Für viele Branchen ist Advent die umsatzstärkste Zeit
im Jahr, dabei stehen diese Wochen für viel mehr als Konsum oder Tradition.
Aber was bedeutet Advent und warum wird die Zeit so leicht missverstanden?
Advent bedeutet «Ankunft» und steht für die ersten
Wochen des neuen Kirchenjahres, in denen Christinnen und Christen traditionell
auf das Kommen von Jesus warten. Dieses Warten bezieht sich meist auf das
Menschwerden von Jesus, das an Weihnachten gefeiert wird. Es hat allerdings
auch Anklänge an das erwartete Wiederkommen des Christus. Und
interessanterweise war die Adventszeit, als sie im vierten Jahrhundert zum Fest
wurde, zunächst die Wartezeit auf Epiphanias – das Fest der Erscheinung am 6.
Januar. Das beleuchtet Isabel Ong bei «Christianity Today»,
bevor sie auf Missverständnisse eingeht, die Menschen oft mit dem Advent
verknüpfen.
Advent ist mehr als Tradition
«Die meisten Protestanten haben heute keine Ahnung,
was fast tausend Jahre lang in der Kirche geschah. Dennoch sind sie sich einer
Sache sicher: Was auch immer sich in der Vormoderne ereignete, ist unsere Zeit
nicht wert und kann das Christentum nur korrumpieren», schrieb Matthew Barrett,
ein konservativer US-Theologe. In Europa ist diese Meinung sicher die Ausnahme,
doch auch hier gibt es Stimmen, die den Kommerz der Adventszeit kritisieren
oder – wie einige brüdergemeindliche Bewegungen – die gesamte Konstruktion
eines Kirchenjahres für «katholisch» halten und sie daher ablehnen. Während man
in den Landeskirchen an adventlichen Traditionen nicht vorbeikommt, pflegen
manche Freikirchen eine Art Anti-Tradition und ignorieren die Adventszeit weitgehend.
Für einige ist die Adventszeit schlicht «unbiblisch»,
weil sie in der Bibel nirgends beschrieben wird. Doch dieses Argument greift zu
kurz. Gottesdienstordnungen oder kirchliche Organisationsformen können in der
Bibel nicht vorkommen – die Gemeinde entstand damals gerade erst. Demnach wäre
ein Beamer zur Projektion von Liedern genauso «unbiblisch» wie ein
Frauenfrühstückstreffen. Lula Derœux, eine französische Baptistenpastorin,
findet es sinnvoll, Advent zu feiern, auch wenn er in der Bibel nicht ausdrücklich
erwähnt wird: «Selbst wenn die Bibel uns nicht sagt, wie und wann wir die
Geburt Christi feiern sollen, ermutigt sie uns, uns zu erinnern und unsere
Beziehung zu Gott zu stärken. Das Bedürfnis, dies zu feiern, unsere
sehnsüchtigen Herzen vorzubereiten und den Herrn erwartungsvoll zu loben, reicht
über alle Kulturen und Zeitalter hinweg.»
Advent ist mehr als warten auf die Geburt von
Jesus
Die Festsonntage direkt vor Weihnachten legen es nahe,
dass Advent darauf vorbereiten soll. Tatsächlich feierten die frühen
Christinnen und Christen Advent als das Warten auf den wiederkommenden Herrn.
Erst im Mittelalter verschob sich der Schwerpunkt auf das Kind in der Krippe.
Ursprünglich war Advent eine Fastenzeit.
«Eine eingehende Betrachtung der liturgischen
Tradition zeigt uns, dass Advent eine Spannung verkörpert, die die Erwartung
der Völker des alten Bundes auf Erlösung und die Erwartung der Völker des neuen
Bundes auf die Vollendung, die mit dem zweiten Kommen Christi kommen wird,
miteinander verbindet», unterstreicht der Brasilianer Daniel Vieira. Etliche
Liedtexte tragen dem Rechnung. Beim Singen von «Tochter Zion» oder «O komm, o
komm, Emmanuel» geht es jeweils um mehr als Jesus in der Krippe. Da ist
gleichzeitig die Rede vom Friedefürsten und dem, der den Herrscherstab trägt.
So ist Advent gleichzeitig Rückblick und Vorausschau.
«Advent bedeutet, im 'Schon jetzt und noch nicht' des
Reiches Gottes zu verweilen», unterstreicht Derœux. «Wir erinnern uns dabei die
Verheissungen des Herrn und daran, wie sehr er sich um uns kümmert. Die Geduld
und Vorbereitung, die es brauchte, um der Menschheit einen Erlöser zu schenken,
ist atemberaubend, und es ist ein Segen, sich nicht nur daran zu erinnern,
sondern diese besondere Zeit zu leben. Wir könnten das ganze Alte Testament
lesen und darin den Advent sehen, eine Morgendämmerung zu einem neuen Anfang.»
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