Unvorstellbarer Verlust

Totgeburt

„Wir hören keinen Herzschlag. Es tut mir leid, Ihr Baby ist tot.“ Ich konnte nicht glauben, was ich hörte – offensichtlich war irgendein verrücktes Versehen passiert. Zuerst dachte ich, dass sie in dem verkehrten Zimmer waren. Ich hatte Mitleid mit der Frau im Nachbarzimmer – ich wollte jetzt nicht in ihrer Haut stecken. Oder vielleicht war es der Ultraschall. Diese Maschinen sind dauernd anfällig für Störungen.


„Ich konnte doch noch spüren, wie sich mein Baby bewegte.“

Ich konnte doch noch spüren, wie sich mein Baby bewegte, und wir hatten gerade noch heute morgen seinen Herzschlag gehört. Wieso bestand dieser halsstarrige Arzt darauf, dass mein Kind tot war. Ich war ärgerlich darüber, dass er meinen Mann aufregte, der sowieso schon so besorgt war. Ich musste ihm das begreiflich machen.

Nur der eigene Puls

„Untersuchen Sie mich noch einmal! Untersuchen Sie mich noch einmal!“ schrie ich.

Die Schwester rollte das Ultraschallgerät zum Bett herüber und band den kalten Gürtel um meinen geschwollenen Bauch. Als wir ein schwaches dumm-dumm-dumm hörten, war ich so erleichtert – aber die Schwester schüttelte den Kopf. Es war mein eigener Puls, den wir hörten, nicht das schnelle pfeifende Geräusch, das ich so liebte. Nun war nur noch Stille.

Schliesslich traf es mich wie ein Schlag – mein Baby war tot. Alle meine Hoffnungen und Träume für mein Baby hatten sich auf einmal in Luft aufgelöst. Ich habe keine Worte, um den Schmerz, die bittere Verzweiflung zu beschreiben, die ich jetzt verspürte. Ich hatte mir immer gesagt, dass schlimme Dinge auch guten Menschen passieren, und eines Tages auch ich solch eine Prüfung würde bestehen müssen. Wahrscheinlich glaubte ich das nicht wirklich, weil ich jetzt so überrascht war. Mir war nie in den Sinn gekommen, dass ich dieses Baby würde verlieren können.

Es war unser erstes Kind. Nach vier Jahren vernünftigen und nicht so ganz geduldigen Wartens auf beiden Seiten, waren wir bereit, eine Familie zu gründen. Als wir den pinken Strich auf dem Test sahen, tanzten wir um unser Kellergeschoss-Appartement herum wie die Irren. Wir wickelten ein rosa und ein blaues Schühchen ein und schickten sie unseren Eltern.

Warten auf das Baby

Dann begann das Warten – es schien endlos. Jedermann sagte, dass die Zeit wie im Flug vergehen würde, aber für mich schien sie sich dahinzuschleppen. Es dauerte nicht lange, und ich hatte mehr Umstandskleider als normale Kleidung. Wir begannen sogar zu packen, um in ein neues Haus umzuziehen.

Ich dachte nur vorübergehend an die Besorgnis meines Mannes wegen meiner defekten linken Niere. Schliesslich war ich den Grossteil meines Lebens gut damit zurechtgekommen, und die Ärzte versicherten uns, dass dies kein Problem wäre. Selbst, als mein Blutdruck stieg, sagte man uns, dass wir uns darüber keine Sorgen zu machen bräuchten. Meine rechte Niere funktionierte ausgezeichnet, und ich wurde engmaschig überwacht. Die defekte Niere war lediglich ein unangenehmer Umstand. Tatsächlich sagte man uns, dass sogar bei Nierentransplantationen die Ärzte alte Nieren im Körper lassen.

In unserer letzten Woche in der Kellergeschoss-Wohnung, gerade als ich in den sechsten Monat kam, begann ich Blut zu verlieren. Ich dachte daran, dass ich vor zwei Wochen schon einmal mit starken Bauchschmerzen panikartig in die Notaufnahme gefahren war, und nun war es mir peinlich, schon wieder dorthin zurückzukehren. Denn damals hatten sie mich mit einer vermutlichen Magenverstimmung wieder nach Hause geschickt, und ich kam mir wirklich dumm vor. Aber diesmal schien es eine erschreckende Menge Blut zu sein.


„Wir waren bereit, eine Familie zu gründen.“ Bild: PixelQuelle.de

Also das Ganze noch einmal! Es passte mir überhaupt nicht, ausgerechnet jetzt. Wir wollten diese Woche umziehen und ich musste noch eine Menge Sachen packen. Diese Woche würde eine meiner arbeitsintensivsten Wochen sein. Ich hoffte, dass sie mich nicht für lange im Krankenhaus behalten würden.

Zum letzten Mal

An diesem Abend wurde ich eingeliefert und begann eine Antibiotika-Therapie aufgrund einer wahrscheinlichen Niereninfektion. Am nächsten Tag hatte jeder Arzt, der mich untersuchte, eine neue Theorie. Vielleicht waren es Nierensteine. Oder vielleicht war es ein abgegangenes Gerinnsel – selten, aber nicht unmöglich.

Nach einigen Stunden Höllenqualen in dieser Nacht und einer Bluttransfusion, begann ich, mich viel besser zu fühlen. Tatsächlich sprachen die Ärzte schon davon, mich am Morgen nach Hause zu schicken. Wir übermittelten all unseren Freunden und unseren Eltern diese gute Nachricht. An diesem Morgen hörte ich den Herzschlag meines Kindes zum letzten Mal.

So war es doch nicht vorgesehen

Die Tage, die folgten, sind verschwommener – Schmerz, die Stimme meiner Mutter am Telefon, eine Schwester, die meine Hand hält, unser Pastor, der für uns betet, der Schmerz, wenn ich weinte, das besorgte Gesicht meines Mannes... Immer noch „fühlte“ ich, wie sich das Baby bewegte. Wahrscheinlich waren es Blasen-Spasmen oder die häufig bei toten Embryos in der Gebärmutter vorkommenden „Phantombewegungen“.

Ein CT enthüllte, was die Ärzte nicht hatten wissen können – meine Niere blutete stark. Das Blut wurde nicht richtig abgeleitet – während alles so aussah, als ob es trocken wäre, wurde das Blut in Wirklichkeit in meine Niere geleitet. Als sie angefüllt war, begann sie, sich auszudehnen und drückte auf alle anderen Organe und meinen Bauch.

Ich wurde sofort für eine Operation angemeldet. Bevor sie mich dorthin brachten, bekam ich meine siebte Blutkonserve. Der Arzt nahm meinen Mann beiseite und erklärte ihm, dass die Niere einer tickenden Zeitbombe glich und jederzeit zerreissen könne – sie hatte mittlerweile fast die Grösse eines Basketballs erreicht.

Schmerzvoll und überwältigend

Ich hatte keine Angst, tatsächlich dachte ich nicht viel darüber nach – ich wollte nur, dass alles ein Ende hatte. Weniger als eine Woche nach der Operation brachte man mich zurück, die Wehen und die Geburt begann. Am nächsten Morgen um 9.10 Uhr gebar ich meinen Sohn Noah William Hoos – 1,6 Pfund und makellos entwickelt. Der zugleich schmerzvollste als auch überwältigendste Moment kam, als ich diesen winzigen Körper nah an meinem hielt.

„Ich liebe dich so sehr, mein wundervoller Junge! Ich kann es gar nicht abwarten, bis ich dich eines Tages wiedersehen werde! Es tut mir so leid, dass dies geschehen ist!“

Wie geht es weiter?

Ich finde es schwierig, zu erklären, was ich durchmache. Die Traurigkeit kommt in Wellen über mich. Sie kommt plötzlich und fegt durch meine Seele. Manchmal gibt es Zeiten, in denen sich ein Lächeln auf meinem Gesicht zeigt, und ich mir sagen kann, dass es mir gut geht. Ich kann mir sogar einreden, dass das stimmt, aber die nächste Welle der Trauer lauert schon hinter der nächsten Ecke.


Ultraschallbild in der 10. Schwangerschaftswoche. Bild: PixelQuelle.de

Ich bin wie ein aufgewühlter Ozean – schäumende Wellen und tosende Brandung, und doch sind die tiefen Wasser einige Meilen unter der Oberfläche ruhig und still. Trotz des Aufruhrs bin ich eingehüllt in Frieden. Es ist das, was die Bibel „den Frieden, der jeden Verstand übersteigt“ nennt. Es scheint dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen, ausgerechnet jetzt diesen Frieden zu verspüren – aber ich tue es. Ich weiss, dass alles gut werden wird. Ich weiss, dass ich nicht allein bin.

Entscheidung als Kind

Als Kind traf ich die Entscheidung, mich Jesus mit meinem ganzen Leben anzuvertrauen. Ich verstand nicht alles, was ihn betraf und ich tue es auch jetzt noch nicht, aber ich wusste, dass er mich liebte, und ich glaubte, dass nur er auf mich aufpassen könne. Es war sicher nicht sehr ausdrucksgewandt, aber ich meinte jedes Wort so, wie ich es betete:

„Lieber Jesus, ich möchte in den Himmel kommen, wenn ich sterbe. Ich weiss, dass ich viele schlechte Dinge getan habe, und ich bin aus mir selbst heraus nicht gut genug. Bitte vergib mir. Komm in mein Herz und bleib immer bei mir. Danke, dass du an meiner Stelle gestorben bist. Amen.“

Aufgrund dieses einfachen, so lange Jahre zurückliegenden Gebetes, habe ich heute nicht nur diesen Frieden, der nur von Gott kommen kann, sondern ich habe auch Hoffnung. Ich weiss, dass ich eines Tages meinen kleinen Jungen wiedersehen werde, und, was noch viel erstaunlicher ist, eines Tages werde ich Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Ich brauche mir um meine Zukunft keine Sorgen zu machen, weil sie nicht davon abhängt, was ich tue. Jesus hat für meinen Platz im Himmel gesorgt – alles, was ich zu tun brauchte, war, darum zu bitten.

Die Bibel sagt: „Ich bin von allen Seiten bedrängt, aber ich werde nicht erdrückt. Ich weiss oft nicht mehr weiter, aber ich verzweifle nicht. Ich werde verfolgt, aber Gott lässt mich nicht im Stich. Ich werde niedergeworfen, aber ich komme wieder auf. Darum verliere ich nicht den Mut. Die Lebenskräfte, die ich von Natur aus habe, werden aufgerieben, aber das Leben, das Gott mir schenkt, erneuert sich jeden Tag.“ (2. Korinther, Kapitel 4, Verse 8-9 und 16)

Epilog

Nun ist es mehr als fünf Jahre her, dass ich diesen Artikel über meinen erstgeborenen Sohn geschrieben habe. Viele Leute wären sicher erstaunt darüber, wie sehr ich ihn vermisse. Es gab Zeiten des Kampfes, des Zorns und des Schmerzes. Besonders, als auch unser Sohn Simon tot geboren wurde. Und doch war Gott selbst wieder an meiner Seite.

Das Leben ist so unfair, und ich verstehe nicht, warum das alles so ist. Aber, was ich weiss, ist, dass Gott treu ist, ganz egal, wie ich mich im Moment gerade fühle. Ich bin davon überzeugt, dass er die Antwort ist.

Weil uns viele Leute danach gefragt haben, ja, wir haben weitere Kinder. Noah hat drei kleine Schwestern hier auf der Erde. Sie sind ein Segen und ein Geschenk. Ich frage mich, ob traurige Herzen nicht auch eine grössere Fähigkeit haben, Freude zu empfinden.

Wenn Sie Jesus Christus in Ihr Leben einladen, danken Sie Gott oft dafür, dass er in Ihrem Leben ist, dass er Sie niemals verlassen wird und dass Sie ewiges Leben haben. Je mehr Erfahrungen Sie in Ihrer Beziehung mit Gott machen und damit, wie sehr er Sie liebt, umso ein erfüllteres Leben werden Sie haben.

Autorin: Christie Hoos
Uebersetzung: Dagmar Wittrock


Quelle: Woman Today

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