Statt Güetli könnte
das Gut auch Lebenshaus im Grünen heissen. Umringt von Feldern und Wiesen wird
emsig gewerkelt, geschult und «gspröchlet». Was intern mit viel Engagement
geführt wird, hat auch einen internationalen Bezug – zur Mission am Nil.
Ein Haus wirkt in die Welt hinaus. In der
Landeskirche verankert, unterstützt das Güetli bei Mettmenstetten Projekte,
welche Hilfe in Osteuropa und in Afrika bieten.
Voller Leben ist das Lebenshaus auf jeden Fall: sei
es durch Landwirtschafts-Betrieb, Schule oder gelebter Gemeinschaft. Auch eine
Brocki gehört dazu.
Junger
Lehrer und alte Welt
Dabei begann alles mit dem jungen Lehrer Albert
Gossweiler vom Haslital. Er erlebt durch das Lesen der Bibel und im Finden
einer lebendigen Beziehung mit Jesus Christus innere Befreiung aus tiefer
Depression. 1948 gründet er Gebets- und Bibelkreise im Sinne einer
unabhängigen, landeskirchlich orientierten Bewegung. Das Güetli in Rossau
entsteht 1968 und 1975 kommen im Schwarzwald, 2000 in der Slowakei und 2011 in
Spanien drei weitere Zentren dazu. Ab 1987 beginnen Mitarbeiter der
Schweizerischen Glaubensmission (SGM) sich für Diakonie in Ländern Afrikas
einzusetzen.
«Neues
keimte auf … Gottes Liebe»
So werden Besucher immer wieder von Gott und
der Gemeinschaft berührt. Zur Vision des Hauses ergänzt die Hauptleiterin: «Ob für eine kurze Begegnung oder für einen längeren
Aufenthalt – es kommt nicht darauf an, woher jemand kommt, sondern bereit zu
sein, sich Gottes Wahrheit zu öffnen und sich von Gottes Liebe beschenken zu
lassen.»
Livenet war im Austausch mit Cornelia Lippuner-Sager,
die zurzeit mit ihrem Ehemann das Haus leitet.
Cornelia Lippuner-Sager (Bild: zVg)
Wie sieht aktuell Ihre Situation
aus? Cornelia
Lippuner-Sager: Wir stehen gerade in
einer Übergangszeit. Das neue Projekt «Ü50», ein Lebens- und Wirkungsfeld für
Menschen in der zweiten Lebenshälfte, ist in der Startphase. Sieben
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben im Januar 22 als Pilotgruppe gestartet und sind dafür
vom Güetli weggezogen. Zudem stehen wir im Prozess der Verantwortungsübergabe
und der Struktur-Veränderung.
Was hat sich im Betrieb in den letzten
Jahren verändert?
Wir setzten uns vertieft mit unserer Identität, dem
Ziel und der Daseinsberechtigung auseinander. Unter anderem erneuerten wir den
PR-Auftritt, insbesondere die Websites für das Lebenshaus Güetli und für den Güetli
Hof. Im Zuge der Standortbestimmung und Ausrichtung
schärften wir in Arbeitsgruppen die Sicht für Vision, Mission und für Themen
der Lebensführung und praktischen Ausrichtung. In allem bewegte und bewegt uns
der Wunsch, Licht und Salz zu sein da wo wir leben. Und die soziale Wohngemeinschaft Schüür – Unterkunft
und Weiterkommen – hat ihren Betrieb aufgenommen.
Welches sind momentan die grössten
Herausforderungen?
In verschiedenen Bereichen stehen wir vor dem Schild
«be patient» (sei geduldig). Sei dies in der Entwicklung des Ü50-Projektes oder
in Schritten, die im gesamten Diakoniewerk, zu dem das Güetli gehört, anstehen. Da heisst es warten, bis sich Wege öffnen und
Schritte tun, die man tun kann, den täglichen Alltag mit seinen kleineren und
grösseren Anforderungen mit Freude und Gottvertrauen anpacken – so können wir
auch mit «Baustellen» leben.
Mit welchen sozialen oder persönlichen
Hintergründen, Situationen kommen Personen in Ihr Haus?
Das Güetli nennt sich Lebenshaus, weil hier «Leben
erlebt» werden kann – dies von unterschiedlichsten Menschen mit
unterschiedlichsten Motiven. Einige Beispiele:
Menschen, die während ihrer Ferien ausspannen und
auftanken möchten – Einzelpersonen, Familien, Senioren.
Junge Menschen, die einen Oase-Tag brauchen,
Freunde besuchen und etwas zusammen erleben wollen.
Junge und ältere Menschen, die entdeckt haben, wie
bereichernd und beschenkend Freiwilligenarbeit ist.
Gruppen, die an unserem zentral gelegenen Ort
Schulungen durchführen und denen die Infrastruktur und die Atmosphäre
entgegenkommt.
Gottesdienstbesuchende, die die
Verschiedenartigkeit der Predigten schätzen. – Unsere Wurzeln sind in der
Landeskirche und die Mehrheit unserer Sonntagspredigten wird von landeskirchlichen
Pfarrern gehalten.
Menschen in Krisen, die im Lebenshaus
Ansprechpersonen und einen Raum zum Durchatmen finden.
Erzählen Sie uns doch zwei Geschichten von
Menschen, die verändert aus Ihrem Haus weitergingen.
Herr A bestaunt die Blumen im Garten: «Mein Gott ist
die Natur!» Die Mitarbeiterin B entgegnet: «Für mich ist die Natur ein Produkt
von Gottes Liebe.» «Oh, dieses Zitat gefällt mir, von wem ist das? Ich muss es
mir aufschreiben!»
Oder C: «Inmitten einer grossen Lebenskrise zog ich
ins Güetli. Was ich da erlebte, stellte mein Leben auf den Kopf. Ich lernte
Jesus kennen. Neues keimte auf. Was mich überwand, war Gottes Liebe. Das Leben
wurde mir zum zweiten Mal geschenkt.»
Welches sind geistlich Ihre Schwerpunkte im
Haus?
Jüngerschaft als Begriff für «Jesus-Nachfolge».
Jesus in allem vertrauen, erfahren und folgen lernen – das ist das grosse Ziel
der Lebenshaus-Mitarbeiterschaft. Als Gemeinschaft haben wir das Privileg und
die Verpflichtung, Nachfolge zu leben, zu fördern und zu verbreiten. Der Zielgruppen-Fokus
liegt auf jungen Menschen.
Wie würden Sie kurz einerseits die
Schwerpunkte und dann den Hauptunterschied der beiden Schulen beschreiben? JPS (Jüngerschafts-Praxis-Schule): Dauer sechs Monate; als
Jünger mit Jesus unterwegs. Jesus kennenlernen, seine Botschaft verstehen, einen
Überblick über die Bibel und Heilsgeschichte gewinnen. Im praktischen Alltag
das Wissen vom Kopf ins Herz fallen lassen. Das Motto: «Schmecket und sehet, wie
freundlich der Herr ist.»
MDS (Missions- und Diakonie-Schule): Dauer zwei Jahre; vertiefen
– wachsen – weitergeben. Eintauchen in die Bibel – Buch für Buch. Einen
Lebensstil entwickeln, der uns als Jesus-Nachfolger zusteht. Mitarbeiter/in
werden und sein in Gottes Reich.