Seelsorge-Grundkurs

Wenn Seelsorger einen Persönlichkeitstest machen...

Nicht allein fremde Menschen interessieren den Seelsorger. Er braucht auch ein Auge und Gespür für seine eigenen Stärken und Schwächen. Am vierten Tag eines Seelsorge-Grundkurses wurden entsprechende Persönlichkeitstest ausgewertet. Mit grossem Interesse aller Beteiligten.

Am vierten Grundkurstag des „Bildungszentrum für christliche Begleitung und Beratung“ (bcb)* im Ländli referierte Joachim Lask auf Hochtouren. „Aber fragen Sie mich nichts, was mit Garten zu tun hat“, meinte der Diplom-Psychologe, der früher selber Gärtner war. Lasks Stärken kamen dann im Laufe des Morgens zum Tragen.

Warum bin ich so, wie ich bin?

Jeder Teilnehmer sollte einen Persönlichkeitstest machen. Anhand dessen sprach Lask dann über die Stärken der angehenden Seelsorger. Eine starke Extraversion beispielsweise könne zu einem Burnout führen, da ein Seelsorger sich abgrenzen sollte. Andererseits sei diese Eigenschaft in solchen Gesprächen sehr hilfreich, in denen der Klient nicht aus sich heraus findet.

Erstaunlicherweise meldeten sich an diesem Kurstag weit mehr Teilnehmer zu Wort als sonst. Der Persönlichkeitstest warf viele Fragen auf, die die Kursbesucher beantwortet haben wollten. Welche Eigenschaften ein Seelsorger haben solle, wollte Lask seinerseits wissen. Ein Kursteilnehmer konterte mit der erstaunlichen Antwort, man sollte bei Punkt fünf der zehngliedrigen Persönlichkeitsskala einen Strich von oben nach unten ziehen; „durchschnittliche Eigenschaften“ also.

Starke Eigenschaften: Wärme, Stabilität, Dominanz

Lask korrigierte schmunzelnd, dass Wärme, emotionale Stabilität, Dominanz, soziale Kompetenz, Empfindsamkeit und ein kreatives Denken, sogenanntes Querdenken, die idealen Voraussetzungen für die Seelsorge bedeuteten. Diese Eigenschaften dürften aus der Skala durchaus heraustreten. Ein oder zwei Abweichungen seien aber natürlich auch kein Problem.

Lask wollte später aus der Tiefenschau der Bibel aufzeigen, dass jeder Mensch eine Chance in seinem Leben bekommt beziehungsweise Gott etwas Wunderbares aus einer Biographie machen kann.

„Für Gott sind Krankheiten kein Problem, er geht mit allen Menschen einen Weg“, so Lask deutlich. Die Tiefenpsychologie hingegen, zu der die Psychoanalyse und die Individualpsychologie gehört, sei nicht auf jedem Gebiet erfolgreich. Bei Beziehungsproblemen habe die Psychoanalyse Erfolg; leider scheitere sie aber in der Suchtbehandlung.

Überwindung von Mangellagen

„Menschsein heisst: sich minderwertig fühlen.“ Dieses Zitat von Alfred Adler (1870-1937) deutet auf die Minderwertigkeitsgefühle eines Menschen hin. Adler bewertet solche Gefühle interessanterweise nicht als etwas grundsätzlich Negatives. Es kann sich im Gegenteil positiv auswirken, indem es den Menschen anspornt, seine jeweilige Mangellage zu überwinden.

Lask wies aber auch auf die Gefahren hin, die bei diesem Überwindenwollen drohen. Er nannte Neigungen zu Überkompensation, unrealistische Lebensziele und neurotische Arrangements, wie zum Beispiel die Aussage: „Wenn ich nicht so krank wäre, könnte ich es allen zeigen.“

* Das Bildungszentrum für christliche Begleitung und Beratung befähigt Menschen zur Begleitung und Beratung von Mitmenschen, indem es fundiertes Fachwissen vermittelt, eine Selbstreflexion fördert und zur praktischen Hilfe anleitet. Die bcb-Arbeitszweige umfassen:
- Ausbildung in Begleitender und Beratender Seelsorge für Interessierte und Mitarbeitende in Kirchen und Freikirchen.
- Seminare und Vorträge zur persönlichen Fortbildung für Mitarbeitende in Diakonie und sozialen Berufen.
- Vermittlung von ausgebildeten Beratenden Seelsorgern für Einzel- und Gruppengespräche

Weiterführende Links:
Das Christliche Bildungszentrum bcb in Oberägeri
Bericht über den ersten Kurstag: Seelsorge heisst auch „qualifiziert den Mund halten“
Bericht über den dritten Kurstag: Seelsorge-Kurs: Umgang mit psychischen Störungen

Datum: 26.03.2007
Autor: Iris Muhl
Quelle: Livenet.ch

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