Wenn man mit Menschen in der Stadt über den Glauben reden will, ist das oft gar nicht einfach. Die Menschen sind abgelenkt und haben viel zu tun. Ein Evangelist in Südamerika liess sich hierfür etwas Besonderes einfallen.
Wenn es darum geht, jedes Haus zu erreichen (Every Home for Christ), hat man eine bestimmte Vorstellung von «Haus». Wir stellen uns vier Wände, ein Dach, Fenster und eine Eingangstür vor. Die Materialien des Hauses sind unterschiedlich – Backsteine, Stroh, Holz, Lehm, Stein, Putz –, aber das allgemeine Bild bleibt das Gleiche. In gewissen städtischen Gebieten sieht es jedoch etwas anders aus.
Nehmen wir die Stadt Villavicencio in Kolumbien, ein Gebiet mit extremer Klassentrennung. Die Reichen leben in Penthouse-Wohnungen in Hochhäusern, während die armen Familien auf der Gasse in improvisierten Hütten aus Metallstücken wohnen, die an verfallenen Gebäuden abgestützt werden. Um diese «Häuser» mit dem Evangelium zu erreichen, braucht es Kreativität, Innovation, harte Arbeit und – vor allem – Gebet. Das sind die Werkzeuge, die Jaime Castañeda, der nationale Direktor von EHC Kolumbien, anwendet, wenn er dorthin geht.
Die «Heilige» Woche wird heilig
«Evangelisation in städtischen Gebieten ist einfacher, weil Menschen offener sind», sagt Jaime. «Die Situation in den Städten ist anders als auf dem Land. Es gibt mehr Offenheit, aber die Menschen wissen auch weniger vom Glauben.» Jaime wollte, dass Menschen Jesus kennenlernen, aber er wollte auch, dass sie die Folgen von Sünde kennen. Deshalb begann er während der Karwoche Menschen eine Frage zu stellen, die Aufmerksamkeit erregte. «In dieser Zeit sind die Menschen empfänglicher für die Stimme Gottes», erklärt er.
Die Woche vor Ostern ist für Kolumbianer das wichtigste Fest des Jahres. Montag, Donnerstag und Freitag sind Feiertage, und es gibt Festivals, Paraden, Umzüge und Feierlichkeiten in jedem Haus und in jeder Strasse. Mit diesem Hintergrund gingen Jaime und das EHC-Team zu den ärmeren Leuten in der Stadt. «Wir konfrontierten die Leute mit der Frage: 'Weisst du, wer Jesus getötet hat?'», erzählt Jaime. «Sie sagten sofort: 'Nein, ich weiss das nicht. Kannst du es mir sagen?' Und als sie hörten, dass sie zum Tod Jesu beigetragen haben, waren sie erstaunt.»
Die Menschen begannen zu realisieren, was ihre eigenen Sünden für eine Folge haben. Als sie die Geschichte hörten, waren sie berührt. Einige gaben mit Tränen in den Augen zu: «Ich war einer derjenigen, die Jesus getötet haben. Ich hatte damit zu tun, dass er misshandelt und geschlagen wurde. Meine Sünden durchbohrten seine Hände mit Nägeln.» In diesem Augenblick wurde die «Heilige Woche», wie die Karwoche auf Englisch genannt wird, wirklich heilig. Es war nicht mehr nur ein religiöses Fest. Leben wurden verändert, als einer nach dem anderen erkannte, was das Evangelium bedeutete: «Meine Sünden töteten Jesus, aber Sein Blut macht mich frei.» Diese Frage begann etwas zu bewegen.
Offene Ohren und Herzen
Menschen liessen alles liegen, was sie gerade taten, und kamen, um die Botschaft der Missionare zu hören.
Normalerweise sind städtische Gebiete ein schwieriger Ort zum Evangelisieren. Es ist laut, die Strassen sind überfüllt und die Menschen sind abgelenkt. Das EHC-Team nutzte diese Energie, um ihre Botschaft unter die Leute zu bringen. Ein Pioniermissionar, Carlos Eduardo, erzählte seine Geschichte im Quartier Ceiba, im östlichen Teil der Stadt. Zuerst war es schwierig, die Aufmerksamkeit der Leute zu bekommen und jemanden dazu zu bringen, zuzuhören, aber als Carlos Eduardo zu fragen begann: «Wer hat Jesus getötet?», wollte jeder mehr darüber wissen.
Es folgten Fragen, was es bedeutet, Christ zu sein und Christus nachzufolgen. Menschen gaben Jesus ihr Leben – mitten auf der Strasse. Solche Gespräche waren keine Einzelheit in der Karwoche. Aus dem, was auf einer lärmigen Strasse in Kolumbien geschah, entstanden sechs verschiedene Kleingruppen im Distrikt. Ein Team von EHC-Mitarbeitern arbeitet auch mit einer lokalen Gemeinde daran, die industriellen Gebiete der Stadt zu erreichen. Viele der dort lebenden Menschen sind sehr arm, und das Rote Kreuz nennt diese Teile Kolumbiens «die Ärmsten der Ärmsten». Das bedeutet, dass sogar im Vergleich zu trostlosen Gebieten in Entwicklungsländern die Lebensbedingungen in den Industriegebieten Kolumbiens schrecklich sind. Dies rührt daher, dass viele Menschen in diesen Gebieten nicht nur Opfer von Armut sind, sondern auch von organisierten Verbrechergruppen missbraucht werden.
Hoffnung für die Ärmsten der Ärmsten
Die Pioniermissionare hörten Geschichten von Menschen, die vergewaltigt, versklavt und gegen ihren Willen mit starken Drogen betäubt wurden. Sie leiden unter schweren Süchten und vielerlei Schmerzen. Diese Menschen wurden gefragt: «Weisst du, wer Jesus getötet hat?» Die befragten Menschen warteten skeptisch auf die Antwort. Die Evangelisten erklärten, dass es nicht nur unsere Sünden waren, die Jesus töteten, sondern auch die Sünden derjenigen, die diese Menschen misshandelt hatten. «Das war nicht Gottes Plan», sagten sie. «Es war nicht so gedacht, dass du misshandelt und unterdrückt wirst. Gott liebt dich, du bist ihm wichtig und er will, dass du von deinen Schmerzen erlöst wirst» Als die Menschen dies hörten, weinten sie und dankten Gott für seine Gnade. Sie fanden im Evangelium Hoffnung.
Für Jaime ist es die Arbeit wert. «Wenn wir sehen, dass jemand Jesus als seinen Erlöser annimmt, spüren wir, dass Gott bei uns ist. Die Arbeit lohnt sich wegen der Tränen in den Augen derer, die Jesus annehmen, und weil sie lachen und ihr Gesicht froh wird. Es macht mich so dankbar, dass ich ein Teil von dem sein darf, was Gott in diesem Land tut!»