Von Kindesbeinen an

„Ich kann nichts und ich bin nichts“

Ursula Hohl, 54, lebt seit knapp 10 Jahren. Bis dahin hielt sie sich für wertlos; eine Ansicht, die als Kind indoktriniert wurde. Heute fühlt sie sich schön, ist selbstbewusst und doziert vor vollen Sälen. Doch der Weg dorthin war schmerzhaft.

Es war eine schwere Hypothek, die sie mit in die Ehe brachte. Die belastete auch ihren Ehemann Christian, wie sie selber sagt. Ursula Hohl war ein unerwünschtes Kind und fühlte sich deswegen ein halbes Leben lang minderwertig. Die Eltern legten keinen Wert darauf, ihre Kinder zu fördern. Immer wieder erlebte sie sich unnütz. Niemand half ihr bei der Lehrstellensuche. So konnte sie keinen Beruf erlernen.

Ursula Hohl wurde die Minderwertigkeit indoktriniert. Sie wusste nur: „Ich kann nichts, und ich bin nichts.“ Deswegen fühlte sie sich auch immer hässlich, nahm zu, wurde stark übergewichtig und trug nur noch wallende Grössen. Damit versteckte sie aber nicht nur ihr Übergewicht, sondern auch ihre Enttäuschungen aus der Kindheit. Oder versuchte es zumindest.

Vater verschwand plötzlich

„Ich weiss noch, dass mein Vater eines Tages eine andere Frau traf und uns bald darauf verliess. Ich konnte nicht verstehen, was diese fremde Frau an der Seite meines Vaters machte, wenn wir uns jeweils am Besuchstag mit ihr treffen mussten.“ Diese Erlebnisse trug sie mit hinein in ihre Ehe.

Vor 34 Jahren heiratete sie ihren heutigen Ehemann. Die Hypothek aus der Kindheit zeigte sich schon früh in ihrer Eifersucht, die sie gegenüber ihrem Mann und imaginären Frauen verspürte. Nicht ein einziges nettes Wort durfte ihr Mann an eine andere Frau richten, ohne dass sie von beklemmenden Gefühlen gepackt wurde. Ursula Hohl trieb es noch weiter. Sie spionierte ihrem Mann nach, untersuchte seine Jackentaschen, suchte nach fremden Haaren auf dem Mantel und kontrollierte zeitweise die Telefonate und die Post.

Krank vor Eifersucht

„Ich war krank vor Eifersucht. Oft habe ich meinen Mann terrorisiert mit meinen Vermutungen und falschen Anschuldigungen. Aus Angst davor, meinem Eifersuchtsterror wieder anzustossen, begann er mir manche Dinge zu verheimlichen. Es war furchtbar; aber mein Mann hat es ertragen. Immer wieder beteuerte er mir, dass er mich liebe und keine andere anschauen würde. Ich glaubte ihm nicht, obwohl ich keinerlei Grund dazu hatte.“

Eines Abends besuchte Ursula Hohl einen Vortrag der Aarauer Heilsarmee übers Thema Vergebung. Die Referentin sprach über bittere Wurzeln im Leben, die gekappt werden müssen. Hohl fühlte sich angesprochen und begann, über ihre Bitterkeit gegenüber ihrem Vater nachzudenken. Am gleichen Abend beschloss sie, ihrem kranken Vater zu vergeben. Am Nachmittag zuvor hatte sie ihn erst besucht. In einem Gebet vergab sie ihm, dass er seine Familie alleingelassen hatte. Kurz darauf verstarb er.

Vorurteile abgelegt

Nach diesem Schritt fühlte sich die unsichere mollige Frau endlich frei. „Ich startete neu ins Leben“, sagt sie voller Lebenslust. Mit 45 habe sie angefangen zu leben.

Die indoktrinierten Vorurteile, unnütz und hässlich zu sein, konnte sie ablegen und ein neues natürliches Selbstbewusstsein entwickeln. Innert kurzer Zeit reduzierte Ursula ihr Gewicht ohne Diät auf ihr Wohlfühl-Gewicht, fühlt sich heute attraktiv und begehrenswert und strahlt übers ganze Gesicht. Wenn sie zurückblickt, erkennt sie, dass ihr Mann oft unter ihr hat leiden müssen.

Den Grund kennt sie nun: „Ich hatte immer Angst, wieder auf die gleiche Weise verlassen zu werden. Deshalb war ich so extrem eifersüchtig. Mein Mann musste für den Fehler meines Vaters geradestehen. Das war ungerecht und falsch.“ Ursula Hohl ist überzeugt, dass die Vergebung ihr das Leben gerettet hat: „Ich konnte alles vor Gott bringen. Dadurch wurde ich endlich frei.“

Ursula Hohl ist Referentin und unterhält mit ihrem Mann eine erfolgreiche Beratungsstelle für Paare in Aarau und Erlinsbach. Webseite: www.ehe-beziehung-seelsorge.com

Datum: 21.05.2006
Autor: Iris Muhl
Quelle: Jesus.ch

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