Die biblischen Psalmen sind durch die
Jahrhunderte hindurch ein tragender Teil in der christlichen und jüdischen
Anbetung. In den Gemeinden und Synagogen werden sie gesungen und zitiert, sie
spenden Trost, sie sind wuchtig, tiefgründig und aktuell – auch wenn sie schon rund dreitausend Jahre alt sind. Doch wie
wurden sie eigentlich ursprünglich aufgeführt?
Entstanden
sind die Psalmen etwa vor dreitausend Jahren, ungefähr in der Zeit der ersten
Tempelperiode. Die ersten Psalmen, die in den biblischen Kanon Eingang gefunden
haben, sind sogar deutlich älter. Die ersten dieser Werke dürften demnach
sogar aus der Zeit von 1400 Jahren vor Christus entstanden sein.
Aus dem
entsprechenden Zeitraum finden sich keine Aufzeichnungen über das musikalische
Arrangement. Hinweise über das «wie?» der Darbietungen lassen sich aber finden.
Mit ihnen setzte sich unter anderem Thomas Staubli von der Universität Freiburg
auseinander; die Ergebnisse seiner Forschung finden sich in der Januar/Februar
Ausgabe 2018 der «Biblical Archaeology Review».
Ein Licht auf Musik und Tanz
Es liegt in der Natur der Sache, dass keine Impressionen von Menschen aus dieser Zeit vorliegen. Einerseits steht in der Bibel (2. Mose, Kapitel 20, Vers 4): «Du sollst dir kein Bildnis
noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von
dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist.» Und andererseits waren Smartphones mit Kameras ein doch eher seltenes Gut... Um dennoch
zu ergründen, wie es ausgesehen haben dürfte, setzte Staubli auf
Vergleichsmaterial von israelischen Nachbarsvölkern aus der Levante.
«Die
Bibel sagt uns nicht viel darüber, wie die Psalmen ursprünglich aufgeführt
worden sind», wird Staubli über seine Nachforschungen zitiert. «Die Archäologie
und ausserbiblische Texte können dennoch ein Licht auf die Musik und die Tänze
werfen, welche die Psalmen in der biblischen Zeit begleitet haben.»
Mit erhobenen Händen
Ein
Rückschluss könne beispielsweise aus dem Ugarit-Text gewonnen werden, der aus
der Nordküste des heutigen Syriens stammt. Dort ist zu entnehmen, dass die
Anbetungen zu verschiedenen Gottheiten mit erhobenen Händen erfolgte. Wie bei
vielen der biblischen Psalmen ist bei den Ugarit-Ritual-Texten zuerst eine kurze
Beschreibung, die auch Ritualtätigkeiten beschreibt.
So ist
beispielsweise von erhobenen Händen die Rede oder davon, dass es an einem
unzugänglichen Ort geschehen soll oder auch von bestimmten Tätigkeiten, wie
etwa dem Streuen duftender Pflanzen. Soweit der Einblick in eine
Handlungsweise eines Nachbarvolks.
Psalmen von Instrumenten begleitet
Ohne
Zweifel kann zu den Sängern der biblischen Psalmlieder gesagt werden, dass sie von
Musikern mit Instrumenten begleitet wurden. Dies ist auf zahlreichen Steinkunstwerken
in der Levante dargestellt.
Ein
Papyrus, der auf der Nil-Flussinsel in Ägypten gefunden wurde, zeigt deutlich, dass
Yahweh von den Israeliten als ein Gott, der die Musik liebt, angesehen wurde.