Michels Beitrag für Frieden im Heiligen Land

Michel Katimi wurde durch die Luft geschleudert. Eine Rakete war in sein Haus nahe Bethlehem eingeschlagen. Er selbst blieb unverletzt. Und er hat den Schützen vergeben. Am Geburtsort von Jesus wurde Weihnachten konkret.

Das Haus war kaputt, als im März 2002 die Rakete einschlug. Fast ein Jahr verbrachten Michel, seine Eltern und seine Schwester dann provisorisch in einem Mietshaus. Doch wütend sei er nicht, erzählt er im Livenet-Interview. Es wäre zwar ein Leichtes, an einer Bitterkeit festzuhalten. Aber aufgrund seines Glaubens tue er das nicht. Der prominenteste Sohn der Stadt, Jesus Christus, gebe ihm innere Ruhe und Frieden und nehme ihm den Zorn auf den Raketenschützen.

Michel Katimi sieht in Jesus gar die Lösung für den Nahostkonflikt. Mit der Versöhnungsbewegung «Musalaha» engagiert er sich für ein Miteinander von christlichen Palästinensern und messianischen Juden. Lesen Sie den zweiten Teil des Interviews mit Michel Katimi.

Livenet.ch: Michel Katimi, Sie sagen, Sie hätten keinen Groll auf den Raketenschützen und begründen das mit Ihrem Glauben an Jesus Christus. Wie sind Sie zu diesem Glauben gekommen?
Michel Katimi: Ich hatte an der Universität von Bethlehem mit dem Studium der Betriebswirtschaft begonnen. Aber das lief nicht gut. Ich kam nur langsam vorwärts, weil ich daneben noch arbeitete, um die Familie zu unterstützen. Darum verpasste ich sehr viel Unterricht. Nach zwei Jahren hab ich dann die Uni aufgegeben und im «Intercontinental Hotel» in Bethlehem gearbeitet. Der Umgang mit den Touristen und Fremden gefiel mir sehr. Das war im Jahr 2000, als der Tourismus noch wie geschmiert lief.

Dann begann die Intifada. Die Touristen blieben aus, und wir mussten schliessen. Da stand ich ohne Arbeit und ohne Abschluss da. Darum wollte ich mich im Bethlehem Bible College einschreiben, im Studiengang für Touristenführer. Voraussetzung dafür war aber ein Bibel-Studien-Diplom, damit man den Touristen die biblischen Orte besser erklären kann.

Während dieses Studiums lernte ich Jesus Christus als meinen Retter kennen, und zwar übers Lesen der Bibel, über christliche Bücher und durch die gute Arbeit der Lehrer. Dann aber wurde dieser Studiengang gestrichen, weil es nicht so aussah, als würde sich an der politischen Situation viel ändern. Also studierte ich am College weiter und machte einen theologischen Abschluss.

Was erhoffen Sie sich für die Zukunft?
Nach dem Bethlehem Bible College will ich mein Studium in Buchhaltung und Betriebswirtschaft an der Universität Bethlehem beenden und meine beiden Abschlüsse dann auch zum Besten der Gemeinde einsetzen.

Konkrete Zeichen der Hoffnung gibt es hier nur wenige. Die Zahl der Christen geht weiter zurück. Irgendwie sitzen wir mitten im Konflikt fest. Jeder will gehen und woanders nach einer besseren Zukunft suchen. Die einzige Hoffnung in diesem Land ist Jesus Christus. Das hält mich hier. Lasst uns für diesen heiligen Flecken Erde um Frieden beten.

Sehen Sie Resultate der Versöhnungsarbeit von «Musalaha»*?
Musalaha gibt sein Bestes, um die Christusgläubigen auf beiden Seiten zu erreichen, Israelis wie Palästinenser. Aber wir stossen damit an Grenzen. Zum Beispiel müssen wir in ein Drittland gehen, wenn wir uns treffen wollen. Denn Palästinenser dürfen nicht mehr nach Israel und Israeli dürfen nicht in palästinensische Städte. Solche Reisen in ein anderes Land sind aber kostspielig.

Trotzdem gibt es Menschen, die zusammenkommen und von diesen Treffen dann tief berührt sind. Man stelle sich vor: Angehörige von zwei verfeindeten Nationen können plötzlich zusammensitzen, im gleichen Raum schlafen, gemeinsam essen und Sachen unternehmen. Und das einzig und allein, weil Jesus Christus Frieden in unsere Herzen gelegt hat. Das korrigiert dann auch das verschwommene und schräge Bild, das beide Seiten voneinander haben.

* «Musalaha» ist arabisch und bedeutet «Versöhnung».

Beschreiben Sie die Vision von Musalah näher. Wäre das auch etwas für eine politische Partei?
Ein Musalaha-Trip in die Wüste oder sonstwohin, das ist ein Erlebnis, das man nie mehr vergisst. Man teilt es mit Freunden, der Familie und jeden, den man kennt. Juden und Palästinenser sind Nachbarn und sollten darum miteinander reden. Sie sollten in Frieden eine Gesellschaft aufbauen, wirklich zusammen leben und einander achten lernen.

Ich glaube, junge Menschen können und müssen lernen, friedlich miteinander umzugehen. Musalaha ist ein grossartiger Weg für beide, Palästinenser und Israeli. Man lernt den anderen viel besser kennen. Wenn wir diese Idee weiterverbreiten, werden die Leute einander auch mit weniger Vorurteilen begegnen. Das bringt eine Versöhnung in unsere Gesellschaft. Wer weiss, vielleicht greift auch eine politische Partei diese Idee auf, so dass noch mehr Menschen erreicht werden und im Heiligen Land Frieden einkehrt.

Lesen Sie auch den zweiten Teil dieses Gesprächs:
Raketen für Bethlehem, Vergebung für die Schützen

Weiterführende Links:
Musalaha
Bethlehem Bible College
Livenet-Dossier Bethlehem

Datum: 25.12.2006
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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