Neues Gesetz in Russland: Keine Evangelisation ausserhalb der Kirche
Wenn die geplanten neuen «Überwachungs- und Antiterror-Gesetze» in Russland in Kraft treten sollten, würden sie tiefgreifende Einschränkungen christlicher Arbeit mit sich bringen. Die evangelische Minderheit in Russland betet und fastet derzeit, dass Präsident Putin das Gesetz nicht unterzeichnet.
Staatsduma-Gebäude in Moskau
Um ihren Glauben weiterzugeben, müssten Christen eine Erlaubnis über eine registrierte religiöse Organisation beantragen; sie könnten nirgends ausserhalb Kirchen und religiösen Gebäuden evangelisieren – selbst nicht in Privathäusern oder online.
«Die meisten Evangelischen haben ihre Bedenken ausgedrückt», sagt Sergey Rakhuba, Präsident von Mission Eurasia und früherer Gemeindegründer in Moskau gegenüber «Christianity Today».
«Wir rufen die weltweite christliche Gemeinschaft auf, zu beten, dass Putin eingreift und Gott in diesem Prozess ein Wunder tut.»
Einstimmig durchgewinkt
Nach einer Welle von russischer nationalistischer Propaganda gingen die Gesetze fast einstimmig durch die Duma, das Abgeordnetenhaus, und ebenfalls durch das Unterhaus.
«Wenn diese Gesetze angenommen werden, wird die religiöse Situation in diesem Land beträchtlich komplizierter werden, und viele Gläubige werden Druck wegen ihres Glaubens erleben», schrieb Oleg Goncharov, Sprecher der Siebenten-Tags-Adventisten, in einem offenen Brief.
Ursprung in der Orthodoxen Kirche
Die Gesetze wurden von der Anwältin Irina Yarovaya, Mitglied der Vereinigten Russland-Partei, initiiert. Missionarische Tätigkeit wird als «religiöse Praktik, den Glauben über die eigenen Mitglieder hinaus auszubreiten» beschrieben. «Wenn das im Sinne des Moskauer Patriarchats interpretiert wird, heisst das, dass die Orthodoxe Kirche um ethnische Russen werben kann, aber keine andere Kirche das darf», beschreibt der Religionsexperte Frank Goble die Situation. Die nationalistische russische Identität ist eng verbunden mit der Russisch-Orthodoxen Kirche und wird von Präsident Putin stark vorangetrieben.
Verletzung der religiösen Freiheit
Sergei Ryakhovsky, Leiter der Protestantischen Kirchen von Russland, und verschiedene andere evangelische Leiter nennen den Gesetzesentwurf in einem Brief an Präsident Putin eine Verletzung der Religionsfreiheit und des persönlichen Gewissens, und sie bemerken: «Die neuen Gesetze [...] sind nicht nur absurd und beleidigend, sie schaffen auch die Basis für Massenverfolgung von Gläubigen, die die neuen Regeln verletzen. Die sowjetische Geschichte zeigt uns, wie viele Menschen verschiedenen Glaubens verfolgt wurden, weil sie das Wort Gottes weitergegeben haben. Dieses Gesetz wirft uns zurück in eine beschämende Vergangenheit.»
Wenn das Gesetz angenommen wird, würde es Bussen in Höhe von bis zu 780 Dollar für Einzelpersonen und bis zu 15'500 Dollar für Organisationen ermöglichen. Ausländische Besucher, die die Gesetze verletzen, müssen die Ausschaffung gewärtigen.
Einschränkungen für ausländische Organisationen
Russland hat bereits begonnen, strenger gegen ausländische Organisationen vorzugehen. 2012 wurde ein Gesetz erlassen, das von ausländischen Gruppen detaillierte und komplizierte Anmeldungen und Anhörungen von staatlicher Seite verlangt. Nach offiziellen Statistiken sind seitdem Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) um ein Drittel zurückgegangen. Viele Organisationen und Missionen mussten sich seitdem aus Russland zurückziehen, weil sie ihre Visa nicht erneuern konnten. Heute ist es praktisch unmöglich, als ausländische NGO eine Registrierung zu erhalten.
Während die russischen evangelischen Christen – insgesamt etwa eine Million – beten, dass die vorgeschlagenen Gesetze nicht angenommen werden, sind sie nach den Worten von Sergey Rakhuba auch bereit, wieder in den Untergrund zu gehen. «Sie sagen: Wenn es dazu kommt, wird uns das nicht hindern, unseren Glauben zu leben und weiterzugeben. Der Missionsauftrag gilt nicht nur für Zeiten der Freiheit.»