2020 dauert der islamische Fastenmonat Ramadan vom Abend des 23.
April bis zum Sonnenuntergang am 23. Mai. Die Fastenpraxis hat aber jüdische
und christliche Wurzeln.
Das
Coronavirus lähmt zwar diesmal die gemeinsamen Gepflogenheiten. So vor allem
das Abendessen «Iftar», des Fastenbrechens in grösserem Kreis, zu dem auch
Bedürftige aus der Nachbarschaft eingeladen werden. Die Pandemie trifft aber
nicht den Kern des Ramadans, das persönliche Fasten. Dieses wurde im 20.
Jahrhundert von den meisten Muslimen ohnehin nicht mehr eingehalten.
Im
Dienst der Re-Islamisierung
Mit
der Re-Islamisierung entwickelte es sich aber zu einem äusserst wirksamen
Instrument. So wurde in Ägypten auch Nichtmoslems und sogar den Ausländern
unter ihnen verboten, im Ramadan öffentlich zu speisen. Heute soll gerade in
der europäischen Moslemdiaspora mit dem Fasten islamische Präsenz und Dominanz
gezeigt werden. So wird zum Beispiel an öffentlichen Schulen gefordert, dass christliche
Kinder nicht in Anwesenheit von Muslimen ihr «Znüni» verzehren dürfen.
Jüdisches Fasten als Vorbild
Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Mondjahr. Sein
arabischer Name bedeutet «Der Heisse». Doch er wandert durch unser ganzes
Sonnenjahr und ist so oft recht kalt. Das geläufige Wort für das Ramadanfasten,
«Saum», bedeutet eigentlich «ehrfurchtsvolles Schweigen». Nachdem Mohammed aber
in Medina beobachtet hatte, wie die dortigen Juden der Zehn-Gebote-Offenbarung
vom Sinai mit Fasttagen gedachten, führte er zu Ehren des Korans den Ramadan
ein.
Von
Christen kopiert
Während
sich aber das jüdische Fasten von einem Sonnenuntergang zum anderen erstreckte,
forderte Mohammed das Tagesfasten mit nächtlicher Unterbrechung. Das soll er
christlichen Einsiedlern in der arabischen Wüste abgeschaut haben, denen er bei
seinen frühen Reisen mit Handelskarawanen begegnet war. Nach der heutigen
islamischen Praxis darf von Sonnenaufgang bis -untergang nichts in den Körper
gelangen – auch keine Zahnbürste.
Während
die Ramadanpraxis des Fastens bei Tag, aber Essens und Trinkens zur Nacht mit frühchristlichen
Vorbildern zusammenhängt, handelt es sich beim Einbeziehen des Einführens nicht
ess- und trinkbarer Gegenstände in den Mund und andere Körperöffnungen um
Spitzfindigkeiten späterer islamischer Moralisten. Das tut aber der echten Geisteshaltung,
die hinter dem Ramadanfasten stehen sollte, keinen Abbruch.
Gottes
Tafelfreuden geniessen
Aus
der Sicht des 1963 in Kairo verstorbenen Derwisch-Abtes Sirri Baba verfügen wir
Menschen über nichts Eigenes, das wir Gott als Zeichen unserer Dankbarkeit
aufopfern könnten. Wir vermögen also nur auf seine Gottesgaben wie Speis und
Trank zu verzichten. Das aber nicht andauernd, denn das wäre wieder
Undankbarkeit. Der Mensch fastet daher nur eine bestimmte Zeit, um dann wieder
umso dankbarer Gottes Tafelfreuden zu geniessen.
Ramadanfasten
bedeutet also für die wirklich frommen Muslime eine Verschmelzung des Tropfens
menschlicher Liebe und Hingabe mit dem göttlichen Ozean aller Gnaden, Freuden
und Herrlichkeiten, das völlige Aufgehen und Aufgeben des menschlichen im göttlichen
Willen. In diesem Sinn deutet der pakistanische Mystiker Hudschwiri auch das
christliche Ideal der «Armut im Geiste». Er setzt dies mit «Fana», also Entäusserung, gleich.
Lahore:
Christen beten im Ramadan
Diese «Fana» besteht in der Befreiung des Ich von allem Irdischen und Menschlichen, so dass
es zum armen Gefäss Gottes, reich nur in und an diesem, wird. Kein Wunder, dass
das Grabmal Hudschwiris in Lahore, das Data Gandsch, auch von Christen verehrt
wird. Sie beten in diesem Ramadan 2020 dafür, dass dieser nicht als militante
Kampfansage an die nichtfastenden Nichtmuslime missbraucht, sondern eine Zeit
wahrer Herzensfrömmigkeit wird, die alle Gottgläubigen zum einen Jesus führt.