Nehmen wir an, es gäbe ein Label für christliche Unternehmen – ein «C-Label». Wenn dieses «C-Label» die Etikette ist, wie müsste «der Inhalt» aussehen, damit das Label verliehen werden kann?
Es gibt keine simplen Kriterien, ab wann ein Unternehmen christlich ist. Massgebend ist die Firmenkultur, der Umgang mit Menschen: mit Mitarbeitenden, mit Kunden, mit Lieferanten. Es geht immer um Menschen, auch in der noch so digitalisierten Welt.
Vorsicht Etikettenschwindel
Dass in einem Unternehmen Christen arbeiten, oder dass es von Christen geführt wird, hat nicht zwingend einen Zusammenhang mit dessen Qualität. Seit mehr als zwanzig Jahren bin ich selber als Unternehmer tätig und habe dabei erfahren, dass die Zusammenarbeit mit sogenannt christlichen Unternehmen nicht zwingend angenehm sein muss. Die «Vergelt’s Gott»-Mentalität ist kein Business-Modell und verhindert nachhaltige, gesunde Unternehmen. Wie Dennis Peacocke, ein Vordenker im christlichen Unternehmertum, so schön sagt: «Was Gott bestellt, das bezahlt er auch.»
Ein Modell für erfolgreiche Business-Kultur
Für meine Business-Coachings habe ich ein Modell für eine nachhaltige Geschäftskultur entwickelt. Nach diesem arbeiten viele unserer Kunden, die mehrheitlich keinen christlichen Hintergrund haben, jedoch nachhaltig erfolgreich sein wollen. Nachhaltig erfolgreich, das funktioniert nur, wenn man sich an die Betriebsanleitung für den Menschen – an die Bibel – hält. Daher könnte das «C-Label» Unternehmen beschreiben, welche ihre Kultur nach diesem Modell leben.
Zu diesem Modell gehören die folgenden Elemente:
Bewusste Kultur Viel wichtiger als Technologie und Werkzeuge ist der Vorsprung durch eine gesunde Geschäftskultur. Ich denke da an Integrität, Ermutigung statt Mikromanagement und vor allem an «psychologische Sicherheit». Die psychologische Sicherheit beschreibt, wie frei sich Mitarbeitende fühlen, unangenehme Wahrheiten auszusprechen, ihre eigenen Sichtweisen einzubringen, gelegentlich Fehler zu machen und zur eigenen Unsicherheit zu stehen.
Glückliche Mitarbeitende Die «bewusste Kultur» führt automatisch zu «glücklichen Mitarbeitenden». Die Mitarbeitenden sind das höchste Gut, alles andere kann von Mitbewerbern kopiert und zum halben Preis angeboten werden. Ganz wichtig hier: Führungspersonen kümmern sich nie um Kunden. Führungspersonen kümmern sich um ihre Mitarbeitenden.
Zufriedene Kunden Sind die Mitarbeitenden glücklich, setzen sie alles daran, die Kunden auch glücklich und damit zufrieden zu machen. Das ist genau der Grund, warum Führungspersonen sich ums Team und nicht um die Kunden kümmern sollten.
Stimmige Finanzen Der Rest ist logisch: «Zufriedene Kunden» führen – ein durchdachtes Business-Modell vorausgesetzt – automatisch zu «stimmigen Finanzen».
Die Reihenfolge beachten Wichtig ist in diesem Modell die Reihenfolge. «Stimmige Finanzen» sind eine Konsequenz aus den vorherigen Schritten und nie die Mission eines Unternehmens.
Den Gegencheck machen
Wenn ich so ein «C-Label» verleihen dürfte, würde ich schauen, was in einem Unternehmen wichtig ist, worauf fokussiert wird und welche Werte den gegenseitigen Umgang prägen.
Folgende sechs Kriterien sind mir besonders wichtig.
«Warum» statt Profit Wichtig ist, «warum» es eine Firma gibt. Wie sie hilft, die Welt ein Stück besser zu machen. Der Profit ist die Konsequenz, nie der Antrieb von «C-Unternehmen».
Ermutigung statt Controlling Die meisten Menschen meinen es gut. Und sie können selber denken, auch während der Arbeit. Ermutigung zur Eigenverantwortung ist viel nachhaltiger als bürokratisches Controlling.
MVP statt Planung MVP steht für «Minimal Viable Product» (kleinstmögliches Produkt). Der Begriff kommt aus der IT und steht dafür, dass ein Produkt sehr schnell auf den Markt gebracht wird, im Wissen, dass in künftigen Ausbaustufen nachkorrigiert werden muss. In sich schnell verändernden Zeiten – inklusive der aktuellen Wirtschaftskrise – ist es unmöglich, detailliert zu planen. Neudeutsch heisst dies Vorgehen «Agilität», das Konzept jedoch ist uralt, ich habe es in der alten hebräischen Kultur unzählige Male entdeckt.
Transparenz statt Geheimnis Wenn wir oben von der «psychologischen Sicherheit» als einer wichtigen Säule gesprochen haben, darf es keine Geheimnisse geben. Sicherheit basiert auf Vertrauen. Vertrauen kann nur, wer die Fakten kennt.
Resultate statt Aktivitäten Was am Ende zählt, ist das Resultat. Und nicht die Anzahl Arbeitsgruppen, welche dazu geführt haben. Reine Top-Down-Führungsstile führen zu Aktivismus. Aktivismus führt zu Burnouts, nicht zu guten Resultaten.
Qualität statt Quantität Qualität ist weit mehr als Quantität. Heute beeindruckt, was gross ist: Anzahl Followers, Anzahl Mitarbeitende, Marktanteil, Umsatz … Qualität ist jedoch mehr: eben zum Beispiel glückliche Mitarbeitende und zufriedene Kunden.
Zum Autor
Haeme Ulrich ist Gründungsmitglied von morntag.com, wo er
Führungscoaching, Technologieberatung und kreative Lösungen für Verlage
und digitale Marketingagenturen anbietet.
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