, Leiterin vom ISTL (Standort
Berner Oberland), rief die Bewegung «Scham-los» ins Leben und engagiert sich in
die Beratung und Begleitung Jugendlicher im Bereich der Pornografie. Der zweite
Talkgast ist Christian Jungo. Er ist Pastor und Leiter von Escape und
investiert sich ebenfalls in die Beratung pornosüchtiger Personen.
Während Christian mit Männern zu tun hat,
begleitet Cornelia Frauen. Der Ansicht, dass Pornografie ein Jugend- oder Männerproblem
ist, widersprechen beide mit Überzeugung.
Pornografie: Ein Ventil für Corona-Frust?
Christian fasst den wachsenden Pornografiekonsum
in einen grösseren Zusammenhang. «Der Zugang zu Pornografie hat sich durch das
Internet stark verändert.» Im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen eine
Zeitschrift im Kiosk gekauft wurde, ist der Zugang durchs Internet anonymer
geworden. Durch die Coronazeit sind Leute jetzt mehr zu Hause und dadurch
zusätzlicher Versuchung ausgesetzt. «Der Chef schaut nicht über die Schulter
und beim Arbeiten kann jederzeit eine Pause eingelegt werden.» Männer erzählten
Christian, wie sie tagsüber Pornos konsumieren und dann bis weit in die Nacht
arbeiten müssen. «Sie können mit der Situation nicht umgehen.»
«Es hat sich ein grosser Frust aufgebaut», sagt
Cornelia. Von jungen Frauen höre sie oft, wie sie ihren Corona-Frust irgendwie loswerden
wollen. «So wurde Pornografie für viele zum Ventil.» Der Frust kommt dann aber
schnell zurück.
Negative Gefühle verdrängen
Mit der Sexualität können die stärksten
menschlichen Gefühle geweckt werden. Beim Pornokonsum gehe es meistens
eigentlich gar nicht um die Sexualität, sondern darum, negative Gefühle zu verdrängen.
«Bei Frauen stellt die Pornografie einen direkten Angriff auf ihre Würde dar»,
sagt Cornelia. Es sei wie ein Zückerchen, welches zuerst ein gutes Gefühl gibt,
sich letztlich aber negativ auswirkt. «Am Ende bleiben Hoffnungslosigkeit und
Frustration.» Werden diese negativen Gefühle erneut mit Pornografie verdrängt,
entsteht schnell eine Abhängigkeit. «Das Problem bei der Pornosucht ist, dass
man sie Menschen äusserlich nicht ansieht.»
Pornografie: Ein Angriff auf die Berufung
Jemand sagte einmal: «Der Teufel raubt den
Christen durch die Pornografie ihre Autorität, ihre Reinheit und ihre
Berufung.» Auch Christian glaubt, dass manche Christen aufgrund ihres
Pornokonsums nicht in ihre Berufung kommen. Cornelia bestätigt dies auch und weiss
aus Erfahrung, wie Christen schnell ihre geistliche Sehkraft verlieren. «Sie
werden blind für das, was Gott tun will.» Solche Christen leben im ständigem
Hinfallen und Aufstehen und nicht wenige geben irgendwann auf.
Christian berichtet aus eigener Erfahrung vom
verzweifelten Kampf gegen die Pornosucht. «Der beste Entscheid war dann, als
ich erkannte, dass ich es alleine nicht schaffte und entschied, Hilfe in
Anspruch zu nehmen.» Cornelia beobachtet oft, wie gerade junge Leute visions-
und perspektivenlos werden. Die Kraft zum Kampf schwindet dann zunehmend.
Es gibt Hoffnung!
Wenn man sieht, wie in der Schule pornografische
Inhalte auf Handys herumgereicht werden und welch destruktive Kraft diese
Bilder auf Jugendliche haben, kann dies schon entmutigen. Aber Cornelia und
Christian halten mit Nachdruck fest: «Es gibt Hoffnung!»
Christian schwärmt von einem pornofreien Leben.
Früher war er von Scham bestimmt, konnte kaum mehr in den Spiegel blicken. Um
nichts in der Welt würde er die gewonnene Freiheit wieder aufgeben wollen. Auch
Cornelia macht Hoffnung: «Das Leben nicht von der Sucht bestimmt, sondern in Freiheit zu
leben – es lohnt sich, dieses Ziel zu verfolgen.»
«Bei Jesus ist keine Situation verloren», sagt
Cornelia. So sehr Pornografie auch unsere Gemeinden unterwandert hat und manche
Schlacht verloren ging, ist das längst nicht das Ende der Geschichte: «Der
Kampf ist noch lange nicht verloren!» Cornelia freut sich, dass in ihrer
Gemeinde Möglichkeiten geschaffen wurden, um ohne Scham über Probleme mit
Pornografie zu sprechen.
«30 Tage pornofrei»
Durch
die niederschwellige Kampagne «30 Tage pornofrei» sollen Menschen einfach Hilfe
empfangen können. «Erst wenn wir uns entscheiden, nicht mehr zu konsumieren,
merken wir, wie heftig ein Ausstieg ist», sagt Christian dazu. Selbst Menschen,
die es nicht schaffen, 30 Tage pornofrei zu sein, können dadurch die
Ernsthaftigkeit ihres Problems erkennen und Hilfe suchen. Weitere Infos zur
Kampagne unter www.porno-frei.ch.
Sehen Sie sich hier den ganzen Livenet-Talk zum Thema Pornografie an: