Soziale Netzwerke

Kirchen unterschätzen Wirkung von Facebook

Die evangelischen Kirchen sehen sich zunehmend durch soziale Netzwerke wie Facebook herausgefordert. Das wurde bei der 16. Europäischen Internationalen Christlichen Internet-Konferenz (ECIC) deutlich, die Mitte Juni in München stattfand.

Laut dem Zürcher Pfarrer Jack Vetsch wird die Bedeutung der neuen Kommunikationswege für die Verbreitung des Evangeliums und für die Präsenz der Kirchen noch unterschätzt. Vetsch betonte vor 40 landeskirchlichen Experten aus neun Ländern die Wichtigkeit von Social Media und Apps, um nahe bei den Menschen zu sein.

Facebook-Sturm über der finnischen Kirche

Die ECIC-Teilnehmenden stimmten darin überein, dass sich die Kirchen weitaus stärker online engagieren müssen, um zeitig auf aktuelle gesellschaftliche Debatten zu reagieren. Mittlerweile sind 35 Prozent der Finnen Facebook-Nutzer. Die lutherische Kirche des Landes wurde von der Wirkung sozialer Medien überrascht. Sie hatte nach einer TV-Debatte, in der ein Bischof praktizierte Homosexualität als Sünde bezeichnet hatte, nicht gleich auf die anfängliche Kritik auf Facebook reagiert. Die Folge: Innerhalb von vier Wochen traten 40‘000 Mitglieder aus der Kirche aus.

Nachdem auch die konventionellen Medien die Diskussion aufnahmen, kam es zu einer Generaldebatte über die kirchliche Rolle in der Gesellschaft. Die Verantwortlichen zogen die Lehre daraus, viel schneller auf Kritik gerade in sozialen Netzwerken zu reagieren und Verantwortliche zu bestimmen, die sich um die Kommunikation in diesen Medien kümmern. Heute bloggt auch der Bischof. Der Exodus aus der Kirche konnte gestoppt werden, teilten finnische Kirchenvertreter auf der Konferenz mit.

Im Internet dienen

Der Geschäftsleiter der Schweizer Internet-Seelsorge Hans Peter Murbach leitete in München einen Workshop. Laut Jack Vetsch wird die Schweizer Arbeit als vorbildlich angesehen, weil sie die Sprachregionen abdeckt, mit ihrer Homepage www.seelsorge.net Unabhängigkeit und Nähe zu den Usern signalisiert und ökumenisch abgestützt ist. Erfahrene SeelsorgerInnen beraten anonym und kostenfrei.

Schweden: Tauf-Infos online

Die sozialen Medien bieten neue Möglichkeiten um Menschen an die Kirche heranzuführen. Obwohl mehr als acht von zehn Einwohnern Schwedens der lutherischen Kirche angehören, werden in grossen Städten weniger als die Hälfte der Neugeborenen getauft. Eine Analyse der Kirche ergab, dass junge Familien kaum etwas über die Taufe wissen. Die Kirche startet jetzt eine Taufseite im Internet, auf der Familien kostenlos einen Blog mit eigenen Fotos, Filmen, Texten und einer Anbindung an Facebook nutzen können. Dafür macht die Kirche auch Werbung auf weltlichen Portalseiten und in Tageszeitungen.

ECIC ist ein informelles europäisches Netzwerk von Landeskirchlern, die sich im Internet engagieren und seine Möglichkeiten für Christus nutzen wollen. Jack Vetsch, der als einziger an der ersten ECIC-Konferenz 1996 teilgenommen hatte, informierte über Entstehung und Wandel des Netzwerks.

Datum: 22.06.2011
Quelle: Livenet.ch / idea

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