Wer lebt in der Umgebung?

Zukunftsmodell: Multikulturelle Gemeinden

Damit Gemeinden die gesamte Bevölkerung ansprechen, müssen sie vielfältiger werden. Ideen und Anregungen hierzu gibt der deutsche Missionswissenschaftler Prof. Johannes Reimer. Er spricht vom «interkulturellen Gemeindebau».

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Prof. Johannes Reimer bei «SPRING» (Bild: SPRING / Nico Franz)
Viele Gemeinden sind laut Prof. Johannes Reimer «monokulturell» geprägt: «Wir erreichen nur die Mittelklasse, aber weder die ganz Reichen noch die ganz Armen noch Menschen aus anderen Kulturen. Was aber hat das noch mit der Bevölkerung zu tun, die rund um das Kirchengebäude lebt?», fragte Reimer auf dem Gemeindefestival «SPRING», das am 6. April im nordhessischen Willingen zu Ende ging. Als Vorbild empfahl er die im Neuen Testament geschilderten Urgemeinden: Sie seien alle multikulturell zusammengesetzt gewesen.

Evangelisation in der Muttersprache

Reimer sprach von einem «interkulturellen Gemeindebau». Dazu müsse Evangelisation in der Muttersprache stattfinden. Dies umfasse Gottesdienste und die Weitergabe der Bibel in der jeweiligen Landessprache, etwa auf Russisch, Englisch oder Türkisch: «Nur so können wir die Herzen erreichen.» Dann beginne die Aufbauarbeit. Laut Reimer muss es gelingen, deutsche und andere Kulturen zusammenzubringen und einen gemeinsamen Weg zu finden. Dazu sei es notwendig, sich auf einen Kanon von Liedern und die kulturübergreifende Besetzung von Gemeindeleitungen zu einigen. Außerdem sollte es eine gemeinsame auf Deutsch stattfindende Kinder- und Jugendarbeit geben.

Darüber hinaus könne jede Gruppe ihre eigenen Hauskreise und Gottesdienste in der jeweiligen Landessprache abhalten: «Es muss aber immer einen gemeinsamen Gottesdienst im Monat auf Deutsch geben.» So sei es möglich, die «Einheit in der Vielfalt» umzusetzen und voneinander zu lernen.

Viele alteingesessene Gemeinden wissen laut Reimer oft nicht, wer rund um das eigene Gemeindehaus wohnt. Ihnen empfahl er, die Umgebung kennenzulernen. Wer sich interkulturell ausrichten wolle, sollte zudem die vorhandenen Gaben und Potenziale analysieren: «Wenn Sie das getan haben, dann können Sie eine Vision entwickeln und mit konkreten Projekten beginnen.»

«Das Vertrauen zurückgewinnen»

Ein interkultureller Gemeindebau bleibe aber auch bei guter Planung eine große Herausforderung. Reimer: «Wenn man Kulturen zusammenführt, gibt es Missverständnisse.» Dabei sollten sich Gemeinden nicht selbst unter Druck setzen: Neugründungen und Neuausrichtungen brauchten Zeit. Viel wichtiger sei, dass die Gemeinde auch langfristig vor Ort einen missionarischen Lebensstil beibehalte.

Die Realität sehe aber anders aus. Viele Gemeinden verlören Mitglieder, statt neue zu gewinnen. Reimer: «Evangelisation gelingt in Deutschland nicht mehr, weil die Menschen uns nicht mehr vertrauen.» Insbesondere die Freikirchen hätten sich aus der Gesellschaft verabschiedet. Reimer: «Wir müssen wieder zurück zu den Menschen gehen. Nicht, um weltlich zu werden, aber um Vertrauen zurückzugewinnen.»

Datum: 10.04.2013
Quelle: idea

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