Diskussion über Religionsfreiheit und die verfolgte Kirche in Afrika
Erstmals wurde heute Freitag am World Economic Forum WEF in Davos die
bedrängte und verfolgte Kirche in Afrika thematisiert. Bei rund 260 Millionen
Direktbetroffenen werden auch Wirtschaft und Gesellschaft tiefgreifend
geschädigt.
Christenverfolgung ein Thema am WEF
Im Zentrum des Gesprächs stand die auf der Kippe stehende Sub-Sahara-Region. «Unternehmen und Wirtschaftsführer
spielen eine wichtige Rolle, um den sozialen Zusammenhalt zu fördern, zu
friedensfördernden Massnahmen beizutragen und ein Umfeld zu schaffen, das die
Christen vor den zunehmenden islamistischen Angriffen in Westafrika schützt»,
sagte Wissam al-Saliby, Advocacy Officer, World Evangelical Alliance (WEA) und
Moderator des Panels. Unter dem Titel «Mehr Unsicherheit in West-Afrika:
Auswirkungen auf die sozialen, religiösen und wirtschaftlichen Verhältnisse»
wurde im «Tradeshift-Sanctuary», der fürs WEF umgebauten Kirche diskutiert.
«Die Angriffe haben deutlich zugenommen»
Viele islamistische Angriffe finden statt, insbesondere in
Burkina Faso, Nigeria, Niger und Mali, aber auch in anderen Ländern der
Subsahara-Region. Von mehreren hundert, die sich vor etwa zehn Jahren ereigneten,
wurden 3'500 im Jahr 2019 registriert. «Die Angriffe haben deutlich zugenommen»,
erklärt Illia Djadi, Journalist und Analytiker für Religionsfreiheit in
Westafrika.
«Der sozio-ökonomische Impact ist riesig. Diese Länder
gehören zu den ärmsten der Welt. Mehr als 2'000 Schulen mussten in Burkina Faso
schliessen, über 300'000 Kinder sind ohne Bildung.» In Mali und Niger ist der
Effekt ähnlich. «Ethnische und religiöse Gruppen, die früher friedlich
zusammenlebten, werden gegeneinander aufgerieben. Moderate Muslime sind
ebenfalls wie Christen zu Zielen geworden.»
Aufwiegelung
destabilisiert Nigeria
Pastor Gideon Para-Malla, Förderer von Frieden und
Versöhnung aus Jos, Zentralnigeria und Gründer der «Para-Mallam
Friedensstiftung» meint: «Investment-Möglichkeiten sind gross in Nigeria. Wir
sind rund 200 Millionen Menschen.» Christen und Muslime lebten als gute
Nachbarn. Aber durch die Aufwiegelung seien viele Christen umgebracht worden
und muslimische Fulani-Milizen würden Schutzgelder erpressen. Wachsende
Unsicherheit erfolgt durch Boko Haram sowie den IS, was die Wirtschaft
destabilisiert.
Para-Malla erklärt, dass die Straffreiheit für die Täter
verheerend ist. «Die Friedensbildung ist nötig, die Jugend ist gefährdet, weil
sie beginnen will, sich zu wehren und Rache zu üben.» Wichtig ist, dass die
Weltgemeinschaft dem Land beisteht und die Regierung die Täter zur Rechenschaft
zieht. «Seit Jahren geschehen täglich Morde, Vergewaltigungen und Entführungen.
Die Regierung muss mehr tun. Dazu braucht es diplomatischen Einfluss. Die
internationale Gemeinschaft muss mehr Interesse zeigen.»
Burkina
Faso neu auf dem Weltverfolgungsindex
Früher war Burkina Faso bekannt für ein friedliches
Miteinander der Religionen. Mit dem Aufkommen militanter muslimischer Gruppen,
die von Mali aus eindrangen, gibt es inzwischen No-Go-Areas für Europäer.
«Kirchen wurden niedergebrannt, Pastoren und Gottesdienstbesucher wurden
umgebracht», bilanziert Illia Djadi. «Die Menschen werden getötet wegen ihres
Glaubens.» Die Instabilität wächst. Erstmals findet sich Burkina Faso auf dem
Weltverfolgungsindex von Open Doors, auf Position 28.
Wird die Entwicklung des Landes jetzt nicht gestützt,
übernehmen die wirtschaftlich potenten Islamisten-Gruppen und drohen, die
gesamte Sub-Sahara-Region zu destabilisieren. «Die Lage ist düster. Deshalb
sind wir hier», hält Wissam al-Saliby fest.
Thema
nun womöglich alljährlich am WEF
Philippe Fonjallaz
Hinter dem Panel in Davos stand neben der WEA deren Schweizer Zweig, die
Schweizerische Evangelische Allianz (SEA-RES). Philippe Fonjallaz,
Vize-Präsident der SEA-RES-Arbeitsgemeinschaft Religionsfreiheit (AGR) und Direktor
von «Open Doors» Schweiz, bilanziert: «Es geht nicht einzig um die Christen,
sondern um eine Krise, die einen Einfluss auf die ganze Gesellschaft in diesen
Ländern hat. Ebenso wird die Politik destabilisiert – was auch Folgen für die
Wirtschaft und Sicherheit in Europa haben kann.»
SEA-RES-Generalsekretär Marc Jost war beindruckt
von den bewegenden Berichten aus Afrika und der Möglichkeit das wichtige
Anliegen in Davos zu präsentieren: «Wir sind gewillt, die AGR darin zu
unterstützen, dass die Religionsfreiheit künftig alljährlich am WEF aufgenommen
und zur Sprache gebracht werden kann.»