Kunst, Kultur und Kirche

«Als Christ kunstvoll zu sein, braucht keine Rechtfertigung»

Der Balkon seines Büros über Wädenswil ermöglicht einen herrlichen Weitblick auf das obere Zürichseegebiet. Seit bald drei Jahren ist Jean-Daniel von Lerbers Konzertagentur «Profile Productions» hier beheimatet, vorher in Richterswil. Die Fernsicht ist vielleicht kein Zufall. Schon früh liess er sich von der christlichen Musikszene in den USA – mit ihrem damals neuen, zeitgemässen Sound – begeistern.

Als Einzelkind in Zürich aufgewachsen, ging Jean-Daniel von Lerber bald in eine Jugendgruppe der Pfimi (Pfingstmission), wo er mit dem christlichen Glauben konfrontiert wurde und sich davon anstecken liess. Musik faszinierte ihn schon als Junge; er lernte Klavier spielen. Vierzehnjährig gründete er mit Freunden die Band «Road to Heaven»; er spielte Schlagzeug und schrieb Lieder. Jean-Daniel von Lerber wurde Primarlehrer und gab in Niederweningen drei Jahre lang Real- und Oberschulunterricht. «Dank der kleinen Schulklasse konnte ich recht gut auf jeden Schüler eingehen, das gefiel mir», so von Lerber.

Larry Norman schrieb geniale Texte

Im Sommer 1977 war von Lerber Mitglied im Leiterteam eines Jungscharlagers. Er nahm eine Schallplatte von Larry Norman mit und übte ein paar Songs mit den Jugendlichen. Das inspirierte ihn zur Idee, diesem Rockmusiker und Songwriter «einfach mal zu schreiben» und ihn in die Schweiz einzuladen. «Larry Norman war in der säkularen US-Musikszene bekannt, kam zum Glauben an Jesus und schrieb geniale Texte aus dem Leben heraus», erklärt von Lerber. Und tatsächlich – Norman schrieb zurück und berichtete über die bald startende Welttournee und sein Interesse, auch in der Schweiz Halt zu machen. Überraschung, Freude und Nervosität erfüllten den damals noch als Lehrer tätigen von Lerber. Drei intensive Konzerte in Zürich, Basel und Olten Ende 1977 und unzählige Stunden des Austausches mit Larry, der über einen ausserordentlich breiten Wissenshorizont verfügte, waren der «Lohn» für den grossen organisatorischen Aufwand. Finanziell endete das Abenteuer in einem Fiasko. Am Schluss fehlten 5'000 Franken.

Einstieg ins Musikbusiness

An Silvester 1977 zog Jean-Daniel von Lerber in der Pfimi ein Bibelverskärtli: Psalm 40, Vers 4 handelt vom «neuen Lied», das die Menschen dazu bringt, Gott wieder ernst zu nehmen. Dies inspirierte ihn, 1978 in die USA zu reisen. In Estes Park (Denver) besuchte er das Christian Artists Seminar, einen Grossanlass mit unzähligen christlich-inspirierten Künstlern. «Die Professionalität der christlichen Szene dort beeindruckte mich», erinnert er sich. Zurück in der «kleinen Schweiz» gründete er gemeinsam mit Hansruedi Gräf in Zürich den Musikladen Kir, mit vorerst mal 240 Langspielplatten. Gräf leitete den Laden, von Lerber organisierte die Konzerte. 1979 gab es die ersten Konzerte etwa mit Barry McGuire, dessen Hit von 1965 die Hippie-Generation prägte: Eve of Destruction. Barry ist ihm ein guter Freund geworden. Es war die Zeit einer Karen Lafferty (Seek ye first the Kingdom of God) und eines Andrae Crouch, ein begnadeter Soul- und Gospelmusiker. Der kürzlich verstorbene Crouch gab im März 1980 in Zofingen ein unvergessliches Konzert mit Band und Backup-Sängern. Kir brachte Koinonia & Laboriel Band nach Montreux und an andere Jazzfestivals. Die Rockband «Petra» konnte 1993 für ein Konzert im Hallenstadion im Rahmen der Evangelisation «Jesus für Züri» verpflichtet werden. Mit Adrian Snell arbeitete von Lerber gerne zusammen. Er organisierte Aufführungen seiner Musicals «Alpha and Omega» und «The Passion». An ein paar tolle Auftritte der «Rez Band» erinnert er sich ebenfalls gerne; eine Band, die ihn auch durch ihre Randständigenarbeit in Chicago überzeugte. Es gab aber auch Rückfälle. 1989 fuhr das Berner Gospelfestival «BäGo» einen Verlust von 50'000 Franken ein. Von Lerber musste sich einen Job suchen und arbeitete für ein Jahr bei einer Bank.

«Marchstei»

Ende der 1970er-Jahre formierte sich die Mundart-Rockband «Marchstei» um den umtriebigen von Lerber. Als die Migroszeitung «Brückenbauer» für eine Mundart-LP Bands suchte, schickten sie spontan ein Demo ein. Ihr Stück «Gebät» wurde tatsächlich auf die Polygram-LP «Dialektrock» gepresst. Mit der Plattenfirma Polygram produzierten sie drei LPs, deren erste 3000mal über den Ladentisch ging. Bis 1993 folgten viele Konzerte wie etwa am Vindonissa-Open-Air. Von Lerbers Lied «Herr, ich danke dir» ist heute noch vielen geläufig.

Kunst und Glaube

Jean-Daniel von Lerber setzt sich immer wieder intensiv auseinander mit Fragen rund um Glauben und Kunst. Er sagt: «Die christliche Welt hat Kunst und Kultur meist nur dann unterstützt, wenn sie der direkten Evangelisation diente: Strassentheater mit biblischen Szenen, Gemälde mit Kreuzen  oder geistlichen Symbolen, Lieder, die 'Jesus' und 'Rettung' besingen. Gott aber schuf die Welt kunstvoll ohne Botschaft.» Auf keinem Baum stehe 'God loves you', auf keiner Blume fänden sich 'Auch-du-brauchst-Jesus'-Schilder, kein Wellenrauschen werde mit Hallelujah-Unterwasserbeschallung untermalt.» Aus dieser Beobachtung schliesst von Lerber: «All diese Dinge stehen für sich – egal ob von anmutiger, schöner oder auch verstörender Wirkung. Es braucht keine Rechtfertigung, kunstvoll sein zu dürfen.»

Jean-Daniel Lerber ist Gründer und Geschäftsführer von «Profile Production, einer Konzertagentur die Konzerte mit u.a. Amy Grant, Delirous, Oslo Gospelchoir, Albert Frey und Brian Doerkson organisiert. Auch Carlos Martinez und Dimitri sind bei ihm unter Vertrag. Er war Stagemanager (verantwortlich für Bühne und Programmablauf) an allen Explos, und ist auch Teil vom Arbeitskreis ARTS+, dem kulturellen Arbeitszweig der SEA.

Lesen Sie den ausführlichen Beitrag in ideaSpektrum Nr. 41-2015.

Zur Webseite:
Profile Productions 

Zum Thema:
Kultur-Kirchen-Konferenz: Was macht die Kunst mit der Kirche?
Messi statt Messe: Fussball und Religion im Museum in Basel
Nacht des Glaubens: Erfolg der «exotischen Kombination von Kunst & Kirche»

Datum: 08.10.2015
Autor: Rolf Frey
Quelle: idea Schweiz

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