Islamisten erobern letzte christliche Orte im Nordirak
Die Terrormiliz «Islamischer Staat» hat in der Nacht auf Donnerstag, 7. August, die christliche Stadt Bakhdida südöstlich von Mossul eingenommen und Tausende Christen in die Flucht getrieben. In der Ebene von Ninive hat es jetzt keine Christen mehr.
Iraker fliehen von der drohenden Gefahr von ISIS
Der Weltrat der Aramäer teilte an seinem Sitz im schwedischen Södertälje mit, mehr als 40'000 Familien mit insgesamt rund 200'000 Personen flöhen aus der Region. «Die Ebene von Ninive ist jetzt entvölkert von den angestammten Christen», hiess es in einer Erklärung.
Wie «Fraternité en Irak» unter Berufung auf die Kirchenleitung in Bakhdida weiter berichtete, teilte der Kommandant der kurdischen Streitkräfte kurz vor Mitternacht mit, dass die Schutztruppen aus der Stadt abgezogen würden. Die Einheiten mussten demnach nach Norden zurückweichen, weil sie dem Druck der islamistischen Miliz nicht standhalten konnten.
Ebenso verliessen die kurdischen Truppen den Angaben zufolge die meisten anderen Stützpunkte in der Ebene von Ninive, darunter Karamlish, Bartalla, Ba'ashika, Tel Kaif, Al Qosh, Tel Eskof und Batnaya.
Zu Fuss bei über 50 Grad
Der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako erneuerte nach Angaben der französischen christlichen Organisation «Fraternité en Irak» seinen Hilferuf an die internationale Gemeinschaft.
Die Menschen seien teils zu Fuss in die Kurdengebiete bei Dohuk und Erbil unterwegs, nachdem sie ihre Fahrzeuge an Kontrollpunkten hätten zurücklassen müssen. Unter den Fliehenden seien Alte, schwangere Frauen und Kinder, sagte Sako am Donnerstagmorgen in einem Telefonat mit «Fraternité en Irak» in Paris. Tagsüber würden Temperaturen um 55 Grad erwartet.
Abwanderung seit 2003
Die etwa 30 Kilometer südöstlich von Mossul gelegene Stadt Bakhdida, nach ihrem türkischen Namen auch Qaraqosh genannt, zählte zuletzt rund 50'000 Einwohner, fast ausschliesslich Christen. Sie gehörten hauptsächlich der syrisch-katholischen und der syrisch-orthodoxen Kirche an.
Die Präsenz von Christen in der Region um die antiken Stätten Nimrud und Ninive reicht in die ersten Jahrhunderte zurück. Nach der US-Invasion im Irak 2003 hatten zunehmende religiöse Spannungen bereits zahlreiche christliche Familien zur Abwanderung bewegt.