Heimat und Fremde

Vom Urwaldkind zur vielfachen Mutter

Lydia Bächi-Schwegler wächst auf zwei Kontinenten auf. Ihr Buch beschreibt das Leben als Missionarskind «im Busch» und als vielseitige Frau in Europa. Abenteuer pur – dort wie hier.

Dreieinhalb Jahre alt war Lydia, als ihre Familie 1959 in den Nordwesten Perus ausreiste. Im rund 200-seitigen Buch «Gringa Charapa – Fremd in der Heimat» spannt die Autorin einen weiten Bogen von der Kinderzeit zum Heute. Man erlebt den Schmerz von «Mutzi Wauwau» mit, die sich von ihren geliebten Puzzles und Plüschtieren trennen muss. Nur Bella, die Puppe, durfte die Reise über den grossen Teich mitantreten. Die Erinnerungen an die Kindheit im Busch sind zahlreich: abenteuerliche Pfade durch den Urwald, Pionierarbeit unter «unerreichten» Menschen, Aufbrüche, Neuanfänge und Führungen Gottes.

Heimat – und Fremde

Lydia wuchs in völlig verschiedenen Welten auf. Da gab es die europäische Prägung und das Leben als «Urwaldkind», eine gewisse theologische Enge und die Weite Südamerikas. Lydia kochte für das Schweizer Team und die 100 peruanischen Tagelöhner. Keine einfache Aufgabe angesichts der vielen Streiks und Versorgungsengpässe. «Es machte mich hart im Geben und im Nehmen.» Aus der kleinen «Mutzi» wurde eine attraktive Frau. Und damit stellte sich die Frage, welchen Weg sie einschlagen wollte.

«Die Mentalitätsunterschiede sind beträchtlich», sinniert Lydia Bächi. «Schmeicheleien waren an der Tagesordnung, bis hin zur deftigen Anmache. Ich musste mein Leben schon als sehr jung in die eigenen Hände nehmen.» Als Stagaire kam sie in eine völlig andere Welt. «Ich kam direkt aus dem Urwald in die Grossstadt Genf», sagt sie. Anschliessend absolvierte sie eine Ausbildung bei den SBB. Ihre Sprachkenntnisse – Deutsch, Spanisch, Englisch, Französisch – kamen der jungen Schalterbeamtin gelegen.

Eine weltweite Familie

Das Engagement für Mission 76 in Lausanne bedeutete einen Meilenstein. Lydia übersetzte Korrespondenzen und war hautnah am Geschehen rund um den internationalen Missionskongress dabei.

Und die Liebe? «Koni…» Lydia lächelt. Das gestandene «Urwaldkind» empfand Bedauern für den unerfahrenen «Gringo», der in Peru einen Kurzeinsatz machte. Ob er ihr schreiben würde? Tatsächlich traf der ersehnte Brief ein – «Liebe Lydia, mit einem riesengrossen Ausrufezeichen, wie ich es Gott zur Bedingung gestellt hatte», schmunzelt sie.

«Koni und ich sind komplett unterschiedlich. Aber wir ergänzen uns prächtig», sagt Lydia. Der frühere Architekt und Unternehmer verkaufte vor 20 Jahren seinen Anteil am Geschäft. Der langjährige Gemeindeleiter ist heute Senior Pastor der Arche Winterthur. Lydia ist in ihrer Welt angekommen. Zusammen mit Koni gibt sie Ehe- und Ehevorbereitungskurse. Ihr Tipp: «Ehe ist kein rosarotes Versprechen, sondern Arbeit. Man muss lernen, miteinander zu kommunizieren und Zeit zu gestalten.» Der Familientisch wurde zum zentralen Ort. Mit Familie, Gemeindearbeit, Seelsorge und Kursen hatte die vierfache Mutter einen grossen Wirkungsradius. Sie erlebt das Christsein als eine weltweite Familie.

Nach ihrem 60. Geburtstag will sie es ein wenig ruhiger angehen. Mit dem Buch über ihr Leben machte sie sich selber ein grosses Geschenk. Zur Vernissage am 16. April meldeten sich 250 Personen an.

Das Buch von Lydia Bächi macht deutlich, wie ein damaliges «Silvesterlösli» in Erfüllung gegangen ist: «Ich bin der Töpfer, ihr seid der Ton.» Ihr Leben ist nicht nur aufregend, sondern auch sinn- und segensvoll. Fast möchte man dies als Gottes Geschenk für die Jubilarin bezeichnen.

Zum Thema:
DMG-Herbstmissionsfest: «Wer Menschen für Jesus gewinnen will, kommt um die Kinder nicht herum»
Sicherheit hier und in Nigeria: Wo das Leben eines Menschen weniger gilt als das einer Kuh
Als Familie in die Mission: Angekommen in der Fremde

Datum: 17.04.2016
Autor: Thomas Feuz
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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