80-jährig – und reif für Neues

Die Deutschschweizer Baptisten unterwegs

„Wir sind eine kleine Bewegung, die sich nicht durch Aufsehen erregende Ereignisse auszeichnet. Doch wir sind unterwegs.“ Laut Peter Deutsch, dem Leiter des Bundes Schweizer Baptistengemeinden, geht die Freikirche auf einen Generationenwechsel zu.

Zum 80. Geburtstag des Bundes, der am Wochenende in Bülach gefeiert wird, erscheint eine Geschichte der Schweizer Baptisten. Sie sind traditionsbewusst – und blicken vorwärts: Der Internet-Auftritt der Freikirche wird modernisiert.

Ein Konzept für die Inlandmission ist in Arbeit. „Nicht jede Gemeinde hat eine Jugendgruppe“, äussert Peter Deutsch im Gespräch mit Livenet. Die Gemeinden St. Gallen und Bülach haben Jugendprediger angestellt. In Zürich findet neuerdings alle zwei Wochen ein Gottesdienst „up to date“ statt – laut Deutsch „mit sehr gutem Erfolg“.

Neue Pastoren

In den zehn Gemeinden werden in den nächsten Jahren mehrere Pastoren pensioniert. Von welchen Schulen kommen die Theologen der Baptisten, die zu einer der weltweit bedeutendsten evangelischen Denominationen gehören?

Peter Deutsch erwähnt die guten Kontakte zu Deutschland, wo die Pastoren traditionell ihre Ausbildung erhielten (im Seminar Elstal westlich von Berlin). Die baptistische Lehre soll zur Ausbildung gehören; Absolventen nicht-baptistischer Schulen sollen noch ein Jahr in Elstal studieren.

Grosse Freiheit der einzelnen Gemeinde

Bisher sind die Gemeinden frei, Prediger zu berufen. Derzeit erarbeitet die Bundesleitung Richtlinien. „Wir wollen die gemeinsame Sicht betonen. Dazu gehört, dass ein Pastor, der in der Gemeinde A aufhört, mehr oder weniger problemlos in der Gemeinde B oder C weiterfahren können soll. Sind Ausbildung und Berufung ganz dem Pastor bzw. der Gemeinde überlassen, ist dies nicht unbedingt der Fall.“

Prägung aus der Frühzeit

Eine „gewisse Überalterung, wie in anderen Freikirchen auch“, mag Peter Deutsch nicht von der Hand weisen. Dies führt er darauf zurück, „dass das missionarische Denken in den letzten Jahrzehnten etwas verloren gegangen ist“. Die Losung „Jeder Baptist ein Missionar“ zündet nicht wie früher.

Allerdings wirkt da auch die erste Prägung nach: Die hiesigen Gemeinden entstanden vor eineinhalb Jahrhunderten im Wesentlichen dadurch, dass Johann Gerhard Oncken (1800-1884), der Baptistenpionier im deutschsprachigen Raum, taufgesinnte Gläubige sammelte.

Verbunden mit den anderen täuferischen Kirchen…

Neben den Baptisten betonen auch die Mennoniten (entstanden in der Reformationszeit) und Täufergemeinden (entstanden nach 1830) die Taufe aufgrund des Glaubens. Was unterscheidet die Baptisten von ihnen? „Wir haben die Kontakte in letzter Zeit verstärkt und treffen die Leiter der beiden Freikirchen regelmässig.“

Die Berner Baptistengemeinde, in der sich Peter Deutsch, von Beruf Fürsprecher, seit den 70-er Jahren engagiert, geniesst Gastrecht im Haus der Täufergemeinde an der Aare.

…und ökumenisch offen

Unterschiede in der theologischen Ausrichtung zeigen sich etwa darin, dass die Baptisten im Gegensatz zu den anderen Täuferkirchen in der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen (AGCK) mitwirken. Peter Deutsch: „Wir versuchen, Brücken zu bauen, und arbeiten gleichzeitig sehr engagiert im Verband der Freikirchen und Gemeinden (VFG) mit.“

Sorge um den Baptistischen Weltbund

Die weltweit grösste Baptistenkirche, die Southern Baptist Convention (SBC) in den USA, stellt mit 15 Millionen Gliedern ein Drittel der im Baptistischen Weltbund zusammengeschlossenen Christen. Die SBC ist daran, aus dem Weltbund auszutreten, um ihren konservativen Kurs kompromisslos fahren zu können. Im Hintergrund steht der Ärger über die Aufnahme einer SBC-Abspaltung, der ‚Cooperative Baptists’, in den Weltbund.

Atlantische Kluft zwischen Brüdern

Peter Deutsch äussert sich besorgt über das, was er „unzulässige Ideologisierung“ nennt: „Wir finden nicht Gehör, wenn wir als Brüder und Schwestern mit den Südlichen Baptisten reden wollen. Wir möchten weiterhin mit ihnen zusammenarbeiten, aber die Mentalitätsunterschiede zwischen Europa und den USA treten nun, da man in Europa Präsident Bushs Politik nicht mehr versteht, scharf hervor. Sie verstehen nicht, dass wir ihnen nicht folgen. Die nationalistische Dimension dieses Konflikts – sie neigen dazu, den US-Staat religiös zu verklären – gibt uns sehr zu denken.“

Webseite der Baptisten in der Deutschschweiz:
www.baptisten.ch
Weiterer Livenet-Artikel zum Jubiläum:
www.livenet.ch/www/index.php/D/article/189/16548/

Datum: 14.05.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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