Iran und die Religionsfreiheit

Bahai und Christen auch unter Rohani unterdrückt

Noch hat sich die Entspannung zwischen Iran und dem Westen in der Atomfrage nicht auf die Religionsfreiheit im Land ausgewirkt. Offenbar spielen die Gegenspieler Rohanis hier eine negative Rolle.

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Das christliche St. Thaddeus-Kloster im Iran
In Genf kommen die Verhandlungen über Eindämmung und Kontrolle von Irans Atomambitionen gut voran. Eine Vereinbarung zwischen Islamischer Republik und der internationalen Gemeinschaft ist in ihren Grundzügen festgeschrieben. Die ersten Kontrolleure sind nach Teheran abgereist, westliche Luftlinien bereiten die Wiederaufnahme ihrer Direktflüge ins Land der Ayatollahs vor. Bald sollen auch die ersten blockierten Auslandskonten der Iraner freigegeben werden.

Die seit 1979 vom schiitischen Klerus regierte und drangsalierte Bevölkerung kann jetzt auf wirtschaftliche Erleichterungen hoffen. Vor allem Lebensmittel sind knapp und teuer geworden. Iran vermag sich nur zu einem Teil selbst damit abdecken. Mit Blockade der Erdöleinnahmen wegen gefährlich undurchsichtiger Urananreicherung in seinen Atomschmieden konnte sich Teheran kaum noch mit ausländischen Produkten versorgen.

Iranerinnen und Iraner bekommen also wieder zu essen. Ihrem Drang nach mehr Freiheit hat aber auch der neue Präsident Rohani noch nicht entsprochen. Im Gegenteil: Es gab in der Islamischen Republik noch nie so viele Hinrichtungen wie seit seinem Amtsantritt im Sommer 2013. Davon sollen zwar «nur» Drogendealer betroffen sein. Die in Iran seit der Machtergreifung von Ayatollah Khomeini vor 35 Jahren üblichen Geheimprozesse vor Revolutionsgerichten machen es aber so gut wie unmöglich, zu überprüfen, wer weswegen an den Galgen kommt.

Auch in Sachen Religionsfreiheit hat sich noch nichts zum Besseren gewendet. Zwar gratuliert Rohani erstmals den Juden zu ihren Feiertagen, sogar nach Israel. Jüdische Iraner tun aber weiter gut daran, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten. Die Willkür von Pasdaran-Revolutionsgarden und «Sittenpolizei» gegen Andersgläubige hat sogar zugenommen. Das darf zwar nicht direkt dem aussenpolitischen Westannäherer Rohani angekreidet werden. Im Gegenteil sind es seine inneren Gegner vom Pasdaran, die ihm durch vermehrte Schikanen und Übergriffe gegen nicht ordnungsgemäss verschleierte Frauen, Jesus-Prediger und Abendmahlswein Schwierigkeiten machen. Dabei spekulieren sie auf negative internationale Reaktionen. Besonders arm sind wieder einmal die Bahai daran. Sie müssen in erster Linie als Sündenböcke des Machtkampfs in Teheran herhalten.

Daher stellt sich ernsthaft die Frage: Die iranische Atomrüstung scheint wirksam abgebremst zu sein. Doch wer kontrolliert die Religionsfreiheit im Reich der schiitischen Ayatollahs?

Zum Thema:
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Datum: 20.01.2014
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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