Der Tyrann, die Bombe und das Gebet

800 Beter gehen im deutschen Sprachraum für Nordkorea auf die Knie. Rund um die Uhr. Denn Diktator Kim Jong Il, «der liebe Führer», ist der grösste Feind seines Volkes. Er hat sein Hungerreich zur Atommacht ausgerufen und Christen werden systematisch in Arbeitslager deportiert.

Mit Kim Jong Il ist nicht gut Kirschen essen. Und Sahnetorte auch nicht. Und auch sonst kein erdenkliches Essen. Bei seinem Vorgänger und Vater Kim Il Sung war das nicht besser. Denn mit ihm begann der Niedergang des Landes. Vorher aber nannte man die Hauptstadt Pjöngjang wegen seiner vielen Kirchen das «Jerusalem des Ostens». Unter Kim Il Sung verschwanden 2300 christliche Gemeinden mit 300'000 Gläubigen. Tod und barbarische Lagerhaft zogen ein. Aus Nordkorea wurde ein Land, das nicht von dieser Welt zu sein scheint.

Der Diktator forderte von nun an die göttliche Verehrung für sich selbst. Das Gleiche macht heute sein Sohn. Alles erinnert an einen selbstherrlichen Nebukadnezar aus babylonischen Zeiten. Unter seiner Herrschaft wurde aus dem stalinistischen Regime sogar eine Atommacht. Zugleich ist Nordkorea das verschlossenste Land der Welt. Zum Schutz gegen «westliche Spione» ist es sogar am Meer von einem hohen Zaun umgeben.

Drei Jahre Gebet für Nordkorea

Nordkorea ist das Land mit der heftigsten Christenverfolgung. Darum führt «Open Doors» von Januar 2005 bis Dezember 2007 eine Gebetsaktion durch. «Weltweit wird rund um die Uhr gebetet. Im deutschen Sprachraum läuft ein separates 24-Stunden-Gebet», sagt ein Mitarbeiter von Open Doors (aus Sicherheitsgründen kann der Name nicht genannt werden). «Wir beten für eine Öffnung, für eine Änderung.» 800 Personen beteiligen sich mittlerweile daran. Das sei erfreulich. Ideal wären jedoch 1008 oder mehr. Denn die Woche ist in 1008 Abschnitte von je zehn Minuten aufgeteilt.

Bereits in den 80er Jahren wurde eine ähnliche Aktion durchgeführt. «Damals wurde für die kommunistischen Länder gebetet. Nach diesen sieben Jahren fiel der Kommunismus, und die betreffenden Länder öffneten sich», sagt der Mitarbeiter. «Ich bin überzeugt, dass Gott mit Gebet alles ändern kann.» Beweisen könne man das natürlich nicht, dass die Menschen hinter dem Eisernen Vorhang auf diese Weise freier wurden, räumt er ein. Aber «ich glaube, dass das Gebet, das von Herzen kommt, erhört wird. Und dass die Öffnung sicher damit zusammenhängt.»

Kleiner Mann – ganz gross

Unter dem «Grossen Führer» Kim Il Sung und dem «Lieben Führer» Kim Jong Il sind rund drei Millionen Menschen verhungert. In dieser Zeit zettel(te)n die beiden eine internationale Krise um die andere an und gaben Abermillionen für überlebensgrosse Denkmäler ihrer selbst aus. Ja, in der schlimmsten Not seines Volkes bestellte sich der «Liebe Führer» für 20 Millionen US-Dollar 200 S-Klasse-Mercedes. Er wird sie wohl kaum weiterverkauft haben, denn in seinem Land braucht es ein Gesuch, wenn man jemanden im Nachbardorf besuchen will. Damit seine Statur ein wenig mehr imponiert, trägt der 1,60 Meter kleine Herrscher Plateau-Schuhe und eine spezielle Föhnfrisur.

Krieg und Kontrolle

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Korea besetzt – im Norden von den Russen, im Süden von den Amerikanern – und 1948 im Norden die «Demokratische Volksrepublik Korea» ausgerufen. Kim Il Sung wurde Ministerpräsident, dann auch Oberbefehlshaber der Armee. Sein Versuch, ganz Korea einzunehmen, scheiterte an den USA. 1953 schloss man in Panmunjom einen Waffenstillstand. Es galten damit im wesentlichen dieselben Grenzen wie vor dem fürchterlichen Krieg.

Die Sowjets halfen beim Aufbau eines kommunistischen Musterlandes. Mit ihrer Unterstützung führte der Kim-Krieger ein perfektes Kontrollsystem ein und verbot die bis 1948 schnell wachsende Kirche als eine «westliche Gefahr». Die beiden Vorzeigekirchen in der Hauptstadt stehen unter strenger staatlicher Aufsicht. Ob in ihnen überhaupt Gottesdienste durchgeführt werden, ist fraglich.

«Erhabene Sonne» oder Irrlicht?

Der General erfindet seine eigene Religion: Juche, sprich «Ju-tsche». Der höchste Turm der Hauptstadt Pjöngjang ist in der Form einer riesigen Fackel gebaut und symbolisiert das «Feuer der Revolution», das diese Ideologie auf der ganzen Welt entzünden soll, vor allem natürlich in Nordkorea. Sie zielt auf eine „Vervollkommnung“ des Menschen hin. Er sei der „Herr der Gesellschaft“ und entscheidet alles. Was genau das ist, hat die «Erhabene Sonne» Kim Il Sung zusammen mit einigen treuen Gestirnen festgelegt. Neben ihm – General, Ministerpräsident, Führer und Gott in Personalunion – hat nicht viel anderes Platz

Nach der Befreiung unter dem «Grossen Führer» Kim Il Sung wurde Nordkorea zu «einem Paradies, in dem alle Menschen ein freies und glückliches Leben führen. Deshalb ist ihm das ganze Volk überaus dankbar, dass durch seine unermessliche Weisheit und die seines Sohnes alle Bewohner immer Nahrungsmittel, Kleider, Arbeit und Wohnraum bei kostenloser Schulausbildung und medizinischer Versorgung haben ...» Nicht weniger behauptet die Staatspropaganda.

Die unheilige Dreieinigkeit

Überdimensionale Standbilder dieses Menschen sind im ganzen Land anzutreffen. Sie sehen aus wie riesige Heiligenstatuen – kein Wunder; sie sind es auch. Kim Il Sung ist gottgleich und ewig über allem. Seinen Sohn Kim Jong Il hat er eingesetzt als erwählten Retter. Die Juche-Philosophie ist das geistige Band zum Volk: die heilige Dreifaltigkeit auf nordkoreanisch.

Die Winter in diesem Land sind bitterkalt. Auf die simple Frage, wie die Menschen da in baufälligen Häusern, teilweise ohne Strom, durchkommen, erhält man laut Open Doors die völlig ernst gemeinte Antwort: «Mit Hilfe der grenzenlosen Klugheit unseres Führers, Genosse Kim Jong Il.» Wer nicht erfriert, überlebt tatsächlich. Wenn das grenzenlos kluge Männlein in einem seiner klimatisierten Mercedes sich nur ein wenig besser um sein Hungerreich kümmern würden, könnten dem in jedem Frühjahr ein paar Menschen mehr zustimmen.

Ein moderner Sklavenstaat

22 Millionen Einwohnern hat dieses extrem verarmte Land. Rund 200.000 von ihnen stecken in den etwa 25 Arbeitslagern, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen oft bis zum Tod arbeiten müssen. Der «liebe, grenzenlos kluge Führer» weiss auch, warum: Man schätzt, dass von diesem Bruchteil der Bevölkerung – einem 110tel, um genau zu sein – bis zu 40 Prozent des gesamten Bruttosozialprodukts erwirtschaftet werden. Um in einem solchen Lager zu landen, muss man kein Schwerverbrecher sein. Es reicht, wenn entdeckt wird, dass man Christ ist, weil man sich zum Beispiel nicht vor einer Kim-Statue verbeugt. Ein Kapitalverbrechen, das unter anderem mit Lagerhaft bestraft wird.


In der Gebetskampagne ...

... wird im deutschsprachigen Raum 24 Stunden für die Christen in Nordkorea gebetet.
... wird gebetet, dass Gott das unmenschliche Regime von Kim Jong Il zu einem Ende bringt.
... setzen sich die Beter für die vielen Christen ein, die im Untergrund leben müssen.
... wird für die Gefangenen in den über 20 Arbeitslagern eingestanden, unter ihnen viele Christen.
... wird für die Flüchtlinge gebetet, die meist über die chinesische Grenze fliehen und dort oft mit Christen in Berührung kommen.

Weiterführende Links
Homepage von Open Doors in der Schweiz:
www.portesouvertes.ch/de/

Homepage von Open Doors Deutschland mit Nordkorea Aktion:
www.opendoors-de.org/de/index.php?left=leftframe05.html&main=actionsprayer-nk.php

Die Gebetszeiten für Nordkorea einsehen:
http://sb.opendoors-de.org/3ypnk/

Quellen: Open Doors, Livenet

Datum: 30.06.2005
Autor: Daniel Gerber

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